Rassismus SyltScreenshot / X / @derklepto

Sylt-Video: "Normalisierung rechtsextremer Inhalte"

Mit "Ausländer raus"- und "Deutschland den Deutschen"-Rufen feierten junge Erwachsene auf der Insel Sylt. Ein Video davon sorgt für Empörung und Ermittlungen. Aus Sicht der deutschen Expertin Pia Lamberty zeigt es eine Normalisierung rechtsextremer Inhalte in der Gesellschaft.

Auf Social Media verbreitete sich am Donnerstag ein Video, das Deutsche beim Feiern auf Sylt zeigt. Auf der Party am Pfingstwochenende sangen sie rassistische Parolen wie "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen".

Zumindest ein junger Mann imitierte mit seinen Fingern unter der Nase einen Hitlerbart. Mit seiner Hand deutete er einen Hitlergruß zumindest an. Das Video löste landesweit Empörung - und Ermittlungen des Staatsschutzes aus.  

"Eine Schande für Deutschland"

Selbst Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Parolen am Freitag als "ekelig" und "nicht akzeptabel" bezeichnet. Innenministerin Nancy Faeser (SPD) sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: "Wer Nazi-Parolen wie "Deutschland den Deutschen – Ausländer raus" grölt, ist eine Schande für Deutschland". 

"Ohne Widerspruch"

"Ohne dass es irgendeine Form von Widerspruch gibt, werden die sozialen Normen einfach gebrochen", sagt Pia Lamberty, die Co-Geschäftsführerin des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), das Radikalisierungstendenzen und Verschwörungserzählungen im Netz untersucht dazu. "Menschen können ohne Scheu in der Öffentlichkeit extreme Parolen äußern." 

Für die Cemas-Expertin verdeutlicht der Fall: "Rechtsextremismus ist nicht nur ein Problem, das man in Ostdeutschland sieht oder bei Menschen, die ein geringeres Einkommen haben, sondern auch bei höheren Schichten." 

Das Bedrohliche für Betroffene sei vor allem die strukturelle Macht, die diese Personen potenziell einmal ausüben könnten. Das Video zeige: "Rassismus geht auch von Menschen aus, die an Universitäten studiert haben oder in Managementpositionen stehen." Rechtsextremismus und rassistische Einstellungen seien etwas, was man in der gesamten Gesellschaft finde.

Von Rassismus Betroffene könnten nach Lambertys Ansicht Orte, an denen wie im aktuellen Fall unwidersprochen rassistische Äußerungen getätigt werden, langfristig meiden.

Das Nobellokal "Pony", in dem das Video entstand, teilte unterdessen mit, dass die besagten Personen identifiziert und gemeldet worden seien. Man habe rechtliche Schritte eingeleitet. 

Weiterer Fall in Niedersachsen

Gegrölt wurde übrigens zur Melodie vom mehr als 20 Jahre alten Party-Hit "L"amour Toujours" von Gigi D'Agostino. Sylt ist dabei aber kein Einzelfall. Am Freitag wurde bekannt, dass es ebenfalls an Pfingsten in Niedersachsen zu einem ähnlichen Fall kam. Auch auf dem Schützenfest in Löningen wurden rassistische Parolen gegrölt, auch zu "L"amour Toujours", auch dort ermittelt der Staatsschutz.

ribbon Zusammenfassung
  • Mit "Ausländer raus"- und "Deutschland den Deutschen"-Rufen feierten junge Erwachsene auf der Insel Sylt.
  • Ein Video davon sorgt für Empörung und Ermittlungen.
  • Aus Sicht der deutschen Expertin Pia Lamberty zeigt es eine Normalisierung rechtsextremer Inhalte in der Gesellschaft.
  • Für die Cemas-Expertin verdeutlicht der Fall: "Rechtsextremismus ist nicht nur ein Problem, das man in Ostdeutschland sieht oder bei Menschen, die ein geringeres Einkommen haben, sondern auch bei höheren Schichten."