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Nach zwei Jahren Pandemie bei Medikamenten "Luft nach oben"

Zwei Jahre nach den ersten SARS-CoV-2-Fällen in Österreich herrscht bei der Behandlung von Infizierten noch Verbesserungsbedarf. Das sagte der klinische Pharmakologe Markus Zeitlinger im APA-Gespräch über die verfügbaren Medikamente gegen Covid-19. Es gebe "Luft nach oben" bei der Effektivität und der Einfachheit der Verabreichung sowie das Manko bei allen antiviralen Mitteln, "dass man sie früh geben muss". Der Mediziner erwartet aber Verbesserungen, auch bei den Impfungen.

Bei der medikamentösen Behandlung werden einerseits Mittel eingesetzt, die bereits gegen andere Krankheiten angewandt wurden. "Eines der mächtigsten Medikamente ist Cortison bzw. Dexamethason", erläuterte Zeitlinger. Cortison könne bei schweren Verläufen Leben retten, indem es die Entzündungsreaktion bremst, kann aber nicht früh angewandt werden, da es nicht antiviral wirkt. Ähnliches hätten die Medizinerinnen und Mediziner "bei der künstlichen Beatmung und anderen Medikamenten gelernt, die wir schon hatten".

Bei den anderen - spezifisch gegen Covid-19 - angewandten Mitteln, ist es "im Moment so, dass wir sieben Medikamente EU-weit zugelassen haben", berichtete der Leiter der Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni/AKH Wien. Drei weitere seien knapp vor der Zulassung, darunter Molnupiravir, für das die EU-Arzneimittelbehörde EMA eine Genehmigung für die Verwendung bereits vor der Zulassung ausgesprochen hat.

Diese Arzneien unterteilen sich in gänzlich neue Medikamente und "Repurposing"-Medikamente, also für einen anderen Zweck getestete Mittel, die für Covid-19 umgewidmet wurden. Bei Letzteren habe es viele Rückschläge gegeben, von Hydroxychloroquin gegen Malaria bis zum Pferde-Entwurmungsmittels Ivermectin, betonte Zeitlinger deren Wirkungslosigkeit gegen Covid-19. Ausnahmen seien Remdesivir und Molnupiravir, die ursprünglich gegen Ebola bzw. die Grippe getestet wurden. Tatsächlich neu gegen Covid entwickelt worden ist beispielsweise das laut Zeitlinger "in den nächsten Tagen bis Wochen" in Österreich verfügbare Kombinationspräparat Paxlovid.

"Wir reden hier nicht von Wunderheilungen", betonte der Internist. Wenn beispielsweise Patienten, die Risikofaktoren haben, Paxlovid bekommen, mussten es in der Deltawelle rund 15 Betroffene erhalten, damit eine einzelne Hospitalisierung verhindert wird, bei Molnupiravir seien es rund 30 damit behandelte Patienten, um einen Spitalsaufenthalt zu verhindern. Bei Paxlovid gebe es zudem das Problem von Arzneimittelinteraktionen, sodass es bei manchen Patienten, die es am meisten brauchen, eingeschränkt einsetzbar sei. Beide Medikamente seien aber ansonsten sehr gut verträglich.

"Bei allen diesen Medikamenten haben wir herausgefunden: je früher, desto besser", erläuterte Zeitlinger. Bei den oralen Mitteln Molnupiravir und Paxlovid sei die große Herausforderung, auch noch nicht schwer kranken Infizierten klarzumachen, dass sie eine "ordentliche Menge an Tabletten" nehmen müssen, obwohl es ihnen zu diesem Zeitpunkt noch relativ gut geht. "Momentan haben wir genügend von diesen Medikamenten in Österreich", sagte der Experte. Für Nicht-Risikopatienten machen sie jedoch wegen der selteneren schweren Verläufe und wegen der hohen Kosten wenig Sinn.

Von den sogenannten Monoklonalen Antikörper-Medikamenten sind "die ersten schon wieder obsolet, weil sie gegen Omikron nicht mehr wirken", berichtete der Arzt. Es seien nur zwei geblieben: Sotrovimab und Tixagevimab/Cilgavimab. Monoklonale Antikörper lassen sich jedoch "relativ rasch anpassen" und wir werden sicher in den nächsten Jahren allgemein gegen Coronaviren weitere antivirale Medikamente sehen, prognostizierte Zeitlinger. Zwei Jahre seien schnell für eine Arzneistoff-Entwicklung. "Von daher kann man als Realist zufrieden sein, was sich in den zwei Jahren getan hat", betonte er.

Bei den Covid-Schutzimpfungen erwartet Zeitlinger "vier Stoßrichtungen" für die nächste Zeit. Erstens streben die Hersteller nach einer Zulassung für den vierten Stich, das sei wahrscheinlich bald so weit, "die Sinnhaftigkeit jedoch unterschiedlich je nach Personengruppe und Zeit seit dem dritten Stich". Zweitens kommen vermutlich im zweiten Quartal Impfstoffe, die an Omikron angepasst sind, und sich laut dem Experten gut als weiterer Booster eignen. Eher für den Herbst erwartet Zeitlinger Vakzine, die Schutz gegen Omikron und die anderen Varianten bieten und daher gut für noch gar nicht Geimpfte sind. Viertens seien Impfstoffe zu erwarten, die an anderen Angriffspunkten des Virus ansetzen, beispielsweise dem Nukleokapsid, und gegen Mutationen wirksamer bleiben.

Für den ab der kommenden Woche zur Auslieferung in der EU erwarteten neuen Impfstoff von Novavax hofft Zeitlinger, dass sich noch ein Teil der Personen impfen lässt, die einen anderen Impfstoff als die bisher verfügbaren wollten. Dieser habe einen guten Impfschutz, "bitte impfen lassen!", riet der Experte. Das Vakzin des österreichisch-französischen Herstellers Valneva sei zwar im "Rolling Review" der EMA, aber die Zulassung noch nicht beantragt und die Datenlage teils unklar. Ein Warten auf den Totimpfstoff empfehlen Experten nicht, bis zur Verfügbarkeit werde es "auf jeden Fall noch Monate dauern", erläuterte Zeitlinger.

(S E R V I C E - EMA mit Details zu Covid-19-Medikamenten: http://go.apa.at/ysF1c8pM)

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  • Zwei Jahre nach den ersten SARS-CoV-2-Fällen in Österreich herrscht bei der Behandlung von Infizierten noch Verbesserungsbedarf.