Laut Grazer Virologen sind Corona-Partys "verantwortungslos"
Geimpft oder genesen: Wer keines der beiden Kriterien vorlegen kann, wird von praktisch allen öffentlichen Vergnügungen ausgeschlossen. Im obersteirischen Bezirk Liezen sollen laut Bericht der "Kleinen Zeitung" (Mittwochausgabe) immer wieder sogenannte "Coronapartys" stattfinden, bei denen gesunde Ungeimpfte bewusst auf Infizierte treffen, um sich anzustecken und immun gegen das Virus zu werden - bzw. für die nächsten Monate die Lizenz für mehr Freiheit in den Händen zu halten. "Wir haben das sowohl im Ennstal als auch im Ausseerland. Oft findet es nur in kleineren Ortschaften statt, aber es gibt viele solche Zusammenkünfte", wurde eine Ärztin aus dem Bezirk zitiert, die anonym bleiben möchte.
Für den Grazer Virologen und Leiter des Instituts für Krankenhaushygiene und Mikrobiologie der KAGes sprechen klare Gründe dagegen, eine Coronainfektion durch ein bewusst herbeigeführtes Treffen mit infizierten Personen herbeizuführen: Es falle nicht nur das Risiko eines schweren Verlauf bis hin zur Intensivstation ins Gewicht, sondern auch die Liste der möglichen Langzeitfolgen, die man bisher nach einer Infektion und auch bei leichten Verläufen beobachten konnte. "Die Langzeitfolgen reichen von Geschmacks- und Geruchsstörungen, über Konzentrationsschwächen, Schlafstörungen bis hin zu psychischen Veränderungen", wie Vander ausführte.
"Jene, die mit dieser Idee liebäugeln, dürften sich für unverwundbar halten und wissen nicht, wie risikoreich sie handeln: Die Wahrscheinlichkeit einer Komplikation während der Infektion ist neben dem Alter abhängig von körpereigenen Risikofaktoren - und wer kennt die schon genau. Das ist das Unwägbare, und ja, es kann dann doch passieren und dann gibt es die schweren, belastenden und ganz tragischen Folgen", warnte Vander. Die Impfungen hingegen böten einen wirklich guten Schutz vor schweren Verläufen.
Sich "willentlich und wissentlich" mit dem Krankheitserreger anstecken zu lassen, "widerspricht dem Prinzip jeglichen modernen Wissens", wie es der Grazer Primar formulierte. "Die mutwillige Aussetzung gegenüber einer Infektion im Erwachsenenalter ist einfach verantwortungslos", betonte Vander. Mit Inkaufnahme des Restrisikos werde nicht zuletzt das Gesundheitssystem unnötig belastet. Zusätzlich werde mit dieser Vorgehensweise jedenfalls die Zahl der Infektionen nicht so niedrig wie möglich gehalten, sondern das Gegenteil bewirkt.
Zusammenfassung
- Die Lage in Spitälern spitzt sich zu, Mediziner haben genug zu tun, weil das Coronavirus immer weiter um sich greift und die Neuinfektionen täglich neue Rekordwerte erreichen.
- Doch nun gibt es offenbar Erwachsene, die sich mit Absicht anstecken wollen, damit sie den "Genesen"-Status erreichen.
- Der Grazer Virologe Klaus Vander riet auf Anfrage der APA vehement davon ab, den Körper auf diese Weise eine "natürliche Immunität" entwickeln zu lassen.