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"Zerstörte Familie": Sohn von Gisèle Pelicot will Wahrheit von Vater

51 Männer sind in Frankreich angeklagt, sie alle sollen Gisèle Pelicot vergewaltigt haben - angestiftet durch ihren Ehemann. Am Montag begann die letzte Woche der Befragungen im Mammutverfahren in Avignon. Auch die Kinder von Pelicot sagen aus. Es bahnten sich emotionale Stunden an. Sie sprachen von einer "zerstörten Familie" und zeigten immer wieder wütend auf den Vater, der in einem Glaskasten im Gericht saß.

Der Fall der 72-jährigen Gisèle Pelicot erschüttert Frankreich und die ganze Welt. Über Jahrzehnte hinweg soll ihr Mann sie betäubt und andere Männer ins gemeinsame Zuhause eingeladen haben, um seine Frau von ihnen vergewaltigen zu lassen. Der Franzose ist mit 50 weiteren Männern angeklagt. 

Am Montag startete in Avignon die letzte Woche der Befragungen der 51 Angeklagten. Danach beginnen die Plädoyers. Auch die Familie von Pelicot konnte sich im Prozess äußern. Die beiden Söhne David (50) und Florian (38) sowie Tochter Caroline (45). 

"Ein Tsunami, der über die Familie hinwegfegte"

Als erster schritt Sohn David in den Zeugenstand, wie etwa der "Spiegel" berichtete. Neben ihm sein angeklagter Vater Dominique Pelicot. David erzählt vom 2. November 2020 als er von den grausamen Taten seines Vaters erfuhr. Seine Mutter habe ihm das Erlebte per Telefon geschildert. Es sei wie ein Tsunami gewesen, der über seine Familie hinweggefegt ist, so David. 

Die drei Kinder seien direkt, nachdem sie vom Fall erfahren haben, in den Wohnort ihrer Eltern, Mazan, und anschließend zum für den Fall zuständigen Kommissariat gefahren. Dort wurden ihnen die über 20.000 Fotos, Bilder und Videos vorgelegt worden, die der Vater und Hauptangeklagte über Jahre dokumentiert hatte.

 "Wir haben kein einziges Fotoalbum mehr" 

Die Kinder hätten gemeinsam mit Pelicot entschieden, das Haus in Mazan zu räumen. Sie wollten "alles verschwinden lassen, was mit diesem Herren zu tun hat", so David. Sichtlich wütend zeigte er dabei auf den Glaskasten, in dem sein Vater saß, so der "Spiegel". 

Die Kinder sowie die Mutter haben "kein einziges Fotoalbum der Familie mehr". Sie hätten Bilder sowie Kleidung ihres Vaters verschwinden lassen. "Alles, was mit ihm zu tun hatte", so David Pelicot. Seine Kindheit sei wie ausgelöscht. 

Ein Bild gehe ihm nicht mehr aus dem Kopf. Seine Mutter, als sie nur mehr mit Koffer und ihrem Hund auf dem Bahnsteig steht, um mit den Kindern nach Paris zu fahren. "Ihr Leben hatte sich auf einen Koffer und ihren Hund reduziert", erklärte der Sohn. 

David Pelicot erwartet sich bei diesem Prozess Urteile, die dem Leiden der Familie gerecht würden. "Denn dieser Prozess ist nicht nur ein Prozess von Gisèle Pelicot, sondern der ganzen Familie. Einer zerstörten Familie", sagte der Sohn des Hauptangeklagten. 

Der älteste Sohn schilderte auch, wie seine Schwester Caroline Darian davon erfuhr, mutmaßlich ebenfalls Opfer geworden zu sein. Das Kommissariat hatte ihr im November Fotos vorgelegt, die sie schlafend, seitlich auf einem Bett liegend und in beiger Unterhose zeigen. Sie erkannte sich zunächst nicht einmal selbst auf den Bildern. "Seither führt meine Schwester den vielleicht schwersten Kampf ihres Lebens."

Sohn verlangt Wahrheit von Vater 

Später stellte sich David direkt vor dem Glaskasten und sprach zu seinem Vater: "Wenn du noch ein wenig Anstand und Menschlichkeit hast, dann sagst du jetzt die Wahrheit über die Grausamkeiten, die du Caroline angetan hast". 

Dominique Pelicot hatte aber nur erklärt, erpresst worden zu sein und deshalb die Fotos gemacht zu haben. Mehr könne und wolle er dazu nicht sagen. 

"Warum habe ich damals nicht reagiert?" 

Auch der jüngste Sohn, Florian Pelicot, sprach vor Gericht. Er war der einzige, dem auffälige Verhaltensweisen seines Vaters aufgefallen waren. "Als ich Dinge für die Kinder auf seinem PC ausdruckte, hatte ich das Gefühl, dass er sich nicht wohl fühlte", erzählte er. Außerdem habe er einen Ordner mit dem Namen "Höschen Martine" gefunden.

"Warum habe ich damals nicht reagiert, warum habe ich nichts unternommen, bin nicht zur Polizei gegangen? Ich bereue das bis heute. Wie macht man weiter, wenn man weiß, dass der eigene Vater einer der schlimmsten Straftäter der vergangenen 20 Jahre ist?", so der jüngste Sohn. 

Auch die Tochter Caroline meldete sich zu Wort. Sie fühle sich als potenzielles Opfer nicht ernst genommen. 

Ende Dezember soll das Urteil im Fall von Gisèle Pelicot fallen. Am Dienstag kann der Hauptangeklagte ein letztes Mal selbst Stellung beziehen. 

ribbon Zusammenfassung
  • 51 Männer sind in Frankreich angeklagt, sie alle sollen Gisèle Pelicot vergewaltigt haben - auf den Auftrag ihres Ehemannes hin. Am Montag begann die letzte Woche der Befragungen.
  • Am Montag begann die letzte Woche der Befragungen im Mammutverfahren in Avignon.
  • Es bahnten sich emotionale Stunden an. Sie sprachen von einer "zerstörten Familie" und zeigten immer wieder wütend auf den Vater, der in einem Glaskasten im Gericht saß.