APA/APA/dpa/Julian Stratenschulte

Umwelt-NGOs bringen Glyphosat vor Europäischen Gerichtshof

Mehrere europäische Umwelt-NGOs klagen gegen die weitere Zulassung des umstrittenen Unkrautvernichters Glyphosat in der EU vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Laut dem Pestizid-Aktions-Netzwerk PAN Europe und Partnerorganisationen habe die EU-Kommission Glyphosat erneut für zehn Jahre zugelassen, obwohl es "gravierende Mängel im Bewertungsverfahren" gab, heißt es in einer Aussendung vom Mittwoch. Dadurch würden "Gesundheits- und Umweltrisiken systematisch unterschätzt".

"Unser Ziel ist es, die Weichen für ein vorzeitiges Aus von Glyphosat in der EU zu stellen," erklärt Helmut Burtscher-Schaden, Umweltchemiker von GLOBAL 2000: "Die Verlängerung der Zulassung von Glyphosat basierte auf einer Risikobewertung, die weder wissenschaftlichen noch rechtlichen Standards entspricht und die Menschen in Europa einem vermeidbaren und inakzeptablen Risiko aussetzt." Die NGOs legen dem Gerichtshof eine "Klage auf Nichtigerklärung" vor. Diese basiere auf einer umfassenden wissenschaftlichen und rechtlichen Analyse, welche gravierende Mängel im Bewertungsverfahren benenne. Der EuGH konnte den Eingang der Klage auf APA-Anfrage noch nicht bestätigen.

Dokumente, die PAN Europe vorliegen, würden beweisen, dass Wissenschafterinnen und Wissenschafter die EU-Behörden vor einem Zusammenhang zwischen Glyphosat und neurologischen Erkrankungen wie Parkinson warnten. Studien, die diese Risiken identifizierten, seien jedoch im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigt worden. Auch die Bewertung der EU-Behörden von Glyphosat als "nicht DNA-schädigend" und "wahrscheinlich nicht krebserregend" stünde in Widerspruch zur Krebseinstufung durch die WHO-Krebsforschungsagentur IARC.

Brüssel hatte die Nutzung von Glyphosat Ende 2023 für weitere zehn Jahre erlaubt. Da keine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten erzielt wurde, lag die finale Entscheidung bei der Kommission. Österreich hatte aufgrund eines Parlamentsbeschlusses gegen den Antrag gestimmt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sah eine Wiederzulassung in ihrer letzten Bewertung unkritisch, wie zuvor schon die Europäische Chemikalienbehörde ECHA. Im Jänner 2024 hatten die NGOs bei der EU-Kommission eine interne Überprüfung der Zulassungsentscheidung beantragt; diese wurde von der Kommission zurückgewiesen.

Glyphosat zählt zu den weltweit am meisten eingesetzten Herbiziden und wurde vom US-Konzern Monsanto entwickelt, den der deutsche Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer übernahm. Mit dem Zukauf holte sich Bayer auch eine Klagewelle wegen der angeblich krebserregenden Wirkung von Glyphosat ins Haus. Behörden weltweit, darunter die US-Umweltbehörde EPA und die Europäische Chemikalienagentur, haben das Herbizid als nicht krebserregend eingestuft - eine Ansicht, der viele Umwelt-NGOs seit langem widersprechen.

ribbon Zusammenfassung
  • Europäische Umwelt-NGOs klagen gegen die erneute zehnjährige Zulassung von Glyphosat durch die EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof.
  • Die NGOs kritisieren, dass die Risikobewertung von Glyphosat gravierende Mängel aufweist und Gesundheits- sowie Umweltrisiken systematisch unterschätzt werden.
  • Österreich stimmte gegen die Zulassung, während Dokumente zeigen, dass Warnungen vor neurologischen Erkrankungen im Bewertungsverfahren ignoriert wurden.