Auftragswerk "Der Findling" im Alten Linzer Dom begeisterte
Nach dem Libretto von Hermann Schneider schuf der 2022 verstorbene deutsche Komponist Franz Hummel ein klangmächtiges Musiktheater von eindreiviertel Stunden Dauer. Nach seinem Tod vollendete seine Witwe Susan Oswell die Komposition.
Ein Findling, der von Gletschern fortbewegte Gesteinsblock, ist die Metapher für Anton Bruckner. Ein Mann "mittleren Alters" fühlt sich als Verkörperung Bruckners und erlebt verschiedene Lebensstationen, begleitet von Fabelwesen, Naturstimmungen, dem Fluss (des Lebens) als Symbol der Überfahrt in eine neue Dimension. Ein Text, der nachdenklich machte - sofern man ihn im halligen Kirchenraum verstehen konnte. Denn die Musik deckte den Gesang der Solisten und Chöre häufig zu. Sie war aber die Stärke des Werks. Mehrfache Zitate aus Bruckners bekannten Sinfonien, die Besetzung mit strahlenden Bläserchören, Pauken und auch der Bruckner-Orgel der Kirche (eindrucksvoll bespielt vom aktuellen Organisten des Alten Domes, Bernhard Prammer), hinterließen einen tiefen Eindruck gegenwärtiger Musik.
Von der Orgelempore aus, wo auch das Bruckner Orchester Linz Platz genommen hat, leitete Markus Poschner das Großaufgebot der Mitwirkenden: Die auf den Seitenemporen platzierten vier Chöre des Landestheaters Linz (Chor, Extrachor, Kinder- und Jugendchor) bewältigten - von Elena Pierini und David Alexander Barnard einstudiert - ihre anspruchsvollen Partien großartig. Kirchenmusikalisch war die Aufführung gewissermaßen ein "Hochamt" für Anton Bruckner!
Im Altarraum und dem im Mittelgang bis hinten verlängerten Podium agierten die allesamt stimmlich und darstellerisch restlos überzeugenden Gesangssolisten: Martin Achrainer, gleichsam als "Bruckner", Gotho Griesmeier und Manuela Leonhartsberger als "Gesellen", Tenor Matthäus Schmidlechner, auch als "vogelartige Zwergenfigur" (mit der er sich von Linz zur Wiener Staatsoper verabschiedet) und Bass Dominik Nekel.
Besonderer Jubel ergoss sich über die zehn phänomenalen Tänzerinnen und Tänzer von "Tanz Linz" (Choreografie Yuko Harada) als "Landvolk", vor allem wegen ihres geradezu ekstatischen Tanzes im vorletzten "Bild" des Abends. Einen optischen Höhepunkt bedeuteten die faszinierenden, zum Hochaltar und dem gesamten Altarraum projizierten Videos von Luca Scarazella. Die Inszenierung leitete Lukas Hemleb, unterstützt von Margherita Palli für die Bühnengestaltung. Alle Mitwirkenden ernteten starken Beifall.
(Von Wolfgang Katzböck/APA)
(S E R V I C E - "Der Findling", Musiktheater von Franz Hummel und Susan Oswell, Text von Hermann Schneider. Musikalische Leitung: Markus Poschner, Inszenierung: Lukas Hemleb, Bühne: Margherita Palli, Kostüme: Sasha Nikolaeva. Mit Martin Achrainer, Gotho Griesmeier, Manuela Leonhartsberger, Matthäus Schmidlechner, Dominik Nekel, Pavel Povrazník. Alter Dom Linz, weitere Vorstellungen am 9., 18. und 19. Juni jeweils 20.30 Uhr. www.landestheater-linz.at)
Zusammenfassung
- Das Landestheater Linz feierte im Alten Linzer Dom die Uraufführung des Musiktheaters 'Der Findling', einem Auftragswerk zum Anton-Bruckner-Jahr 2024.
- Das Stück, mit einer Dauer von 1 Stunde und 45 Minuten, wurde von Franz Hummel komponiert und nach seinem Tod von Susan Oswell vollendet. Es enthält Zitate aus Bruckners Sinfonien und wurde von der Bruckner-Orgel begleitet.
- Die Aufführung, geleitet von Markus Poschner, umfasste Orchester, vier Chöre, Solisten und eine Tanzgruppe. Weitere Vorstellungen sind am 9., 18. und 19. Juni geplant.