Kleidung auf KleiderstangeUnsplash

Grüne Garderobe: Kann Second-Hand die Welt retten?

Second-Hand-Kleidung verspricht Nachhaltigkeit, Einzigartigkeit und eine Antwort auf die Wegwerfkultur der Fast Fashion. Doch hält sie, was sie verspricht? Ein "second" Blick in die Welt des Gebrauchten lohnt sich, wo jeder Faden eine Geschichte erzählt.

Ob am Flohmarkt, auf Tauschbörsen oder Onlineplattformen – wer seine alten, aber noch gut brauchbaren Klamotten loswerden will, findet in Österreich in der Regel einfache Wege dafür. Kleidung ein zweites Leben zu geben, entmüllt den Kleiderschrank des einen und schont den Geldbeutel des anderen.

60 Kleidungsstücke kauft jeder pro Jahr

In Österreich kauft jede Person pro Jahr im Schnitt 60 Kleidungsstücke. Diese werden durchschnittlich fünf- bis siebenmal getragen. Viele dieser Fast-Fashion-Stücke werden anschließend entweder weggeworfen oder verbrannt – mit Folgen für die Umwelt. So entstehen Umweltauswirkungen in Form von CO2-Emissionen. Und das Erzeugen neuer Kleidungsstücke verbraucht reichlich Energie und Wasser. Allein für die Herstellung eines T-Shirts werden ca. 2.700 Liter Wasser benötigt. Ein Pullover "trinkt", bis er verkaufsbereit im Laden hängt, rund 4.400 Liter H2O.

Wasserverbrauch der Baumwoll-Produktion

Die meisten Kleidungsstücke bestehen aus Baumwolle – also einer natürlichen Ressource. Das Wort "natürlich" meint in diesem Fall aber nicht immer auch "umwelt- bzw. ressourcenschonend". Baumwolle wächst besonders gut in trockenen, heißen Gegenden. Dennoch braucht die Pflanze reichlich Wasser. Nur künstliche Bewässerung sorgt für regen Ernteertrag. Viele Produktionsländer liegen in wasserarmen Regionen. Das bedeutet, für volle Kleiderschränke nutzt und verschmutzt man das Wasser dort, wo es ohnehin ein rares Gut ist. Das heißt aber auch, dass Second-Hand-Kleidung eine nachhaltige und ressourcenschonende Kleiderverwertung darstellt.

Second Hand: Das muss man wissen

Zu schön, um wahr zu sein?

Ein weiterer Baustein in der nachhaltigen Verwertungskette von Kleidungsstücken sind die Second-Hand-Läden großer Konzerne und anderer Online-Shops. Diese werben mit genau dieser gut klingenden Nachhaltigkeit. Anna Leitner von der Umweltschutzorganisation Global 2000 dazu:

Als Konsumentin muss ich skeptisch werden, wenn etwas zu schön klingt, um wahr zu sein

Anna Leitner

Es gehe darum, bei den angesprochenen Stores Waren in großen Mengen kaufen zu können, die fast neuwertig, aber sehr billig seien. Vor allem solle laut Leitner Obacht aufgepasst werden, wenn große Konzerne suggerieren würden, hier nachhaltig zu handeln. Man könnte sich laut der Umweltaktivistin beinahe sicher sein, dass das ganze Bild etwas anders aussehe.

Für die Aktivistin in Sachen Umweltschutz bieten sich neben den großen Konzernen viele weitere kleine Möglichkeiten, seinen eigenen Kleiderschrank nachhaltig auszumisten. "Viele Second-Hand-Arten wie Kleidertauschpartys oder öffentliche Tauschbörsen verzichten auf ein Geschäft oder einen Zwischenhändler", sagt Leitner.

Fast Fashion und Überproduktion

In Österreich fallen trotz Second Hand jedes Jahr rund 221.800 Tonnen Textilabfälle an. Diese landen 1:1 im Müll. 83 Prozent dieses Mülls enden in Verbrennungsanlagen. Fast Fashion ist ein Markenzeichen der aktuellen Mode. Viele Trends, die alle ausprobiert werden wollen, punkten mit kurzlebiger, einfach ersetzbarer Kleidung, die günstig zu haben ist und schnell wieder weggeworfen werden kann. Konsumenten haben es in der Hand, hier mit ihrem Kaufverhalten etwas zu tun. Eine andere Möglichkeit, hier entgegenzusteuern, ist das aktuell diskutierte Lieferkettengesetz.

Mit diesem Gesetz nimmt die EU Konzerne für die gesamte Lieferkette ihrer Produkte, abgestuft nach deren Einflussmöglichkeiten, in die Verantwortung. "Es geht letztlich darum, dass die Konzerne, die in Europa Waren verkaufen, die hier geltenden Regelungen und Gesetze auch in anderen Regionen anwenden", sagt Leitner. Dabei gehe es um so essentielle Belange wie Menschenrechte, Senkung der Emissionen und darum, dass keine Biodiversität, also die Vielfalt des Lebens, zerstört werde.

Second Hand für private Nachhaltigkeit

Second-Hand-Kleidung kann nachhaltig sein – überwiegend dann, wenn sich Privatpersonen im kleinen Kreis oder bei gemeinsamen Aktionen darum kümmern. Global 2000 kritisiert in diesem Zusammenhang die fehlende Nachhaltigkeit bei solchen Läden, die in Konzernhand sind. Statt Fast Fashion, vielfach der Ursprung der Wegwerfklamotten, soll nachhaltiger produziert werden. Das EU-Lieferkettengesetz könnte ein Schritt in diese Richtung sein.

ribbon Zusammenfassung
  • In Österreich erwirbt jede Person im Durchschnitt 60 Kleidungsstücke pro Jahr, die meist nur fünf- bis siebenmal getragen werden, bevor sie entsorgt werden.
  • Die Produktion eines einzigen T-Shirts verbraucht rund 2.700 Liter Wasser, während für einen Pullover etwa 4.400 Liter benötigt werden.
  • Jährlich fallen in Österreich 221.800 Tonnen Textilabfälle an, von denen 83 Prozent in Verbrennungsanlagen enden.
  • Kritik an großen Konzernen: Second-Hand-Angebote sind oft nicht so nachhaltig, wie sie beworben werden, warnen Umweltschutzorganisationen.
  • Das EU-Lieferkettengesetz könnte helfen, die Verantwortung von Konzernen für ihre Produkte zu stärken und so zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.