APA/APA/THEATER IN DER JOSEFSTADT/RITA NEWMAN

Dieter Dorns Josefstadt-Debüt enttäuscht bei Doppelabend

Das Ehebett als Schlachtfeld: Mit diesem zentralen Motiv hebt Regiealtmeister Dieter Dorn (87) in seinem Hausdebüt am Theater in der Josefstadt an, zwei Texte miteinander zu verschränken, in deren Zentrum die bröckelnde bürgerliche Ehe steht. Knappe drei Stunden lang fragt man sich, ob Samuel Becketts "Glückliche Tage" und Georges Feydeaus "Herzliches Beileid" tatsächlich so viel miteinander zu tun haben, dass man diese Stücke an einem Abend sehen muss. Nicht unbedingt.

Partnerschaftliche Lieblosigkeit und ein schrilles Klingeln, das die Frauen aus dem Takt des ehelichen Alltags bringt, sind die Grundmotive beider Stücke. Doch während die Protagonistin Winnie sich in Becketts 1960 entstandenem Zweiakter "Glückliche Tage" vor allem in sinnentleerten Monologen ergeht, während ihr Ehemann nur schemenhaft anwesend ist, setzt Feydeau (1862-1921) in seiner Salonkomödie "Herzliches Beileid" auf die direkte Konfrontation, wenn der als Ludwig XIV. verkleidete Ehemann spätnachts polternd nach Hause kommt und anschließend ausführlich über Geld und die perfekte Beschaffenheit eines Busens gestritten wird, bevor ein Bote mit einer Todesnachricht vor der Tür steht.

Ursprünglich hatte Dorn den Doppelabend bereits 2019 in Nürnberg auf die Bühne bringen wollen, am Ende aber nur "Herzliches Beileid" gezeigt. Nun also in Wien, was allerdings nicht weiter auffällt, weil Dorn mit Anika Pages und Michael von Au zwei Gäste mitgebracht hat, mit denen er bereits in seiner langen Münchner Zeit eng zusammengearbeitet hat. Seine Grundidee: Der Abend beginnt mit der zu Bett gehenden Yvonne aus "Herzliches Beileid", nach kurzer Zeit erwacht sie zum Klingeln des Weckers - bis zur Hüfte in der Matratze steckend - als Winnie in "Glückliche Tage" und erlebt quasi einen Ausblick auf eine Zeit, in der in dieser Ehe nicht mehr gestritten, sondern monologisiert wird.

Becketts Erdhaufen, in dem Winnie steckt, ist hier das Ehebett, die Wüstenlandschaft lässt sich im Bühnenhintergrund durch die offenen Flügeltüren erahnen. Ansonsten hat Bühnenbildnerin Julia Schultheis ein bürgerliches Schlafzimmer arrangiert, dessen Ordnung nur von den an den Wänden stehenden Leinwänden des Hobbymalers Lucien aus "Herzliches Beileid" gestört wird. Und so palavert Anika Pages als Winnie in der ersten Hälfte des Abends unnötig schrill in Richtung ihres unter einer Leinwand (im verborgenen Atelier?) verschwundenen Mannes, gibt sich Erinnerungen an bessere Zeiten hin und steckt nach der Pause schließlich bis zum Hals im Bett, bevor Willie einen gebrechlichen Versuch unternimmt, sich auf das Bett hochzuziehen und ihr den Garaus zu machen.

Mehr zu tun hat Michael von Au dann im letzten Drittel dieses langatmigen Abends, wenn er als verhinderter Künstler und Teilzeitbohemien seine Ehefrau schikaniert. Anika Pages stellt in dieser texttreuen Umsetzung dem antiquierten Frauenbild dieses angestaubten Einakters wenig entgegen. Tobias Reinthaller als Bote und Johanna Mahaffy als Dienstmädchen Annette sorgen schließlich für etwas mehr Dynamik gegen Schluss, bevor ein erneutes Klingeln den ersehnten Schluss verkündet. Freundlicher Applaus für einen aus der Zeit gefallenen Abend, der deutlich macht: Ein paar gemeinsame Motive reichen nicht aus, um eine Verbindung zwischen diesen Stücken herzustellen.

(S E R V I C E - "Glückliche Tage/Herzliches Beileid" von Samuel Beckett/Georges Feydeau im Theater in der Josefstadt. Regie: Dieter Dorn, Bühne: Julia Schultheis, Kostüme: Monika Staykova. Mit Anika Pages, Michael von Au, Tobias Reinthaller und Johanna Mahaffy. Weitere Termine: 28. April sowie 5. und 30. Mai. www.josefstadt.org)

ribbon Zusammenfassung
  • Knappe drei Stunden lang fragt man sich, ob Samuel Becketts "Glückliche Tage" und Georges Feydeaus "Herzliches Beileid" tatsächlich so viel miteinander zu tun haben, dass man diese Stücke an einem Abend sehen muss.
  • Ansonsten hat Bühnenbildnerin Julia Schultheis ein bürgerliches Schlafzimmer arrangiert, dessen Ordnung nur von den an den Wänden stehenden Leinwänden des Hobbymalers Lucien aus "Herzliches Beileid" gestört wird.