Noch kein Urteil im Drogenprozess um "Ibiza-Detektiv"
Der Angeklagte wurde ergänzend befragt, er bestreitet die Vorwürfe. Belastet wird der in U-Haft sitzende Mann von zwei Zeugen, deren bisherige Aussagen einander teilweise widersprechen. Der Privatdetektiv soll laut Staatsanwaltschaft 2017 und 2018 insgesamt 1,25 Kilo Kokain mit einem Reinheitsgehalt von zumindest 70 Prozent nahe der niederösterreichischen Stadt Haag (Bezirk Amstetten), in Salzburg und Oberösterreich zu einem Grammpreis von 40 Euro an einen Bekannten übergeben haben. Damit soll Hessenthaler der Anklage zufolge Schulden beglichen bzw. seine triste finanzielle Situation aufgebessert haben.
PULS 24 Chronik-Chefreporterin Magdalena Punz fasst die Details zum Prozess zusammen.
Belastet wird der 41-Jährige von einem ehemaligen Geschäftspartner und dessen früherer Geliebten. Der Mann hatte angegeben, er habe ursprünglich in seinem Prozess wegen Drogenhandels in Salzburg "reinen Tisch machen" und gegen Hessenthaler aussagen wollen. Weil seine Mutter kurz vor seiner Hauptverhandlung von zwei Männern bedroht worden sei, habe er dann aber anders entschieden und den 41-Jährigen erst danach belastet. Der Mann vermutet, dass Hessenthaler hinter der Einschüchterung steckte. Das wurde bestritten.
Verhandlung wird fortgesetzt
Am Mittwoch sollte dazu die in Serbien lebende Frau per Videokonferenz als Zeugin befragt werden. Die Einvernahme "konnte nicht bewerkstelligt werden", teilte der Richter zu Prozessbeginn mit. "Es wird heute nicht der letzte Tag der Verhandlung sein", erklärte er. Die Verteidiger hielten nämlich ihren Antrag auf Einvernahme der Zeugin aufrecht und waren weiterhin nicht mit der Verlesung ihrer Aussagen einverstanden. "Das Verfahren wird dadurch nicht beschleunigt", sagte der Richter zum Angeklagten.
Das Gericht habe seit Dezember "alle Wege unternommen", das Rechtshilfeersuchen an die serbischen Behörden zu beschleunigen, teilte der Richter mit. Trotz E-Mail-Urgenzen sei es aber nicht möglich gewesen, die Befragung zustande zu bringen. Als Grund werde von serbischer Seite angegeben, dass das "zu kurzfristig" sei, meinte der Richter. Die Videokonferenz soll nun im März stattfinden, ein Termin stand vorerst nicht fest.
"Habe in Angst gelebt"
Thema war am Mittwoch das von der Staatsanwaltschaft vermutete Motiv - finanzielle Probleme. Der Richter hinterfragte dazu den Verkauf von Firmenanteilen durch Hessenthaler. Dies stand laut dem Angeklagten in Verbindung mit einem Projekt. Geldsorgen bestritt er hingegen: Ausgaben wie Mieten und für Autos sowie Lebenskosten habe er zahlen können. In Bezug auf das Ibiza-Video sagte der Richter: "Ich habe mich sehr gescheut, dieses Thema in den Prozess einfließen zu lassen", dennoch müsse er es nun zum Thema machen. Eine Nachricht legt laut dem Richter nahe, dass der Angeklagte eine Bargeldzahlung vom "Spiegel" erwartet habe. "Ich habe Geld weder erwartet noch bekommen", betonte Hessenthaler. Er verwies diesbezüglich auch auf ein laufendes Zivilverfahren in Deutschland. "Weder der 'Spiegel' noch die 'SZ' noch sonst jemand hat für die Veröffentlichung des Videos Geld gezahlt", hielt der Angeklagte fest.
Befragt wurde Hessenthaler auch zu Nachrichten wie "Langsam kann ich mir einen Strick und einen hohen Ast suchen" und "Ich will sterben. Diese roten Idioten kommen bezüglich Geld nicht weiter". Der 41-Jährige berichtete von schlaflosen Nächten und der Vermeidung sozialer Kontakte wegen des Ibiza-Videos: "Ich habe in Angst gelebt." Der Angeklagte meinte weiters dazu, dass nach der Veröffentlichung der Aufnahme bekannt geworden sei, dass es Kontakt mit der SPÖ gegeben habe.
"Am Anfang ging es um Schwarzgeldwaschung und Korruption. Das ist etwas, was mich nicht sonderlich überrascht in politischen Kreisen", so der 41-Jährige zum Ursprung des Videos. Was ihn dann aber schockiert habe, war u.a. "die Absicht, Wahlen zu manipulieren" sowie "Verbindungen in osteuropäische Kreise". Hessenthaler hielt zum Video fest: "Privater Profit war für mich kein Motivator". An einem gewissen Punkt war der Angeklagte seiner Aussage zufolge selbst so verstrickt, dass er eine niedrige fünfstellige Summe für die Aufnahme zuschoss. Eine Absicherung des ehemaligen Bodyguards von Ex-Vizekanzler und FPÖ-Parteichef Heinz-Christian Strache sei über ein Treuhandkonto geplant gewesen.
Bis zu 15 Jahre Haft
Nach den ergänzenden Fragen an den Angeklagten standen Verlesungen auf dem Programm. Wortwörtlich zitiert wurde dabei u.a. das Schreiben Hessenthalers an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, um sich und sein Umfeld zu schützen. Er habe sich in ein "heikles Medienprojekt eingebracht", mit dem Video habe er die "Korruptionsanfälligkeit der FPÖ" zeigen wollen, hieß es darin. Das Risiko sei ihm bis zu einem gewissen Grad bewusst gewesen, er habe aber "nicht mit einer derartigen politischen Änderung gerechnet", schrieb der 41-Jährige hinsichtlich der damaligen Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen. Am Mittwochnachmittag war die Erörterung eines Sachverständigengutachtens geplant.
Die Verteidiger haben in Bezug auf die Anklage von konstruierten und politisch motivierten Vorwürfen gesprochen. Hessenthaler brachte ins Spiel, dass der Zeuge Geld bzw. Sachleistungen in Form von Rechtsanwaltshonorar für falsche Vorwürfe gegen ihn erhalten haben soll. Das dementiert der Betroffene. Im Fall eines Schuldspruchs drohen bis zu 15 Jahre Haft.
Hessenthaler soll das Video produziert haben, auf dem der damalige FPÖ-Chef und Vizekanzler Strache und FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus in einer Villa auf Ibiza im Gespräch mit einer vermeintlichen Oligarchennichte zu sehen sind. Nach Veröffentlichung der Aufnahmen im Mai 2019 verloren nicht nur Strache und Gudenus ihre Jobs, sondern es kam auch zum Bruch der türkis-blauen Koalition. Eine Neuwahl war die Folge.
Zusammenfassung
- Am Mittwoch ist der Prozess um Drogenhandel gegen den mutmaßlichen Drahtzieher des Ibiza-Videos, Julian Hessenthaler, am Landesgericht St. Pölten fortgesetzt worden.
- Auch am fünften Verhandlungstag wird es kein Urteil geben - eine Zeugeneinvernahme per Videokonferenz konnte nicht stattfinden.
- Der Angeklagte wurde ergänzend befragt, er bestreitet die Vorwürfe.
- Belastet wird der in U-Haft sitzende Mann von zwei Zeugen, deren bisherige Aussagen einander teilweise widersprechen.