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Bachmann-Preis für Prosser eine "herausfordernde Bühne"

Wenn ein Autor seine Wurzeln im Poetry-Slam und im Hip-Hop hat, achtet er bei einem Prosatext, den er zum Bachmann-Preis einreicht, ganz besonders auf dessen Performance-Tauglichkeit. Nun hat der Tiroler Robert Prosser, der im Frühjahr seinen vierten Roman "Verschwinden in Lawinen" veröffentlicht hat, einen Text geschrieben, "der sich auch gut vortragen lässt und es den Versuch wert war, mich damit zu bewerben". Denn Rhythmus und Melodie sind für Prosser essenziell.

Das kann man etwa in seinem Autorenvideo beobachten, in dem er im Bademantel auf die Straße tritt, auf dem Gehsteig seinem Schlagzeuger begegnet und dann gemeinsam mit ihm auf einer Bühne einen Text performt. Das Wettlesen in Klagenfurt bezeichnet er als "sehr interessante, herausfordernde Bühne". Das ist auch der Grund, dass er der Einladung der Jurorin Brigitte Schwens-Harrant, einmal einen Text einzureichen, nun nachgekommen ist. Sein Bachmann-Text, der ein Auszug aus einem aktuellen Schreibprojekt ist, beschäftige sich mit "drängenden Themen wie zum Beispiel dem oft unmöglichen Blick auf das Fremde", erklärt der 39-Jährige im APA-Interview.

Vielstimmigkeit und Komplexitäten seien überhaupt wesentliche Grundzüge seiner literarischen und künstlerischen Ästhetik-Vorstellung: "In der gegenwärtigen Welt wird viel zu viel schwarz-weiß gesehen und viel zu viel mit Feindbildern gearbeitet." Er wolle stattdessen mit literarischen Methoden und Kunstgriffen vermitteln und zeigen, dass "mehr hinter den Geschichten und den damit verbundenen Personen steckt" und die tatsächlichen Sachverhalte nicht so leicht auf einen einfachen Punkt gebracht werden können.

In "Verschwinden in Lawinen" wollte der in Tirol geborene, lange in Wien sesshaft gewesene Autor, der mittlerweile wieder in seinem Heimatdorf Alpbach lebt, dem Tirolbild der "Urlaubsindustrie" etwas entgegensetzen. So fragte er sich etwa, wer wirklich in den Küchen der Hotels stehe, wie viel Privatheit man für die "Fremden" in Pensionen aufgebe oder wie die Protagonisten Anna und Xaver abseits der "großen Maschine der Tourismusindustrie" ihr Glück finden, so Prosser.

Um die entstandenen Figuren noch plastischer auszugestalten, wähle er gerne das Mittel der Performance, streicht er heraus. "Das ist für mich eine Form von Vergegenwärtigung, um die vielen Stimmen der Protagonisten noch deutlicher zu machen. Damit das möglichst überzeugend gelingt, arbeite ich schon länger mit dem Schlagzeuger Lan Sticker zusammen", gibt er weitere Einblicke in sein performatives Tun.

Insofern, als dass er sich gegen zu einfache Antworten, Schwarz-Weiß-Denken und Klischees stemme, verstehe er seine Arbeit durchaus "als politisch". Auch in seinem vorherigen Roman "Gemma Habibi", der im Wiener Boxermilieu spielt, habe er - wie bei "Verschwinden in Lawinen" - jeweils "ganz genau hingeschaut" und beispielsweise die im Boxumfeld eine große Rolle spielende "migrantische Szene" präzise in den Blick genommen. "Durch umfassende Recherche will ich tiefes, breites Verständnis solcher Umfelder generieren."

Um dieses Verständnis zu erzeugen, setzt Prosser auch auf andere Kunstformen und Publikumserweiterung: "'Gemma Habibi' haben wir beispielsweise als Theaterstück auf die Bühne gebracht und auch bei 'Verschwinden in Lawinen' gibt es solche Pläne." Wie es mit seinem Bachmann-Text weitergehen wird, ist hingegen noch offen. "Welche Form, welche Geschichte es final werden wird, kann ich noch nicht sagen."

Zu den Texten Ingeborg Bachmanns hat er übrigens einen "sehr vagen Bezug", wie er sagt: "Es geht mir mit ihr wie mit Bernhard: eine der großen Figuren, von deren Schatten ich mich als österreichischer Autor ein wenig fernhalte." Prosser liegt eben das Scheinwerferlicht mehr als der Schatten. Denn: "Klagenfurt ist eine große Bühne und Bühnen reizen mich als Rampensau ganz generell."

(Das Gespräch führten Markus Stegmayr und Sonja Harter/APA)

ribbon Zusammenfassung
  • Wenn ein Autor seine Wurzeln im Poetry-Slam und im Hip-Hop hat, achtet er bei einem Prosatext, den er zum Bachmann-Preis einreicht, ganz besonders auf dessen Performance-Tauglichkeit.
  • Das Wettlesen in Klagenfurt bezeichnet er als "sehr interessante, herausfordernde Bühne".
  • Insofern, als dass er sich gegen zu einfache Antworten, Schwarz-Weiß-Denken und Klischees stemme, verstehe er seine Arbeit durchaus "als politisch".