Kein Strom, kein Gas: Österreicher sucht Familie in Trümmern
"Kälte, Verzweiflung, Hoffnungslosigkeit": So beschreibt der 63-Jährige die Lage in seiner Heimatstadt an der türkischen Mittelmeerküste. "30 Prozent der Stadt sind völlig zerstört, weitere 30 sind unbewohnbar", schätzt der Österreicher mit Wurzeln in der Türkei. "Wir haben keinen Strom, es ist eiskalt hier", sagte er im Telefongespräch mit der Austria Presse Agentur.
"Haben uns fest umarmt": Mutter konnte nicht aus dem Bett
Seit Jänner ist Sümbültepe in der Türkei, am Sonntag reiste er von Istanbul weiter nach Iskenderun zu seiner Mutter, um seinen kurz zuvor verstorbenen Bruder zu beerdigen. Nur wenige Stunden später riss das verheerende Beben ihn und die betagte Frau aus dem Schlaf. "Ich bin sofort aufgestanden und habe versucht mit ihr zu flüchten." Doch weil seine Mutter krank sei, habe sie nicht aufstehen können, so der Wiener. "Wir haben uns fest umarmt und gewartet, was passiert. Wir hatten Glück, dass das Haus durchgehalten hat."
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Kein Strom, kein Gas, kein Supermarkt
Laut Behördenschätzungen sind 13,5 Millionen Menschen vom Beben betroffen. Die Temperaturen sind nur knapp über dem Gefrierpunkt. "Wir haben keinen Strom und kein Gas im Haus meiner Mutter. Wir wohnen jetzt zu zwölft bei meiner Schwester. Sie hat einen Holzofen." Es sei eiskalt, so der Betroffene. Auch die Versorgung mit Lebensmitteln sei schlecht. "Es gibt keinen einzigen Supermarkt mehr. Wir haben nur trockenes Brot."
Zu viele Tote: Kein Begräbnis in der Stadt möglich
Die Zahl der Todesopfer nach dem verheerenden Erdbeben stieg mit Stand vom Mittwoch auf über 11.000. Darunter befindet sich auch der Mann von Sümbültepe Nichte. "Sie und ihre Kinder wurden schwer verletzt ins Spital gebracht, aber nicht behandelt", sagte er. Am Mittwoch begrub die Familie den Toten. "In der Stadt gibt es keine Möglichkeit dafür. Wir müssen 40 Kilometer in ein Dorf fahren." Es gebe keine Hilfe durch die lokalen Behörden. Über 40.000 Menschen sind laut Behörden in der Stadt verletzt, rund 5.775 Gebäude eingestürzt.
Verzweifelte Suche nach Familie und Baby
Fünf Verwandte, darunter ein zehn Monate alter Säugling, sind immer noch unter den Trümmern verschüttet. "Sie waren in einem 14-stöckigen Wohnhaus. Wir haben sie 20 Stunden gesucht und anderen Menschen Erste Hilfe geleistet."
Die Lage in Iskenderun spitze sich immer mehr zu. "Wir sind verzweifelt", so Sümbültepe. Es gebe viel zu wenig Hilfskräfte in der Stadt, die Behörden versänken im Chaos. Ihre Ausstattung sei zudem schlecht, schildert er im Gespräch mit der APA. Die Zivilbevölkerung ist laut ihm vor allem auf Freiwillige angewiesen.
Zusammenfassung
- Der Österreicher Semsettin Sümbültepe machte in der Türkei bei seiner 84-jährigen Mutter Urlaub, als am Montag in der Nacht die Erde zu beben begann und die Hafenstadt Iskenderun dem Erdboden gleichmachte.
- Wie durch ein Wunder überlebten die beiden. Er berichtet über seine Verzweiflung - ohne Strom, Heizung und mit Verwandten, die noch unter den Trümmern liegen.