"Vernadern": Stadtschulrat lehnte Leitfaden für Missbrauchs-Prävention ab
Ein Sportlehrer dürfte bis zu seinem Suizid 2019 an einer Wiener Mittelschule über 15 Jahre hinweg zumindest 40 unmündige Buben missbraucht und fotografiert bzw. gefilmt haben. Wie das "Ö1-Mittagsjournal" berichtete, hatte die Männerberatung gemeinsam mit der Kinderanwaltschaft bereits vor 13 Jahren einen Leitfaden zur Prävention von Missbrauchsfällen ausgearbeitet. Dieser wurde dem Wiener Stadtschulrat angeboten, doch dort hatte man kein Interesse daran.
Wie der Psychologe Hubert Steger von der Männerberatung im Mittagsjournal sagte, sah der Stadtschulrat in dem Leitfaden zur Sensibilisierung und Prävention damals eine "Anleitung zum Vernadern von Kolleginnen und Kollegen".
Ein Workshop - über 700 Schulen
Daraufhin wurde 2011 der Leitfaden überarbeitet. Diese neue Version wurde zwar "ernster genommen" und Workshops angeboten, aber Steger wisse nur von einem Workshop, der stattgefunden habe - bei über 700 Schulen in Wien.
Lehrer sollten informiert werden, was unter anderem Warnzeichen bei "Grooming" sind. Unter "Grooming" versteht man den Kontaktaufbau von Erwachsenen mit Minderjährigen, bei dem eine Missbrauchsabsicht besteht. Dabei wird sich stufenweis das Vertrauen der Kinder und Jugendlichen erschlichen.
Steger ist davon überzeugt, dass man den langjährigen Missbrauch früher hätte stoppen können.
Zusammenfassung
- Männerberatung und Kinderanwaltschaft arbeiteten schon 2009 einen Leitfaden aus, um Lehrer für möglichen Missbrauch von Kollegen zu sensibilisieren.
- Der Stadtschulrat winkte aber ab. Das Dokument sei nur eine "Anleitung zum Vernadern von Kolleginnen und Kollegen".
- Auch eine überarbeitete Version 2011 zog nur einen einzigen Wortkshop nach sich.
- Psychologe Steger ist davon überzeugt, dass man den langjährigen Missbrauch früher hätte stoppen können.