Christoph Wiederkehr und Michael LudwigAPA/TOBIAS STEINMAURER

Wiederkehrs "Neustart"-Plan für "G'fraster" - ist das umsetzbar?

Die gewalttätigen Auseinandersetzungen Minderjähriger auf Wiens Straßen beschäftigt Expert:innen sowie Politiker:innen seit Wochen. Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) stellte nun einen Fünfpunkteplan gegen "G'fraster", wie er sie nannte, vor. Vor allem der Kinder- und Jugendhilfe soll dabei mehr Arbeit zukommen - die klagen aber über Personalmangel. Ist das vereinbar?

Seit Mitte März wurden in Österreich rund 4.200 Anzeigen erstattet. Mehr als 1.000 der angezeigten Personen waren Minderjährige, heißt es von der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Jugendkriminalität. Es sind Randale, Messerstechereien und Auseinandersetzungen Minderjähriger, die die mediale Berichterstattung in den vergangenen Wochen füllten. 

Für Wiens Vizebürgermeister und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) sind diese Minderjährige "G'fraster", für die es härtere Maßnahmen benötige. Er stellt deshalb einen Fünfpunkteplan gegen Jugendkriminalität vor, der primär den Bund in die Verantwortung zieht. 

Einen Schwerpunkt legt der Plan, neben den Ausbau der Polizeibeamt:innen in Wien, der Wiedereinführung des Jugendgerichtshofs und der konsequenteren Abschiebung Straffälliger, auf sogenannte "Neustartprogramme". Ziel ist es dabei, für Unter-14-Jährige, die mehrfach straffällig wurden, pädagogische Angebote außerhalb Wiens zu liefern. Es soll vermitteln, das ihr Handeln Konsequenzen haben kann, heißt es in dem Plan. 

Zusatzprogramm für MA11, aber zu wenig Personal? 

Abgewickelt werden soll das durch Kinder- und Jugendhilfe der Stadt Wien (MA11), die indes seit Jahren über Personalengpässe klagt, wie die Sprecherin der Kinder- und Jugendhilfe Ingrid Pöschmann auf PULS 24 Nachfrage bestätigt.

Auf die Frage, ob die Idee Wiederkehrs sich überhaupt mit dem Personalmangel verbinden lässt, heißt es aus dem Büro des Vizebürgermeisters: Bei den mehrfach straffällig gewordenen Jugendlichen handle es sich um eine "relativ kleine Zielgruppe von Intensivstraftäter:innenWir gehen davon aus, dass die Gesamtzahl der Teilnehmer an diesen Programmen nicht sehr hoch sein wird. Zudem sind die betroffenen Jugendlichen bereits jetzt oft in einer Form der Betreuung der Kinder- und Jugendhilfe."

Video: Bandenkämpfe in Wien: Was steckt hinter der Gewalt?

 

Ähnliche Programme gibt es bereits

Pöschmann sieht in Wiederkehrs Ansinnen erste einmal ein "Startschuss", der "eines Prozesses bedarf". Außerdem würde es ähnliche ambulante Programme seitens der Kinder- und Jugendhilfe ohnehin schon geben, sagt sie. Sie nennt etwa Spezialkrisenzentren, Anti-Gewalt-Trainings oder diverse therapeutische Angebote. 

Das "Neustartprogramm" oder "Resozialisationsprogramm" von Wiederkehr wäre also eine weitere ambulante Unterstützung für strafffällige Jugendliche außerhalb von stationären Krisenzentren.

Der Personalmangel, von dem die Kinder- und Jugendhilfe nach wie vor betroffen ist, wie Pöschmann erzählt, würde sich dieser Idee nicht in den Weg stellen. Man habe sich in den letzten Jahren bemüht, Ausbauschritte zu setzten und Interessent:innen für die Sozialarbeit an Bord zu holen. 

Allerdings sei hier vorab erst einmal "politisch alles zu klären", sagt Pöschmann. Erst, wenn dies geregelt ist, würde die Kinder- und Jugendhilfe ins Spiel kommen. Festzuhalten ist auch von ihrer Seite: "Wir sehen natürlich Handlungsbedarf. Die betroffenen Kinder sind eine kleine Gruppe, aber sie beschäftigen uns alle tagtäglich". 

Video: Christoph Wiederkehr im Interview des Tages

ribbon Zusammenfassung
  • Die gewalttätigen Auseinandersetzungen Minderjähriger in Wiens Straßen beschäftigt Expert:innen sowie Politiker:innen seit Wochen.
  • Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) stellte nun einen Fünfpunkteplan gegen "G'fraster", wie er sie nannte, vor.
  • Vor allem der Kinder- und Jugendhilfe soll dabei mehr Arbeit zukommen - die klagen aber über Personalmangel. Ist das vereinbar?