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Programm für Jugendliche wegen Sexting & Co. läuft "positiv"

Ein sexual- und sozialpädagogisches Programm des Bewährungshilfe-Vereins Neustart wendet sich an Jugendliche, die wegen Kindesmissbrauchsbildern mit dem Gesetz in Konflikt kommen. 123 Klienten und vier Klientinnen wurden nun im ersten Jahr zugewiesen, hieß es Montag im Ö1-"Morgenjournal". Davon waren 20 Betroffene zwischen 14 und 16 Jahre alt, der Rest war älter, hatte im Zuweisungszeitpunkt das 18. Lebensjahr aber noch nicht vollendet und war somit minderjährig.

Die meisten teilnehmenden Jugendlichen gab es im heurigen Jahr mit 23 in Oberösterreich, die wenigsten mit neun bzw. zehn in Vorarlberg und Tirol, präzisierte Neustart-Sprecher Thomas Marecek gegenüber der APA. Ziel des Programms ist, Verurteilungen als Sexualstraftäter zu verhindern, denn die können weitreichende Folgen haben. Neustart zog nun eine positive Zwischenbilanz.

Mit dem Fall Teichtmeister war der Besitz von bildlichem sexualbezogenem Kindesmissbrauchsmaterial in den Fokus gerückt, die Strafen dafür wurden vor einem Jahr deutlich verschärft. Die Hälfte der nach § 207a StGB Angezeigten sind allerdings nicht Erwachsene, die sich im Internet bzw. Darknet gezielt entsprechendes Material besorgen, sondern Jugendliche, die zum Beispiel im Zusammenhang mit Sexting auffallen. So bezeichnet sich das Verhalten, sexuell eindeutige Nachrichten, Fotos oder Videos per mobile Messaging zu verschicken.

Mit dem sechsmonatigen Programm sicher.net wird mit den Betroffenen in Einzel- und Gruppensettings intensiv gearbeitet. Denn Jugendliche, die Nacktfotos und Videos Gleichaltriger besitzen und in Chatgruppen verbreiten, machen sich strafbar, betonte Thomas Marecek vom Bewährungshilfeverein.

Neustart kläre sie "über den rechtlichen Rahmen auf. Welche Darstellungen sind erlaubt? Wann mache ich mich strafbar als junger Mensch? Wofür brauche ich das Einverständnis der abgebildeten Person? Und da merken wir, dass es sehr viele Aha-Erlebnisse gibt, denn die Jugendlichen sind sich oft schlicht nicht bewusst, dass sie jetzt zum Beispiel durch den Besitz eines bestimmten Bildes oder eines Videos gegen das Gesetz verstoßen", so Marecek im Radio.

Die Hälfte der 127 Klienten und Klientinnen im ersten Jahr sei über eine Diversion zugewiesen worden, die andere Hälfte nach Verurteilungen, etwa nach dem Verbots- oder Suchtmittelgesetz. "Was wir da auch gemerkt haben, ist, dass bei jenen, die verurteilt worden sind, häufig auch noch andere Delikte mit im Spiel waren", berichtete Marecek. Beim Bewährungshilfeverein sieht man das Programm als bessere Alternative zu einer Strafe, denn die Jugendlichen tragen ihr Wissen auch weiter in ihre Freundeskreise.

Das Programm "sicher.net § 207a" kommt zur Anwendung, wenn Jugendliche nach einer strafrechtlichen, zur Bewährung ausgesetzten Verurteilung oder diversionellen Erledigung infolge des Besitzes oder der Weitergabe von Kindesmissbrauchsmaterial der Bewährungshilfe zugewiesen werden. Die Minderjährigen werden in Medienkompetenz, dem Umgang mit Pornografie und den rechtlichen Rahmenbedingungen rund um Missbrauchsdarstellungen geschult.

ribbon Zusammenfassung
  • Ziel des Programms ist es, Verurteilungen als Sexualstraftäter zu verhindern. Die Jugendlichen werden in Medienkompetenz und rechtlichen Rahmenbedingungen geschult. Besonders in Oberösterreich war die Teilnahme mit 23 Jugendlichen am höchsten.
  • Die Hälfte der Teilnehmer wurde über eine Diversion zugewiesen, die andere Hälfte nach Verurteilungen. Das Programm wird als positive Alternative zu Strafen gesehen, da es Wissen in die Freundeskreise der Jugendlichen weiterträgt.