"Brutal, gewalttätig": Sieben Jahre Haft wegen "Folter"
Richterin Danja Petschniker sprach in der Urteilsbegründung von einem "außergewöhnlich hohen Maß an Gewalt" und hielt fest: "Diese Geschichte ist so brutal, gewalttätig, empathielos. Das geht über den Normalfall hinaus. Eigentlich kann man das nur als Folter bezeichnen." Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der bisher unbescholtene 44-Jährige meldete gegen die Entscheidung Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Die Staatsanwältin legte gegen das Strafausmaß Berufung ein.
Prozess neu aufgerollt
Die Strafsache war bereits im Juni 2023 am Landesgericht verhandelt worden, der 44-Jährige hatte auch damals eine siebenjährige Freiheitsstrafe wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung, Vergewaltigung und schwerer Nötigung ausgefasst. Seine mitangeklagte, um drei Jahre jüngere Partnerin erhielt als Beitragstäterin drei Jahre unbedingt.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hob die beiden erstinstanzlichen Urteile allerdings aus formalen Gründen auf. Eine Neudurchführung wurde angeordnet.
Lebensgefährtin erhielt geringere Strafe
Während es in dieser am Ende de facto zum selben Urteil für den Haupttäter kam, wurde die 41-Jährige nunmehr lediglich wegen dauernder Sachentziehung - sie hatte dem Opfer das Handy abgenommen und die SIM-Karte zerschnitten - zu drei Monaten auf Bewährung verurteilt.
Von der absichtlichen schweren Körperverletzung wurde sie im Zweifel freigesprochen. Die 41-Jährige erbat Bedenkzeit, die Staatsanwältin meldete dagegen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an.
"Mein Mandant war's nicht"
Die Angeklagten hatten sich in der Neuauflage wie schon beim ersten Mal "nicht schuldig" bekannt. "Mein Mandant war's nicht", sagte der Verteidiger des 44-Jährigen.
"Es sind auch andere Versionen möglich, so dass man nach dem Zweifelsgrundsatz vorzugehen und freizusprechen hat", meinte der Rechtsvertreter der Frau.
Das Opfer habe derart unterschiedliche Angaben gemacht, dass sich "der wahre Täter" womöglich gar nicht finden lassen werde. Der Anwalt verwies außerdem darauf, dass das Opfer einen Erwachsenenvertreter habe.
63-Jähriger musste Katzenkot essen
Das Paar hatte am 26. Jänner 2020 den Mann laut Anklage regelrecht gefoltert. Zunächst wurde mit einem Schleifstein bzw. mit Fäusten auf den 63-Jährigen eingeschlagen.
Als er zu Boden stürzte, soll sich der 44 Jahre alte Angeklagte bei einem damaligen Körpergewicht von mehr 130 Kilogramm mit voller Wucht auf ihn geworfen haben. Im Anschluss wollte man den Mann dazu zwingen, Katzenkot zu essen.
"Er hat so Angst gehabt vor weiteren Schlägen, dass er das auch gemacht hat. Er hat es in den Mund genommen, dann aber ausgespuckt", berichtete die Staatsanwältin eingangs der Verhandlung.
Der Mann sei auch mit einem Bambusstock malträtiert und damit lebensgefährlich verletzt worden: "Wenn er nicht rasch ärztliche Hilfe bekommen hätte, wäre er vermutlich gestorben."
Unterkühlt am Gehsteig gefunden
Passanten hatten den Schwerverletzten unterkühlt am Gehsteig vor der Wohnung vorgefunden, in der sich die Peinigungen ereignet haben sollen. Er behauptete zunächst, zwei unbekannte Jugendliche hätten ihn von hinten auf der Straße niedergeschlagen.
Nachdem er in einem Spital stationär aufgenommen und erstversorgt worden war, wurde rasch klar, dass das nicht stimmen konnte. Die inneren Verletzungen waren mit seiner Darstellung zum angeblichen Tathergang nicht in Einklang zu bringen.
Eigenen Sohn angeschwärzt
Daraufhin belastete der 63-Jährige zunächst seinen eigenen Sohn, der vorübergehend in U-Haft wanderte. Erst als sich herausstellte, dass der Sohn absolut nichts mit der Strafsache zu tun hatte, kam der 63-Jährige auf die Angeklagten zu sprechen.
Der Betroffene erlitt Frakturen am Halswirbel und am Brustwirbel, einen Jochbeinbruch sowie Serienrippenbrüche. Einem gerichtsmedizinischen Gutachten zufolge handelte es sich um schwerste Verletzungen, der Mann konnte aufgrund dessen keiner beruflichen Tätigkeit mehr nachgehen.
Streit wohl eskaliert
Das Paar hatte das Opfer unter einem Vorwand zu einem Treffen gebeten. "Es sollte eine Aussprache geben, um Unstimmigkeiten aus der Welt zu schaffen. Der Streit ist dann aus unerfindlichen Gründen eskaliert", sagte die Staatsanwältin. Apathie dürfte wohl ein mitausschlaggebendes Motiv für die Tathandlungen gewesen sein.
Einem psychiatrischen Gutachten zufolge weist der 63-Jährige zwar eine Intelligenzminderung auf, ist einfach strukturiert, neigt zu Ängstlichkeit und ist leicht manipulierbar. Die beigezogene Sachverständige hielt den Mann aber für aussagefähig und - tüchtig.
Der 63-Jährige trat nicht persönlich bei Gericht als Zeuge auf. Im Ermittlungsverfahren hatte die Staatsanwaltschaft ihn kontradiktorisch als Zeugen befragt, das mehrstündige Video mit seinen Angaben wurde im Gerichtssaal abgespielt.
Zusammenfassung
- Ein 44-jähriger Wiener, der einen Bekannten seiner Mutter schwer misshandelt hatte, ist am Mittwoch am Landesgericht zu sieben Jahren Haft verurteilt worden.
- Richterin Danja Petschniker sprach in der Urteilsbegründung von einem "außergewöhnlich hohen Maß an Gewalt".
- Das Paar hatte am 26. Jänner 2020 den Mann laut Anklage regelrecht gefoltert.
- Das Opfer erlitt lebensgefährliche Verletzungen.
- Das Urteil ist nicht rechtskräftig.