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Terror-Schnittstelle "der Ukrainer" und Österreich

Die drei Verdächtigen rund um mögliche Anschlagspläne auf die Regenbogenparade in Wien standen teilweise in Kontakt mit einem angeblichen Ukrainer, der sich in Terror-Chats Abu H. nennt. Die Chats eines Terrorverdächtigen aus Belgien geben Einblick in seine Vernetzung und seinen Bezug zu Österreich.

Im vergangenen Sommer wurden drei junge Männer vorübergehend festgenommen, weil sie mutmaßlich einen Anschlag auf die Regenbogenparade in Wien planten. Die drei Verdächtigen - zwei Brüder mit bosnischen Wurzeln im Alter von 18 und 20 Jahren sowie ein 15-Jähriger mit tschetschenischen Wurzeln - bestreiten die Anschlagspläne.

Auf den Handys der drei Verdächtigen fanden die Ermittler mehrere Telegram-Chats mit Islamisten aus anderen europäischen Ländern. Der 15-Jährige hatte sogar selbst einen Terror-Kanal auf Telegram eröffnet und dort IS-Propagandamaterial sowie Bombenanleitungen gepostet.

In einem der Chats der drei Verdächtigen war auch ein 16-Jähriger aus Belgien aktiv. Der Belgier mit tschetschenischen Wurzeln hat wohl nicht direkt mit den Verdächtigen aus Österreich gechattet, wie aus belgischen Ermittlungsakten hervorgeht, die PULS 24, "Standard" und APA vorliegen. Sehr wohl teilen sie sich aber einen gemeinsamen Kontakt: einen Ukrainer, der sich in den Chats Abu H. nennt.

Der Belgier und der Ukrainer

Der 16-jährige Belgier wurde Mitte Februar letzten Jahres festgenommen. Seine Einvernahme und die Auswertung seines Handys durch die belgischen Behörden zeigen eine hohe Motivation für Anschläge und auch konkrete Überlegungen. Besonders mit dem Ukrainer Abu H. tauschte er sich über Anschlagspläne aus.

So suchte der 16-Jährige Expertise in Sachen Sprengstoffherstellung. Er besprach sich mit dem Ukrainer auch intensiv über mögliche Anschlagspläne, etwa auf eine Kirche. Der 16-Jährige hatte auch bereits in seinem Zimmer für ein Bekennervideo mit IS-Flagge geübt, wie Videos auf seinem Handy zeigen.

Die beiden besprachen auch eine mögliche Ausreise ins Gebiet des aktuell aktivsten IS-Ablegers "Islamischer Staat Khorasan Provinz" (ISKP).

Großes Thema für die beiden waren auch die Koranverbrennungen in Schweden. Der Belgier und sein ukrainischer Gesprächspartner überlegten auch hier eine gemeinsame Reise dorthin für Anschläge - unter anderem über Österreich.

Wie gut ist der Ukrainer in Österreich vernetzt?

Der Ukrainer scheint in Österreich vernetzt zu sein, wenn man seinen Chats mit dem 16-Jährigen aus Belgien glaubt. Der Ukrainer erzählt mehrmals von "Brüdern aus Österreich", einer davon soll sich zwischenzeitlich in Haft befunden haben. Gemeint sind dabei aber wohl nicht die beiden terrorverdächtigen Brüder, sondern ideologische Glaubensbrüder.

Besonders rund um die Koranverbrennungen in Schweden ist Österreich ein Thema. Zunächst überlegen die beiden, gemeinsam über Österreich nach Schweden zu reisen. Diese Pläne verwerfen sie. Der Ukrainer erzählt, dass einer derjenigen, die in Schweden Korane verbrannt haben, eigentlich in Wien lebe und Jude sei. Ein "Bruder in Wien" wisse sogar dessen genaue Adresse. Kurz überlegen sie einen Mordanschlag in Wien.

Bei Wien als eigentlichen Wohnort eines Koran-Verbrenners scheint es sich um ein Gerücht aus Islamisten-Kreisen im Internet zu handeln, ebenso wie die Annahme, dass dieser Jude sei. Von den belgischen Ermittlern darauf angesprochen, meint der 16-Jährige, "das wird in diesen Videos gesagt" - gemeint sind wohl islamistische Propagandavideos im Internet.

Der Ukrainer stand in jedem Fall auch mit dem inzwischen 15-jährigen Terrorverdächtigen aus Wien in direktem Kontakt. Entsprechende Chats auf dem Handy des Burschen bestätigen dies. Ob der Ukrainer auch mit anderen Islamisten in Österreich im direkten Austausch stand, ist noch unklar. Der Belgier spricht in seiner Einvernahme noch mindestens von einem weiteren Chat-Teilnehmer, der "vielleicht Österreicher" sei.

Wer ist der Ukrainer?

Abu H., der von allen als Ukrainer bezeichnet wird, ist laut Sicherheitsbehörden aktuell in der Ukraine in Haft. Der 16-Jährige aus Belgien sagte bei seiner Einvernahme, dass der Ukrainer gleich alt wie er sei - ob dies tatsächlich der Fall ist, ist unklar. Der 16-Jährige vermute auch, dass er tadschikische Wurzeln habe, da er sehr gut über Zentralasien und die tadschikische islamistische Community Bescheid wisse.

Der Staatsanwaltschaft St. Pölten liegen bisher noch keine Handyauswertungen des Ukrainers vor. Etwaige Kontakte zu noch unbekannten Islamisten in Österreich sind möglich. Die Ermittlungen laufen weiter. Die drei österreichischen Terrorverdächtigen sind inzwischen wieder auf freiem Fuß.

Ebenfalls ungeklärt ist, ob der Ukrainer Verbindungen zum ISKP hat. Zuletzt haben Sicherheitsbehörden in Wien und Köln zwei mutmaßliche Terrorzellen ausgehoben, die koordinierte Anschläge vor Weihnachten planten. Viele der Verdächtigen sind Tadschiken, zumindest die deutsche Zelle soll laut Information der Behörden Kontakte in die Ukraine gehabt haben.

ribbon Zusammenfassung
  • Die drei Verdächtigen rund um mögliche Anschlagspläne auf die Regenbogenparade in Wien standen teilweise in Kontakt mit einem angeblichen Ukrainer, der sich in Terror-Chats Abu H. nennt.
  • Der Ukrainer stand auch in regen Kontakt mit mindestens einem weiteren Terrorverdächtigen.
  • Die Chats eines Terrorverdächtigen aus Belgien geben Einblick in seine Vernetzung und seinen Bezug zu Österreich.