Wiener "Weihnachtsmann" muss wegen Mordversuchs vor Gericht
Der von der Wiener Rechtsanwältin Anita Schattner vertretene Angeklagte bestreitet den Tötungsvorsatz. Demgegenüber meint der Staatsanwalt, der 60-Jährige habe es während der Attacke zumindest ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden, den Angegriffenen "durch die gezielten Messerstiche in den Oberkörper zu töten. Insbesondere war ihm bewusst, dass fünf derartige Stiche, wenn sie mit einem Messer mit einer Klingenlänge von ungefähr sieben Zentimeter ausgeführt werden, zum Tod führen können", wie es in der Anklageschrift heißt.
Die Anklage ist bereits rechtskräftig und ein Prozesstermin fixiert. Der "Weihnachtsmann" wird sich am 24. Februar vor Geschworenen verantworten müssen. Im Fall einer anklagekonformen Verurteilung drohen ihm mindestens zehn, schlimmstenfalls 20 Jahre oder gar lebenslange Haft.
Der 60-Jährige hatte sich Ende August freiwillig auf einer Polizeiinspektion gestellt, nachdem mit einem Foto, das ein Zeuge kurz vor der Tat im Sigmund-Freud-Park aufgenommen hatte, per medialer Veröffentlichung nach ihm gefahndet worden war. Aufgrund seiner auffallenden Erscheinung hatten ihn mehrere Personen - darunter sein ehemaliger Chef und sein Bruder - identifiziert.
Prügelei mündete in Messerstecherei
Der Angeklagte hatte sich am 29. Juli 2024 mit einem Freund vor der Votivkirche getroffen, wobei die beiden dem Alkohol zusprachen. Zu vorgerückter Stunde tanzten sie zur Musik, die eine Gruppe junger Burschen und Frauen abspielten, die sich in die Wiese gelegt hatten und feierten. Im Zuge dessen kam es laut Staatsanwaltschaft - die Anklageschrift liegt der APA vor - aus "noch ungeklärten Gründen" zu einer Prügelei zwischen dem Angeklagten und dem späteren Opfer. Der "Weihnachtsmann" stieß den 54-Jährigen schließlich in ein Gebüsch. Als sich jener aufgerappelt hatte und auf den Angeklagten zukam, zog dieser ein Klappmesser, packte den 54-Jährigen mit der linken Hand an der rechten Schulter "und führte mit seiner rechten Hand fünf gezielte Stichbewegungen mit dem Messer gegen die Oberkörpervorderseite des Mannes aus. Nach dem fünften Stich ließ er von ihm ab und lief davon. Auf seinem Fluchtweg vergrub er das Messer in einem Pflanzentrog ", ist in der Anklageschrift zum Tatablauf zu lesen.
Die Klinge drang dem Niedergestochenen zwei Mal in den linken Brustkorb, wobei der Brustkorb eröffnet wurde und ein Stichkanal bis an das dem Herzen vorgelagerte Fettgewebe reichte, das Herz selbst jedoch unverletzt blieb. Ein Stich ging in die rechte Brust, der ebenfalls die Brusthöhle eröffnete und einen Pneumothorax - eine Ansammlung von Luft zwischen Lunge und Brustwand - bewirkte. Zwei weitere Stiche eröffneten die Bauchhöhle, durchsetzten die Bauchmuskulatur und erreichten die Dickdarmschlinge, wobei diese unbeschädigt blieb.
Opfer überlebte dank funktionierender Rettungskette
Eine junge Ärztin, die zufällig in der Nähe war, leistete dem lebensgefährlich Verletzten Erste Hilfe. Dank der funktionierenden Rettungskette und einer in einem nahe gelegenen Spital durchgeführten Notoperation überlebte der Mann.
Der Angeklagte hat sich im Ermittlungsverfahren mit Notwehr verantwortet. Im Zuge der Schlägerei habe er anfangs "schaumgebremst" zugeschlagen und nur auf den jüngeren Kontrahenten "reagiert", behauptet er. Dann hätten ihn jedoch die Kräfte verlassen. Aus Angst, vom Gegner überwältigt zu werden, habe er sich an sein Messer erinnert, das er als ehemaliger Fiaker-Fahrer immer mit sich führe. Die Waffe habe er gegen den Gegner gehalten, der dessen ungeachtet weiter auf ihn eingeschlagen habe. Da habe er zugestochen.
Zusammenfassung
- Ein 60-jähriger Mann, inhaftiert als 'Weihnachtsmann' bekannt, wird wegen versuchten Mordes angeklagt, nachdem er im Juli 2024 einen 54-Jährigen im Sigmund-Freud-Park in Wien-Alsergrund mit fünf Messerstichen lebensgefährlich verletzt hatte.
- Der Angeklagte bestreitet den Tötungsvorsatz und behauptet, in Notwehr gehandelt zu haben, während die Staatsanwaltschaft ihm vorwirft, die tödlichen Folgen seiner Handlungen bewusst in Kauf genommen zu haben.
- Dank der schnellen Hilfe einer zufällig anwesenden Ärztin und einer Notoperation überlebte das Opfer, während der Angeklagte sich später freiwillig der Polizei stellte; der Prozess beginnt am 24. Februar.