Vollspaltböden: VfGH kippt Übergangsfrist für Verbot
Die Frist sei mit 17 Jahren zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt, hielt das Höchstgericht in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung fest.
Einem entsprechenden Antrag der burgenländischen Landesregierung wurde damit stattgegeben. Die Aufhebung der Bestimmung im Tierschutzgesetz erfolgt mit 1. Juni 2025.
Verbot gilt schon für neue Anlagen
Für neue Anlagen gilt das 2022 im Nationalrat beschlossene Verbot schon seit Anfang 2023, für bestehende wurde eine Übergangsfrist bis 2040 festgelegt, um den landwirtschaftlichen Betrieben Planungssicherheit zu geben und getätigte Investitionen zu schützen.
Die Dauer von 17 Jahren sei angesichts der Abwägung zwischen Investitions- und Tierschutz sachlich nicht gerechtfertigt, so der VfGH. Damit werde einseitig auf den Investitionsschutz abgestellt.
Ungleicher Wettbewerb
Kritisch sieht das Höchstgericht außerdem, dass die Übergangsfrist pauschal für alle Betriebe gilt, egal wann die Investitionen getätigt wurden. Die Betreiber neuer Anlagen hätten aufgrund des für sie geltenden höheren Standards auch höhere Kosten als bestehende Betriebe. Dadurch herrsche ein ungleicher Wettbewerb, der mit der Übergangsfrist 17 Jahre dauern würde, hielt der VfGH fest.
Der für den Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) will nun mit Vertretern von Landwirtschaft und Tierschutz Gespräche über eine neue Lösung aufnehmen, die den Landwirten den Übergang wirtschaftlich ermöglichen soll, "damit bessere Bedingungen in der Schweinehaltung rasch Wirklichkeit werden".
Rauch betonte, sein Ziel sei immer ein rasches Verbot gewesen. "Es war ein Erfolg, gegen den anfänglich erbitterten Widerstand von manchen Vertretern der Schweinebranche ein Datum für das endgültige Verbot von unstrukturierten Vollspaltenbuchten festzuschreiben", hielt er fest.
"Österreichisches Schnitzel nicht gefährden"
Aus dem Landwirtschaftsministerium hieß es gegenüber der APA, die Erkenntnis des VfGH werde umfassend rechtlich und fachlich analysiert. Mögliche Optionen würden gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und den Betroffenen erarbeitet.
Die Versorgung mit heimischen Lebensmitteln, das Tierwohl und das Überleben der Höfe solle sichergestellt werden, betonte Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP): "Wir dürfen unser österreichisches Schnitzel nicht gefährden und uns von Importen aus dem Ausland abhängig machen." Auch die Landwirtschaftskammer hob die Absicherung der Schweinehaltung und der Versorgungssicherheit hervor.
Doskozil sieht "Erfolg für den Tierschutz"
Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) sprach von einem "Erfolg für den Tierschutz und für verantwortungsvolle Landwirtschaft - auch im Interesse vieler Bauern, die diese qualvolle Form der Tierhaltung jetzt schon ablehnen".
Im ersten Anlauf war die Beschwerde der burgenländischen Landesregierung im Dezember 2022 noch abgewiesen worden, weil die angefochtenen Bestimmungen nach Eingehen der Beschwerde vom Bund geändert wurden - eine "Trickserei", wie Doskozil befand. Laut VfGH hätten damals auch die neuen Regelungen angefochten werden müssen. Im vergangenen April zog das Land dann ein weiteres Mal gegen die Übergangsfrist vor den VfGH und bekam nun recht.
Zuspruch von SPÖ und Grünen
Neben der SPÖ begrüßten im Bund auch die Grünen die Entscheidung des Höchstgerichts. Landwirtschaftssprecherin Olga Voglauer und Tierschutzsprecherin Faika El-Nagashi betonten, ein Verbot überhaupt festzulegen, sei ein "hart erkämpfter Erfolg" für die Grünen in der Bundesregierung und die Übergangsfrist bis 2040 ein Kompromiss gewesen. Nun ermögliche der VfGH ein früheres Ende.
Tierschutzorganisationen reagierten auf die Aufhebung der langen Übergangsfrist erfreut. Vier Pfoten-Kampagnenleiterin Veronika Weissenböck sah in der Entscheidung des VfGH etwa ein "konsequentes Bekenntnis zum Tierschutz" und forderte, dass die aufgehobene Bestimmung rasch mit einer deutlich kürzeren Übergangsfrist angepasst wird.
Sebastian Bohrn Mena, Initiator des Tierschutzvolksbegehrens und Sprecher der Initiative oekoreich, will Gespräche mit den Akteuren aufnehmen und sich für ein baldiges Ende der Vollspaltenböden einsetzen. "Der Profit darf nicht über dem Wohl der Tiere stehen", betonte er.
Greenpeace-Landwirtschaftssprecherin Melanie Ebner hielt in einer Aussendung fest, dass das Tierwohl jetzt verbessert werden müsse und "nicht erst in 17 Jahren". Sie forderte Unterstützung für die Landwirte für "einen raschen Umstieg auf eine möglichst artgerechte Tierhaltung".
Die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy sah in der Entscheidung die Bestätigung dafür, "dass es nicht zu rechtfertigen ist, wirtschaftliche Abwägungen über das Wohl von Lebewesen zu stellen". Einen "Wermutstropfen" ortete hingegen der Verein gegen Tierfabriken (VGT) darin, dass der VfGH keine inhaltliche Entscheidung zur Frage, ob Schweinen mehr Platz und eine tiefe Stroheinstreu zustünden, getroffen habe. Die diesbezüglichen Anträge seien wegen Unzulässigkeit zurückgewiesen worden.
Zusammenfassung
- Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hebt die bis 2040 dauernde Übergangsfrist beim Verbot von Vollspaltenböden in der Schweinehaltung auf.
- Die Frist sei mit 17 Jahren zu lang und sachlich nicht gerechtfertigt, hielt das Höchstgericht in einer am Montag veröffentlichten Entscheidung fest.
- Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP) will mit einer neuen Regel das "österreichische Schnitzel nicht gefährden".
- Neben der SPÖ begrüßten im Bund auch die Grünen die Entscheidung des Höchstgerichts.