Blackbraid bot in Wien naturverbundenen Black Metal
Krieger hat offenbar einen Nerv getroffen. Der Musiker mit indigenen Wurzeln, der auch unter seinem Mohawk-Namen Sgah'gahsowáh bekannt ist, setzt ganz bewusst auf eine naturverbundene Ästhetik mit allerlei mythischen Anleihen und verpackt diese in brutal hämmernde Songs, die sich an skandinavischen Klassikern des Genres orientieren. Das wurde auch bei seinem Österreichdebüt Mittwochabend in der Szene Wien deutlich, wo Krieger mit vier Mitmusikern eine massive Soundwand auffuhr und wenig Wünsche offen ließ.
Spricht man mit dem schlaksigen jungen Typen, so wird man schnell von seiner sprunghaften Energie angesteckt. Ein bisschen wirkt er wie ein Kind im Spielzeuggeschäft, das sich so richtig austoben darf. "Es ist doch verrückt. Ich habe erst vor zwei Jahren mit diesem Projekt begonnen", blickte er im APA-Interview vor dem Auftritt zurück. "Eigentlich sollte es nur ein Hobby sein. Ich wollte einfach ein paar Songs veröffentlichen." Ein klassisches Ein-Mann-Vorhaben eben, wie es im Black Metal oft der Fall ist. "Jeden Tag bringen mindestens sechs Typen einen neuen Song raus. Da ist es ein Wunder, dass ich wahrgenommen wurde."
Das war aber tatsächlich der Fall. Nicht nur in Fankreisen gingen die ersten Stücke "The River of Time Flows Through Me" und "Barefoot Ghost Dance on Bloodsoaked Soil" schnell herum, das nur wenige Monate später folgende Debütalbum "Blackbraid I" schaffte es Ende des Jahres auf etliche Metal-Bestenlisten, darunter jene des "Rolling Stone". Plötzlich war aus dem Hobby ein ernst zu nehmendes Musikprojekt geworden. "Um ehrlich zu sein, hat mich das dann noch mehr angespornt", grinste Krieger, der aus den Adirondack Mountains im Osten der USA stammt. "Vielleicht sollte ich mehr Zeit in meine Songs investieren?"
Gesagt, getan: Im Sommer 2023 legte er mit "Blackbraid II" nach und baute weiter an seinem Klanguniversum. Akustische Gitarren und sphärische Flöteneinsätze gehören in spärlichen Dosen ebenso dazu wie sein markantes Gekeife, das trotz aller Brutalität die Texte im Ansatz erkennen lässt. In diesen setzt sich Krieger allen voran mit der Natur auseinander. "Ich hoffe, dass ich die Leute mit meiner Musik an die Orte führen kann, die mich inspiriert haben. Selbst wenn du in einem verdammten Betondschungel wie hier bist, sollen dich die Songs im Idealfall in die Wildnis transportieren: Du sitzt an einem Fluss, mitten in der Nacht. Jedenfalls ist das mein Ziel."
Seine Herkunft bringt Krieger zwar durchaus ein in seine Musik - so handelt etwa "Barefoot Ghost Dance on Blood Soaked Soil" vom Massaker von Wounded Knee, bei dem Ende des 19. Jahrhunderts Hunderte Angehörige der Sioux getötet wurden -, allerdings stellt er sie nie dezidiert in die Auslage. Wichtig sei ihm ein eigenständiger Zugang zum Black Metal, fühle er sich doch allen voran der skandinavischen Szene verpflichtet. "Ich liebe Bathory, Dissection oder Immortal. Mit Blackbraid wollte ich diesem großartigen skandinavischen Sound Tribut zollen. Ich bin aber nicht von dort, in mir fließt kein Wikingerblut", lachte Krieger. "Also musste ich eine Möglichkeit finden, um trotzdem ehrlich und authentisch zu sein. Ich kann ja nicht über Loki singen. Mein Leben und meine Erfahrungen sollten im Zentrum stehen."
Als spannende neue Stimme in der Szene hat sich Blackbraid jedenfalls längst etabliert. So war es beeindruckend zu beobachten, wie Krieger und Kollegen den im Studio geborenen Sound auf die Bühne hievten. Verschnaufpausen wurden dem Wiener Publikum nur wenige geboten, während das Quintett durch beide Alben pflügte und bereits beim Opener "The Spirit Returns" alle wesentlichen Pfähle einschlug: Härte und Nachvollziehbarkeit gingen hier Hand in Hand, was nicht zuletzt am klugen Songwriting Kriegers liegt. Er versteht es, die genretypische Dunkelheit mit einer positiven Energie zu vermählen. Fraglich, ob man nochmals in so intimem Rahmen davon Zeuge werden kann. Das dritte Album ist laut Krieger nämlich schon im Kasten und soll nächstes Jahr erscheinen. Blackbraid mag als Hobby begonnen haben, der Weg führt mittlerweile aber steil nach oben.
(Von Christoph Griessner/APA)
(S E R V I C E - www.blackbraid.bandcamp.com)
Zusammenfassung
- Jon Krieger, bekannt als Sgah'gahsowáh, hat mit Blackbraid einen unerwarteten Erfolg erzielt und ist aktuell auf seiner ersten Europatournee als Headliner.
- Mit zwei Alben, 'Blackbraid I' und 'Blackbraid II', hat er eine naturverbundene Ästhetik mit skandinavischem Black Metal kombiniert.
- Sein Debütalbum wurde auf Bestenlisten wie der des 'Rolling Stone' geführt und trug maßgeblich zu seinem Erfolg bei.
- Krieger behandelt in seinen Songs Themen wie die Natur und historische Ereignisse, ohne seine indigene Herkunft in den Vordergrund zu stellen.
- Ein drittes Album von Blackbraid ist bereits in Planung und soll im nächsten Jahr erscheinen.