Phänomen Rammbock-Einbrüche wird wieder häufiger
Die aktuelle Häufung mit drei Fällen in Wien und zweien in Niederösterreich zu erklären, sei schwierig. "Aber wenn man sieht und hört, dass die Täter immer mit großer Beute flüchten konnten, dann ist das durchaus möglich, dass es zu Nachahmungstaten kommt."
Stets würden sich solche Einbrüche binnen kurzer Zeit abspielen. "Das ist eine sehr schnelle Methode. Ich hab' sofort die Türe offen und mein Fluchtfahrzeug parat." Besonders zu früheren Zeiten sei das Vorgehen mittels eines zum Rammbock umfunktionierten Pkw populär gewesen. "Wir hatten früher ja zahlreiche Fälle mit großen Elektromarktketten", erinnerte sich Seidl zurück an eine österreichweite Serie von Blitz-Coups in mehreren Bundesländern im Jahr 2015.
In Wien kam es heuer bisher zu drei derartigen Einbrüchen. Am 2. April gegen 3.30 Uhr hatten Unbekannte mit einem Pkw die Auslage einer luxuriösen Herrenboutique in der Innenstadt gerammt und dabei Kleidungsstücke im sechsstelligen Wert erbeutet. Am 20. Juni gegen 3.15 Uhr wurde die Auslage eines Juweliers im Donauzentrum in Wien-Donaustadt gerammt. Am Sonntag gegen 3.30 Uhr kam es zum bisher letzten Coup, erneut bei dem Herrenausstatter in der Innenstadt. Die Schadenssumme liegt erneut im sechsstelligen Bereich. Im Mai war es auch bei jeweils einem Juwelier in der SCS in Vösendorf und einem in Baden zu Rammbock-Einbrüchen gekommen.
Generell handle es sich häufig um ausländische Tätergruppen, die nach diesem Muster vorgingen. Wobei Seidl festhält: "Ob ich Kleidung stehle oder Schmuck, sind zwei völlig unterschiedliche Qualitäten." Ein Zusammenhang zwischen den Einbrüchen bei den Juwelieren und jenen bei dem Herrenausstatter sei daher eher unwahrscheinlich.
Seidl appellierte im Vorfeld der beginnenden Hochzeit für Dämmerungseinbrecher auch an die Bevölkerung. "Wenn man etwas Verdächtiges wahrnimmt, nicht scheuen und die Polizei rufen." Doch auch "Hausverstand einzuschalten" sei wichtig. "Im Winter sollte man nicht Leitern oder Sessel im Garten stehen lassen." Das komme quasi einer Einladung an potenzielle Einbrecher gleich. "Es gibt Banden, die sich speziell auf so etwas spezialisiert haben, und gerade am Stadtrand von Wien kommt das häufig vor." Anwesenheit vorzutäuschen sei "das beste Mittel", um Einbrüchen vorzubeugen. "Licht kann man relativ einfach mit Zeitschaltuhren steuern, Fernseher auch oft vorprogrammieren."
In der "Hochsaison" von November bis Jänner finden laut Bundeskriminalamt pro Jahr österreichweit rund 1.000 Dämmerungseinbrüche statt. Speziell in diesem Bereich sei der Anteil an reisenden Tätern enorm hoch. "Das hat uns Corona gezeigt", so Seidl. "Sie kommen nur für den Einbruch und flüchten dann sofort wieder in ihre Heimat", so Seidl. Oft handle es sich dabei um Länder aus dem osteuropäischen Raum.
"Allein in Wien haben wir es mit zehn bis 15 verschiedenen Tätergruppen in unterschiedlicher Zusammensetzung zu tun", schätzt Seidl. Häufig sei dann Österreich im Zuge eigener Routen eines der ersten Ziele für den Beutezug.
Vor allem zwei Typen von Tätern seien den Ermittlern in diesem Zusammenhang bestens bekannt. So sei zwischen gelegentlichen Tätern mit teils auch geregeltem Einkommen, die "ihren Luxus erhalten wollen", und "Profis" zu unterscheiden. "Der Berufseinbrecher sieht das Einbrechen als Arbeit", hieß es. "Der kann nichts Anderes und reist wie wild durch die Gegend."
Zusammenfassung
- Drei Coups in knapp sechs Monaten: Die Ermittler der Wiener Polizei gehen aktuell einer spektakulären Serie an Einbrüchen mit einem als Rammbock benutzten Auto nach.
- Eine Vorgehensweise, die bei der Polizei bereits bestens bekannt ist.
- "Es ist ein eigentlich altes Phänomen, das derzeit wieder häufiger auftaucht", sagte Hans-Peter Seidl vom Referat für Einbruchsdiebstahl im Bundeskriminalamt der APA.