hdgö-Schau widmet sich weiblichen Stimmen im Ukraine-Krieg
Kurz vor dem ukrainischen Unabhängigkeitstag am 24. August, der in diesem Jahr vor allem exakt ein halbes Jahr Krieg in der Ukraine markiert, hat das Haus der Geschichte Österreich am Montagabend eine Schau eröffnet, in der einmal mehr die österreichische Unterstützung für die Ukraine und ihre Menschen zum Ausdruck gebracht werden soll. Präsentiert wird eine kleine Auswahl aus jenen 100 schriftlichen Zeugnissen zum Krieg, die Ukrainerinnen in den vergangenen Monaten auf Einladung des Museums für Frauen- und Gendergeschichte Charkiw abgelegt haben. Von einem "unmittelbaren Einblick in den tiefen Einschnitt", den der Krieg in den Biografien hinterlassen habe, sprach hdgö-Direktorin Monika Sommer bei der Eröffnung.
"Frauen erzählen offenherzig über ihr Leben, darüber, was der Krieg aus ihren Leben gemacht hat oder wie er Leben zerstört hat", erläuterte ihrerseits die Direktorin des Charkiwer Museums, Tetjana Issajewa. Nachdem sie im März mit Tochter und Enkelin aus ihrer heftig umkämpften Heimatstadt nach Österreich geflohen war, hatte sie hier "Herstory of the war" initiiert. Dank der in Wien lebenden Theaterwissenschafterin Natalia Jakubova wurde das hdgö auf dieses Internetprojekt aufmerksam und entschied sich für eine Schau im Foyer des Museums am Heldenplatz.
Die ohne formalen Vorgaben geschriebenen Texte - in der Ausstellung sind mit Fotografien illustrierte Auszüge aus den Langfassungen nachzulesen - berichten freilich von sehr unterschiedlichen Erfahrungen: Die Kulturarbeiterin Hanna Jurtschenko erzählt von ihrer Initiative im südöstlichen Dnipro, Museumsworkshops trotz Krieg wieder anzubieten. Natalja Owsejko aus dem westukrainischen Ternopil schreibt darüber, wie sie ihre Erfahrung aus der Logistik-Branche einsetzte, um die Lebensmittelversorgung der Front sicherzustellen. Über negative Reaktionen auf ihren Status als Soldatin ohne einschlägige Vorbildung berichtet indes Alina Sarnazka aus Kiew. "An meiner Stelle müssten sicher Profis sein, aber es gibt sie nicht. Aber mich gibt es", erklärt sie selbstbewusst.
Thematisiert werden aber auch teils äußerst traumatische Fluchterfahrungen: Nachdem sie im südukrainischen Cherson gegen die russischen Besatzer demonstriert hatte, floh Aktivistin Olha Schukowa in das westukrainische Iwano-Frankiwsk. In ihrem Text ist die Rede von jenen Tagen, an denen ziviler Widerstand in Cherson noch möglich war.
"Mit seinem Maschinengewehr deutete der Soldat, ich sollte näherkommen. Ich fuhr zu ihm hin und stieg mit erhobenen Händen aus dem Auto", notierte hingegen die Künstlerin und alleinerziehende Mutter Olena Trutnewa aus Hostomel. Sie entkam aus ihrer heftig umkämpften Heimatstadt im Kiewer Umland und floh nach Stuttgart - Hostomel war einer der entscheidendsten Hotspots der ersten Kriegstage, eine russische Niederlage bei Kämpfen um den lokalen Flughafen trug damals entscheidend zur militärischen Absicherung von Kiew bei.
(S E R V I C E - "My Voice Means Something" im Haus der Geschichte Österreich, bis 16. Oktober. https://www.hdgoe.at/; https://gendermuseum.com/en/herstory-of-the-war/)
Zusammenfassung
- Mit einer weiblichen Ausstellung über Russlands Krieg gegen die Ukraine setzt das Haus der Geschichte Österreich (hdgö) bis zum 16. Oktober ein Zeichen der Solidarität mit dem derzeit geschlossenen Museum für Frauen- und Gendergeschichte Charkiw.
- "My Voice Means Something" versammelt Texte und Materialien von 12 Ukrainerinnen, die auf Einladung der Charkiwer Institution über ihre persönliche Erfahrungen der vergangenen Monate berichten.