Seit Anschlag in Magdeburg: Rassistische Übergriffe steigen
Am 20. Dezember fuhr ein 50-jähriger Mann mit einem Auto in den Magdeburger Weihnachtsmarkt und tötete sechs Menschen, knapp 300 Personen wurden verletzt.
Der Täter, der saudi-arabischer Staatsbürger ist, wurde mittlerweile in die Justizvollzugsanstalt Dresden verlegt. Seit dem Anschlag häufen sich nun rassistische Übergriffe gegen Menschen mit Migrationshintergrund in Magdeburg.
20 rassistische Übergriffe dokumentiert
Laut dem Landesnetzwerk Migrantenorganisationen Sachsen-Anhalt e. V. (Lamsa) wurden vor dem Attentat ein bis zwei Übergriffe pro Woche in Magdeburg gemeldet. Im Zeitraum vom Attentat bis zum 10. Jänner wurden derweil bereits 20 rassistische Übergriffe dokumentiert, darunter Körperverletzung, Beleidigungen und Drohbriefe.
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Das entspricht fast einem Übergriff pro Tag.
"Ihr Scheiß Ausländer"
Ein erster Übergriff ereignete sich bereits am Abend des Attentats. So soll ein Deutscher einen Mann mit Migrationshintergrund ins Gesicht geschlagen und gesagt haben: "Wegen Leuten wie dir passiert sowas". Ein paar Tage später wurde eine Frau verbal bedroht und geschlagen. Der Angreifer sagte zu ihr: "Wir vergasen euch alle". Tamara Zieschang, Innenministerin des Landes Sachsen-Anhalt, bestätigte beide Vorfälle.
Am 1. Jänner wurde ein Mann auf einer Straßenbahnhaltestelle von fünf Männern und einer Frau mit Bierflaschen und Stöcken angegriffen. Der Mann wurde schwer verletzt.
Eine weitere Betroffene ist Sara, die eigentlich anders heißt. Gegenüber dem Mitteldeutschen Rundfunkt (MDR) erzählt sie, wie sie am Magdeburger Hauptbahnhof von einem Mann angespuckt wurde. "Ihr scheiß Ausländer", soll er zu ihr gesagt haben. Gegen den 45-jährigen Verdächtigen wird nun wegen Beleidigung, Körperverletzung und Hausfriedensbruch ermittelt. Er hätte den Bahnhof wegen eines Hausverbots gar nicht betreten dürfen.
Haustür mit Hackenkreuz beschmiert
Der 24-jährige Saeed vermeidet es seit dem Anschlag, nach 17 Uhr mit der Straßenbahn zu fahren, erzählt er gegenüber dem "Spiegel". Er arbeitet bei Lamsa und ist Vorsitzender des Syrisch-Deutschen Kulturvereins und im Integrationsbeirat der Stadt Magdeburg.
Saeed berichtet von einem Besuch bei einer syrischen Familie, deren Haustür mit einem Hackenkreuz beschmiert worden sei. Auf dem Nachhauseweg habe er dann mitbekommen, wie ein alkoholisiert wirkender Mann einen "ausländisch aussehenden Mann" in der Straßenbahn beleidigt habe. Als er dazwischenging, wurde auch er beleidigt und attackiert. Andere Fahrgäste hätten den Angreifer schließlich gestoppt. Auch Saeed hat Anzeige erstattet.
Saeed wirft der Stadt vor, bisher keine "klare öffentliche Positionierung gegen die rassistischen Angriffe" geäußert zu haben. Man fühle sich allein gelassen, erzählt er. Viele seiner Freunde mit Migrationshintergrund arbeiteten auf dem Weihnachtsmarkt oder waren Besucher dort. Auch sie seien Opfer des Anschlags.
"Wir sind ein Teil der Gesellschaft hier. Die Magdeburger Trauer ist unsere Trauer. Wir müssen uns nicht jedes Mal distanzieren von solchen Anschlägen. Der Täter war Islamhasser, ein AfD-Anhänger", so Saeed.
"Achtsam miteinander umgehen"
In einer gemeinsamen Erklärung haben vier der sieben Magdeburger Stadtratsfraktionen den Betroffenen des Anschlags ihr Mitgefühl ausgesprochen und zugleich Besorgnis über die Angriffe auf Menschen mit Migrationshintergrund geäußert.
"Solche Übergriffe sind abscheulich und widersprechen allem, wofür unsere Stadt steht. Wir verurteilen sie aufs Schärfste."
Sie riefen die Menschen in Magdeburg dazu auf, "achtsam miteinander umzugehen". Die Stadt dürfe jetzt nicht gespalten werden, sondern brauche Zusammenhalt und gegenseitige Unterstützung.
Zusammenfassung
- Nachdem ein saudi-arabischer Staatsbürger ein Attentat auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt verübte und mehrere Menschen tötete, häufen sich nun rassistische Übergriffe in der deutschen Stadt.
- Seit dem Attentat bis zum 10. Jänner wurden bereits 20 rassistische Übergriffe dokumentiert, darunter Körperverletzung, Beleidigungen und Drohbriefe.
- Ein erster Übergriff ereignete sich bereits am Abend des Attentats. So soll ein Deutscher einen Mann mit Migrationshintergrund ins Gesicht geschlagen und gesagt haben: "Wegen Leuten wie dir passiert sowas".
- Ein paar Tage später wurde eine Frau verbal bedroht und geschlagen. Der Angreifer sagte zu ihr: "Wir vergasen euch alle".
- Am 1. Jänner wurde ein Mann auf einer Straßenbahnhaltestelle von fünf Männern und einer Frau mit Bierflaschen und Stöcken angegriffen. Der Mann wurde schwer verletzt.