Schul-Neustart hat Mobilität wieder merklich erhöht
Während die Öffnung der Schulen ab Montag die Mobilität der Österreicher merklich miterhöht hat, hält sich der Effekt der Gastronomie-Öffnung unter Auflagen noch in Grenzen. Das zeigen neue Auswertungen anonymisierter Bewegungsdaten, die das Telekomunternehmen A1 und das Grazer Unternehmen Invenium an den Covid-19-Krisenstab liefern. Der Öffi-Verkehr ist demnach weiter im Hintertreffen.
Vor allem die Schul- und Geschäftsöffnungen trugen in den vergangenen Werktagen spürbar dazu bei, dass sich die Bewegungsmuster der Österreicher noch ein Stück weiter in Richtung jenes Niveaus verschoben haben, auf dem sie vor der Coronakrise waren. "Das war auch so zu vermuten", so das Fazit von Mario Mayerthaler von A1 und Michael Cik von Invenium angesichts der weiteren Schritte in Richtung "neue Normalität".
Während der Anteil der Österreicher, die pro Werktag weniger als einen Kilometer zurücklegen, von ungefähr 27 Prozent vor den Maßnahmen zur sozialen Distanzierung dann im Lockdown-Epizentrum - der Woche von 23. bis 27. März - auf 56 Prozent anwuchs, waren dieser Gruppe an den beiden ersten Tagen nach der Schulöffnung (18. und 19. Mai) nur noch 33 Prozent zuzurechnen. Ebenso groß ist mittlerweile die Gruppe der Menschen, die zwischen einem und zehn Kilometer zurücklegen, und die Gruppe der "Mobilen" mit einem Aktionsradius von zehn Kilometern und mehr. "Man sieht, die Bewegung nimmt jetzt schon wieder ordentlich zu. Wir sind schon relativ nahe am alten Bild", sagte Mayerthaler.
Spannend werde, wie stark es sich niederschlagen wird, wenn Großunternehmen wieder vermehrt aus dem Homeoffice-Modus heraus in die normale Präsenz im Betrieb wechseln. In Slowenien, wo die österreichischen Experten die Situation auch mit ihren Analysen verfolgen, wird etwa mit Juni-Beginn wieder zur normalen Büroarbeit aufgerufen. In Österreich gibt es so eine Empfehlung der Bundesregierung ja noch nicht. Außerdem werden in der Folge auch die Grenzöffnungen ein weiterer entscheidender Faktor sein.
Betrachtet man die Wochenenden, nimmt die Mobilität ebenfalls wieder zu - das Vorkrisen-Niveau zeigt das Gesamtbild der Auswertungen aber noch nicht. So sind etwa an den vergangenen beiden Samstagen jeweils 42 Prozent mehr oder weniger zuhause geblieben. Zum Vergleich: Vor der Krise lag der Wert beständig um die 38 Prozent. Die Gruppe der sehr mobilen Menschen bildeten vor den Maßnahmen meist rund 30 Prozent der untersuchten Bevölkerung. Nach einem zwischenzeitlichen Absinken dieses Wert auf nur acht Prozent legen jetzt wieder relativ stabil um die 25 Prozent samstags weitere Wege als zehn Kilometer zurück.
Trotzdem sei der Ansturm auf Geschäfte und die seit Freitag (15. Mai) unter Auflagen wieder geöffneten Gastronomiebetriebe "nicht nur gefühlt, sondern auch gemessen relativ überschaubar", so Mayerthaler. Das liegt vermutlich sowohl an den Abstands- und Maskenregeln, an der noch spürbaren Zurückhaltung in der Bevölkerung und dem mancherorts schlechten Wetter zum Wochenendstart. "Es ist mehr die Pflicht - also die Fahrt zum Arbeitsplatz oder zur Schule - und weniger die Lust auf einen Gasthausbesuch oder am Einkaufen, die die Leute zu mehr Mobilität bringt", sagte der Experte.
In der Wiener Mariahilfer Straße sowie am Stephansplatz und Graben lag das Passantenaufkommen laut Cik am Nachmittag des letzten Samstag höchstens bei der Hälfte des Aufkommens im Mai 2019. In der Innsbrucker Altstadt, wo das Fehlen von ausländischen Besuchern insgesamt weniger ins Gewicht fällt, ist der Unterschied weniger markant als in den klassischen Wiener Touristenmeilen.
Fast keine Anzeichen von Normalität zeigt weiter die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel: Im Fernverkehr liegt das Passagieraufkommen mit Stand Montag und Dienstag immer noch bei minus 70 Prozent. Im innerstädtischen und regionalen öffentlichen Verkehr beträgt der Rückgang auch noch "zwischen 40 und 60 Prozent", so Cik. "Das ist sicher ein Effekt, an dem man in nächster Zeit wird arbeiten müssen", sagte der Verkehrswissenschafter.
Die täglichen Analysen über die Bewegungsmuster des Spin-offs der Technischen Universität (TU) Graz, Invenium, beruhen auf Information darüber, welche Mobiltelefone sich über die SIM-Karte über den Tag verteilt an welchen Handymasten einwählen. Die Grunddaten bleiben zu jeder Zeit bei A1. Jedes Handy erhält eine für das Tracking automatisch zufällig generierte Nummer zugewiesen, die alle 24 Stunden neu vergeben wird.
Zusammenfassung
- Während die Öffnung der Schulen ab Montag die Mobilität der Österreicher merklich miterhöht hat, hält sich der Effekt der Gastronomie-Öffnung unter Auflagen noch in Grenzen.
- Das zeigen neue Auswertungen anonymisierter Bewegungsdaten, die das Telekomunternehmen A1 und das Grazer Unternehmen Invenium an den Covid-19-Krisenstab liefern.
- Zum Vergleich: Vor der Krise lag der Wert beständig um die 38 Prozent.
- Die Grunddaten bleiben zu jeder Zeit bei A1.