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Prozess um Diskreditierung eines steirischen Bürgermeisters

Eine Immobiliengesellschaft, hinter der russische Investoren standen, wollte in der steirischen Thermenregion ein Boutique-Hotel mit direktem Thermen-Zugang errichten. Als das Projekt scheiterte, wurde versucht, den Bürgermeister der betroffenen Gemeinde, seinen Vorgänger sowie den Bauamtsleiter zu diskreditieren. Am Mittwoch ist in dieser Sache am Wiener Landesgericht wegen fortdauernder Belästigung im Weg der Telekommunikation und Verleumdung verhandelt worden.

Die Immobilien-Entwickler fühlten sich von der Gemeinde betrogen. Sie behaupteten, der angeblich verbindlich zugesicherte Zugang zum Thermalwasser sei ihnen aus "unsachlichen Gründen" verwehrt und eine Baubewilligung "rechtswidrig" widerrufen worden. Korruptionsvorwürfe gegen die lokalen Entscheidungsträger wurden erhoben, Anzeigen wegen Amtsmissbrauchs bei der Staatsanwaltschaft Graz eingebracht. Nachdem die Grazer Strafverfolgungsbehörde erste Sachverhaltsdarstellungen zurückgelegt hatte, wurde der Versuch unternommen, die Gemeinde-Verantwortlichen in ein schlechtes Licht zu rücken.

Zwischen Herbst 2021 und Frühjahr 2022 gingen nämlich beim steirischen Landeskriminalamt, bei der Landespolizeidirektion und bei der Staatsanwaltschaft etliche weitere Anzeigen gegen den amtierenden Bürgermeister, dessen Vorgänger sowie den Bauleiter ein, in denen die drei als "kriminelle Vereinigung" bezichtigt wurden. Von "Wählerstimmenkauf", "rechtswidriger Bewilligung von Flachdächern" oder "rechtswidrigen Asphaltierungen" war in den Eingaben die Rede, dem Ortsvorsteher wurde außerdem "Fremdenfeindlichkeit", "Diktatur" und "Faschismus" unterstellt. Man wollte auch den Wikipedia-Eintrag der Gemeinde manipulieren, indem die Immobilien-Entwickler einer Assistentin der Geschäftsführung aufgetragen haben sollen, Änderungen mit den Bürgermeister herabsetzenden Inhalten vorzunehmen. Die Assistentin unternahm sogar den Versuch, die bestehende Wikipedia-Seite mit Fotomontagen zu versehen, die das Bild des Bürgermeisters neben jenem von Adolf Hitler und Heinrich Himmler gezeigt hätten. Die Versuche, den Wikipedia-Eintrag zu manipulieren, scheiterten jedoch - die vorgenommenen Änderungen wurden nicht freigegeben und gingen damit nicht online.

Am Mittwoch hätten sich der starke Mann hinter der Immobiliengesellschaft, ein 53-jähriger Russe, dessen Schwiegersohn und die frühere Assistentin der Geschäftsführung vor Einzelrichter Hartwig Handsur im Grauen Haus zu verantworten gehabt. Die Verhandlung war im Vorfeld von Graz nach Wien delegiert worden. Die beiden Männer kündigten jedoch kurz vor dem Verhandlungstermin ihrem bisherigen Rechtsvertreter die Vollmacht, sodass lediglich gegen die 44-jährige Frau verhandelt werden konnte.

Die von Verteidiger Florian Kreiner vertretene Angeklagte gab zu, sie habe den Wikipedia-Eintrag ändern wollen, habe dabei aber auf Anweisung gehandelt. Die Inhalte, die sie ins Netz spielen wollte, habe man ihr vorgelegt. Sie habe sich damit nicht auseinandergesetzt. "Sie hatte keinerlei Vorsatz. Sie hatte von den Inhalten keine Kenntnis", betonte Kreiner.

Die 44-Jährige kam schließlich mit einer diversionellen Erledigung davon. Sie erklärte sich zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 440 Euro bereit, im Gegenzug entging sie einer Verurteilung und gilt damit weiter als unbescholten. Der Staatsanwalt war mit diesem Vorgehen einverstanden, die Entscheidung ist somit rechtskräftig.

Wann die Verhandlung gegen die beiden männlichen Angeklagten fortgesetzt wird, ist unklar. Termin gibt es dafür noch keinen. Gegen die von den Vorgängen betroffenen Gemeindepolitiker sind keine Ermittlungsverfahren anhängig.

ribbon Zusammenfassung
  • Eine Immobiliengesellschaft mit russischen Investoren scheiterte beim Bau eines Boutique-Hotels in der steirischen Thermenregion und versuchte daraufhin, den Bürgermeister und andere Gemeindeverantwortliche zu diskreditieren.
  • Am Wiener Landesgericht wurde wegen fortdauernder Belästigung und Verleumdung verhandelt, wobei eine 44-jährige frühere Assistentin der Immobiliengesellschaft eine Geldbuße von 440 Euro akzeptierte, um einer Verurteilung zu entgehen.
  • Die Verhandlung gegen die beiden männlichen Angeklagten wurde verschoben, während gegen die betroffenen Gemeindepolitiker keine Ermittlungsverfahren laufen.