Warum Hochwasserschutz so komplex ist
Die intensiven Regenfälle der vergangenen Tage trafen Österreich nicht überraschend. "Es wird schütten, schütten, schütten", prognostizierte der Meteorologe Alban Burster schon Tage zuvor. Er sollte Recht behalten. Was folgte, war Hochwasser in weiten Teilen Kärntens und der Steiermark. In beiden Bundesländern ist die Gefahr von Hangrutschungen immer noch groß.
Die Überschwemmungen nur aus den intensiven Regenfällen abzuleiten, ist aber zu kurz gedacht. Das weiß Günter Blöschl, er ist der Vorstand des Instituts für Wasserbau und Ingenieurhydrologie der TU Wien. "Hochwasser sind nicht nur ein meteorologisches Problem, sondern auch ein hydrologisches", erklärt er im Gespräch mit PULS 24.
Überschwemmungen werden also nicht nur durch die Niederschlagsmenge bestimmt, sondern auch dadurch, wie viel Flüssigkeit der Boden aufnehmen kann. Das sei nicht immer leicht zu bestimmen und mache Vorhersagen komplex.
Aber selbst wenn die Vorhersagen für Hochwasser perfekt sind, müssen auch Schutzmaßnahmen umgesetzt werden. "Hochwasser treten so selten auf, dass alle Beteiligten wenig Übung im Umgang damit haben", so Blöschl.
Das habe man zuletzt vor zwei Jahren im deutschen Ahrtal bemerkt, wo längere Zeit kein Hochwasser dieser Größenordnung aufgetreten sei. In Österreich sei man grundsätzlich "sehr gut" aufgestellt. Auch bei den Hochwassern in Süden habe das meiste funktioniert.
Die Schäden sind trotzdem immens. Kärntens Landeshauptman Peter Kaiser (SPÖ) sprach von einer Flutkatastrophe, die man in dem Ausmaß "kaum jemals zuvor erlebt" habe.
Was hat zu den Überschwemmungen geführt?
Es war ein Zusammenspiel aus der meteorologischen und hydrologischen Situation, das die Überschwemmungen ausgelöst hat, sagt Blöschl. Kalte Luft aus Großbritannien sei über das zuvor durch eine Hitzewelle erwärmte Mittelmeer gekommen. "Das warme Wasser des Meeres führt der Luft Energie und Feuchtigkeit zu", so der Hydrologe. Das mache Tiefdruckgebiete besonders niederschlagsreich.
Hydrologisch betrachtet seien zwei Punkte zusammengekommen: Gewitter, die in kleineren Gebieten zu Hochwassern führten und lange Niederschläge, die Fluten entlang großer Flüsse wie etwa der Drau verursachen.
Die Vielzahl an Extremwetter-Ereignissen diesen Sommer sind kein Zufall. "Wenn wir so weitermachen wie bisher, ist das noch harmlos", sagte PULS 24 Meteorologe Manuel Kelemen mit Blick auf die Unwetter, die in ihrer Intensität und Häufigkeit auch eine Folge der Klimakrise sind. Das zeige sich nicht nur durch massive Niederschläge, sondern vor allem durch Hitze.
Auch Blöschl sieht diesen Zusammenhang, er wirke sich aber nicht überall gleich aus. "Im Mittelmeer-Raum haben in den letzten 40 Jahren die Hochwasser in mittleren und großen Gebieten abgenommen", erklärt er. In Nordeuropa träten hingegen verstärkt Überschwemmungen auf. Sie könnten künftig noch brisanter werden. "Die Frage ist, wie man mit dieser Entwicklung umgeht", so der Hydrologe.
Wie geht man mit Hochwassern um?
Hochwasser sind historisch gut dokumentiert. "Es gibt sie, seit es die Welt gibt, die wir kennen", betont Blöschl. Es sei essenziell ein Gefahrenbewusstsein zu schaffen, denn "nach dem Hochwasser ist vor dem Hochwasser."
Zusammenfassung
- Unwetter haben in den vergangenen Tagen zu zahlreichen Überschwemmungen in Südösterreich und Slowenien geführt.
- Das Bewusstsein für die Problematik müsse zunehmen, fordert der Hydrologe Günter Blöschl.