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Empfehlungen für Rückgabe von kolonialen Objekten vorgelegt

20 Empfehlungen auf 24 Seiten: Das ist das Ergebnis eines Expertengremiums zum Umgang mit Kunstobjekten aus kolonialem Kontext, die sich in österreichischen Bundesmuseen finden. Auf dieser Basis soll nun bis zum ersten Quartal 2024 ein Gesetzesentwurf erarbeitet werden. Österreich mache damit einen "wichtigen Schritt, um sich der eigenen Vergangenheit bewusst zu werden und auch Verantwortung für Leid und Unrecht zu übernehmen", so Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne).

Anfang 2022 hat das international besetzte Gremium, dem Weltmuseum-Direktor Jonathan Fine vorsitzt, seine Arbeit im Auftrag des Kulturministeriums aufgenommen. Europäische Herrschen hätten weite Teile der Welt während der Kolonialzeit als "Selbstbedienungsladen" betrachtet, betonte Mayer bei einer Pressekonferenz am Dienstag. "Das als Unrecht zu bezeichnen und konkrete Taten der ernsthaften Auseinandersetzung folgen zu lassen, ist unsere Verantwortung." Österreich sei zwar im engeren Sinne keine Kolonialmacht gewesen, habe vom System aber profitiert und sei in koloniales Handeln involviert gewesen.

Die nun ausgearbeiteten Empfehlungen fokussieren auf verschiedene Aspekte. Eine Rückgabe soll ermöglicht werden, wenn ein Herkunftsstaat darum ansucht und das betreffende Objekt in einem kolonialen Kontext gegen den Willen des früheren Eigentümers entwendet wurde. Eine zentrale Rolle soll Fine zufolge die Provenienzforschung spielen, um diesen Fragen nachzugehen. Diese sollte in Zusammenarbeit zwischen Museumsmitarbeitern und Experten des jeweiligen Herkunftslandes erfolgen, wobei in einem weiteren Schritt ein unabhängiger Beirat die Ergebnisse bewerten und eine Empfehlung an das Ministerium abgeben soll.

Eine Rückgabe müsse zudem auf bilateraler Ebene von Staat zu Staat erfolgen. "Kulturgüter werden auf unterschiedliche Weise besessen und genutzt. Es ist nicht unsere Aufgabe zu entscheiden, wer die richtigen Personen sind, an die die Rückgabe erfolgt", hielt Fine in diesem Zusammenhang fest. "Das Staat-zu-Staat-Prinzip bedeutet, dass wir nicht hinter dem Rücken der Regierung anderer Länder agieren." Werde eine Rückgabe nicht empfohlen, so müssten den Museen flexible Lösungen zur Verfügung stehen, um beispielsweise langfristige Leihgaben zu ermöglichen. Hinsichtlich Neuerwerbungen spricht sich das Gremium wenig überraschend dafür aus, keine Objekte zu sammeln, die für eine Rückgabe in Frage kämen.

Um all das umzusetzen, brauche es mehr Mittel für die Provenienzforschung sowie ein Vorantreiben der Digitalisierung von Sammlungen und Archiven. Einem Wunsch kam Mayer bereits nach, kündigte die Staatssekretärin doch an, das Budget für postkoloniale Provenienzforschung auf 320.000 Euro jährlich zu verdoppeln. "Wir wollen in einen neuen Dialog treten und den eurozentristischen Blick ablegen." Dieser neue Zugang könne sich "nicht nur auf Restitution" beschränken, unterstrich Mayer.

Wie viele Objekte in den Sammlungen der Bundesmuseen aus kolonialem Kontext stammen, konnte auf Nachfrage nicht beantwortet werden. Fine ging davon aus, dass "viele Objekte" in seinem Haus dieses Kriterium erfüllen würden. Insgesamt verfügt das Weltmuseum über rund 200.000 Objekte. Darunter findet sich auch der Penacho, ein Federkopfschmuck aus Mexiko, um den es seit Jahren ein Ringen gibt. Würde unter den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ein entsprechendes Ansuchen auf Rückgabe gestellt werden, wäre dies "selbstverständlich" zu prüfen, betonte Mayer, die aber ein weiteres Mal darauf verwies, dass die Forschung einen Transport aktuell für nicht möglich hält.

Was mit restituierten Gegenständen in den jeweiligen Ländern passieren soll, darauf geht das Gremium hingegen nicht ein. "Rückgaben erfolgen nicht nur in einem Vakuum, sondern sehr häufig aus dem Prozess eines Dialogs", sagte Fine. "Ich fände es unangebracht im Voraus zu sagen, wie ein Land mit zurückgegebener Kultur umgehen sollte." Entsprechende Überlegungen würden aber bei der Interessensabwägung der Empfehlungen natürlich eine Rolle spielen. "Das soll aber keine Bremse sein, die etwas verhindert, sondern dass Entscheidungen in klarem Kontext getroffen werden", so Fine, der sich auch einen erweiterten Kultur- und Bildungsaustausch wünscht. "Durch Kultur und ehrlichen, intensiven Austausch auf Augenhöhe können wir voneinander lernen."

(S E R V I C E - Handlungsempfehlungen des Gremiums zum Download: https://go.apa.at/bxtOc5Wk)

ribbon Zusammenfassung
  • 20 Empfehlungen auf 24 Seiten: Das ist das Ergebnis eines Expertengremiums zum Umgang mit Kunstobjekten aus kolonialem Kontext, die sich in österreichischen Bundesmuseen finden.
  • Auf dieser Basis soll nun bis zum ersten Quartal 2024 ein Gesetzesentwurf erarbeitet werden.
  • Insgesamt verfügt das Weltmuseum über rund 200.000 Objekte.
  • "Rückgaben erfolgen nicht nur in einem Vakuum, sondern sehr häufig aus dem Prozess eines Dialogs", sagte Fine.