Deutschland gibt Benin-Bronzen an Nigeria zurück
"Die Benin-Bronzen kehren heim!" Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock fasste am Freitag in einen Satz, was deutsche Museen und die dafür Verantwortlichen über Jahrzehnte verhindert haben. Mit einer "Gemeinsamen Erklärung zur Rückgabe der Benin-Bronzen" schufen Deutschland und Nigeria am Freitag in Berlin einen Rahmen dafür, wie die Eigentumsrechte an den in der Kolonialzeit geraubten Kunstobjekten von deutschen Museen an Nigeria übertragen werden können.
"Bedingungslose Rückgabe"
Baerbock, Kulturstaatsministerin Claudia Roth (beide Grüne), der nigerianische Kulturminister Lai Mohammed und der Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten, Zubairo Dada, unterzeichneten das vier Seiten und zwölf Unterpunkte umfassende Abkommen, das eine "bedingungslose Rückgabe" vorsieht. Gleichzeitig wollen beide Seiten, "dass die deutschen öffentlichen Museen und Institutionen die Benin-Bronzen weiterhin als Leihgaben ausstellen" können.
Fehler der Vergangenheit
Kolonialismus sei "auch ein Teil deutscher Geschichte", sagte Baerbock. "Es war falsch, die Bronzen wegzunehmen, es war falsch, sie 120 Jahre zu behalten." Dies sei ein Anfang, Fehler zu korrigieren. Gleichzeitig verwies sie auf Kooperationen für Ausstellungen in der Zukunft. "Die Bronzen können künftig Urlaub machen in deutschen Museen."
Blindheit gegen koloniale Vergangenheit
Roth sprach von einem Tag der Hoffnung, Menschlichkeit und Freundschaft. "Deutschland ist dabei, seine Blindheit gegenüber der eigenen kolonialen Vergangenheit zu verändern", sagte sie. Nun gehe es "vorwärts in eine Zukunft, in der Gerechtigkeit die Wunden der Vergangenheit heilen könnte". Roth sprach von einer neuen Ära der Kooperation zwischen Museen und Verantwortlichen. "Kultur macht eine gemeinsame Zukunft möglich."
Nigerias Kulturminister Lai Mohammed zeigte sich "sehr glücklich, dass Deutschland dies möglich macht". Sein Dank ging auch an die Museen und die verantwortlichen Träger. "Durch dieses Vorgehen hat Deutschland die Führung übernommen, Fehler der Vergangenheit zu korrigieren." Zugleich könnten Benin-Bronzen weiter in Deutschland ausgestellt werden. "Es sind bereits Vereinbarungen getroffen worden, dass diese Kunstschätze auch künftig in deutschen Museen zu sehen sein werden." Zubairo Dada, Nigerias Staatsminister für Auswärtige Angelegenheiten, sprach von dem "Beginn einer neuen Ära in Kultur und Diplomatie". Der Schritt werde einen positiven Einfluss haben auf gegenseitiges Verständnis zwischen beiden Ländern und Kulturen.
1.130 Objekte in Deutschland
Zwei Bronzen aus Berliner Beständen wurden direkt im Anschluss übergeben. Etwa 1.130 der kunstvollen Stücke aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das als Edo State heute zu Nigeria gehört, sind in rund 20 deutschen Museen zu finden. Die Objekte, die meist aus Bronze, aber auch aus Elfenbein und Holz gefertigt sind, stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897.
Über die umfangreichsten Sammlungen verfügen nach dem Ethnologischen Museum in Berlin das Linden-Museum in Stuttgart, das Museum am Rothenbaum (Hamburg), das Rautenstrauch-Joest-Museum (Köln) sowie das Völkerkundemuseum Dresden/Leipzig. Diese fünf Häuser sind bisher an der geplanten Eigentumsübertragung beteiligt und haben bereits Schritte für eine Rückgabe der Kunstobjekte eingeleitet.
Mit der gemeinsamen Erklärung wird der "große künstlerische, historische und aktuelle Wert dieser Artefakte" für die Menschen in Nigeria "sowie ihre universelle Bedeutung für die Menschheit" anerkannt. Zudem sei es notwendig, "nicht nur die Rückgabe der Objekte zu erreichen, sondern auch ein neues Verständnis der kulturellen Zusammenarbeit zwischen Nigeria und Deutschland".
Zwischen Nigerias Nationaler Kommission für Museen und Denkmäler und den deutschen Museen sollen nun Übergabevereinbarungen unterzeichnet werden für die Übertragung des Eigentums, die "Rückgabe der Objekte an Nigeria ab 2022" sowie Bestimmungen über Leihgaben und Ausstellungen. Beide Seiten wollen zudem den Aufbau von Museumseinrichtungen in Benin City unterstützen.
Zusammenfassung
- Deutschland und Nigeria haben sich über den Umgang mit den als koloniales Raubgut geltenden Benin-Bronzen in deutschen Museen verständigt.
- Die Objekte stammen größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897.
- Im vergangenen Jahr hatten Vertreter von Bund, Nigeria und Museen dann die Rückübertragung der Eigentumsrechte angekündigt.
- Die Rückgabe der Benin-Bronzen untermauere das Bekenntnis zur Aufarbeitung deutscher Kolonialgeschichte.