Mutter und Tochter für Kautionstrick-Betrügereien verurteilt
Die beiden Angeklagten legten vor einem Schöffensenat (Vorsitz: Andreas Hautz) Geständnisse ab. Die aus Krakau stammende dreifache Mutter erklärte, sie habe in Polen als Küchenhilfe zu wenig verdient, um eine Augenoperation für ihren Sohn bezahlen zu können. Deswegen habe sie sich von einem Bekannten überreden lassen, gegen Entgelt mit einem Mietauto nach Wien zu fahren, um dort "zwei bis drei Packungen" abzuholen, wie sie darlegte. "Es waren zwölf", korrigierte sie darauf der vorsitzende Richter. Gemeinsam mit ihrer Tochter hatte die Frau zwischen November 2023 und Jänner 2024 zwölf Adressen zwischen Innsbruck und Eisenstadt angesteuert, wo sie sich jeweils Bargeld, Schmuck und Wertsachen übergeben ließ, die sie in weiterer Folge nach Polen brachte. Schaden: 210.000 Euro. Ein einziges Opfer verlor mit 75.000 Euro ihre gesamten Ersparnisse. Hinsichtlich weiterer 132.000 Euro blieb es beim Versuch - in diesen Fällen durchschauten die Angerufenen die Betrugsmasche bzw. konnten Angehörige die Übergaben verhindern.
"Es tut mir leid, was ich alten Menschen angetan habe und auch meiner Tochter", sagte die 42-jährige Angeklagte. Auf die Frage, weshalb sie ihre unbescholtene Tochter - die Mutter wies bereits eine einschlägige Vorstrafe in Belgien auf - mit hineingezogen habe, erwiderte die Hauptangeklagte: "Ich wollte nicht alleine hinfahren. Deshalb habe ich sie mitgenommen." Dann begann sie zu schluchzen und fügte noch hinzu: "Das gehört bestraft."
Die 20-Jährige erklärte in ihrer Einvernahme, sie gehe in ihrer Heimat keiner Beschäftigung nach. Auf die Frage, weshalb sie bei den kriminellen Machenschaften mitgemacht habe, entgegnete sie: "Meine Mutter hat mich um Hilfe gebeten. Ich wusste, dass wir in einer schwierigen finanziellen Lage sind. Ich wollte ihr helfen."
Die Mutter wurde wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs und krimineller Vereinigung zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt. Ihre Tochter erhielt zwei Jahre, davon acht Monate unbedingt. Verteidiger Philipp Winkler, der beide vertrat, akzeptierte die Urteile. Der Anklagevertreter war ebenfalls einverstanden.
Eines der Opfer der beiden war eine 83-jährige Frau, der am Telefon erklärt wurde, ihre Tochter sei in einen schweren Verkehrsunfall verwickelt gewesen, bei der ein Baby gestorben sei. Ein vermeintlicher Polizist sowie ein vermeintlicher Anwalt erklärten der rüstigen Pensionistin, man benötige 50.000 Euro "Lösegeld", um die Tochter frei zu bekommen. Sogar mit einer Frau sprach die 83-Jährige am Telefon kurz, wobei sie - wie sie nun als Zeugin dem Gericht dartat - glaubte, es handle sich dabei um ihre Enkelin, die "Oma, hilf uns!" flehte.
Auf ihren Einwand, sie habe nur 30.000 Euro, erwiderten die Kriminellen, diese würden abgeholt. Darauf hin fuhr die 83-Jährige zu ihrer Bank und behob die Summe, wobei eine Angestellte sie fragte, wofür sie so viel Geld benötige. "Ich Trottel sag wegen einer familiären Angelegenheit", erinnerte sich die Zeugin. Zu Hause habe sie das Geld und auch Goldmünzen und ihren gesamten Schmuck eingepackt und den Abholerinnen überreicht: "Es ist im Nachhinein völlig unverständlich, wie mir das passiert ist."
Die Frage, ob sie sich als Geschädigte dem Strafverfahren anschließen und Schadenersatz gelten machen wolle, verneinte die 83-Jährige: "Ich habe keine Hoffnung auf Schadenersatz. Ich hab' das abgeschrieben."
Zusammenfassung
- Eine 42-jährige Frau und ihre 20-jährige Tochter wurden am Wiener Landesgericht zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt, weil sie als Geldabholerinnen für eine polnische Betrüger-Bande tätig waren.
- Zwischen November 2023 und Januar 2024 sammelten sie Bargeld und Wertsachen im Wert von 210.000 Euro von meist älteren Opfern ein, wobei ein einzelnes Opfer 75.000 Euro verlor.
- Die Mutter wurde zu drei Jahren Haft verurteilt, während ihre Tochter zwei Jahre erhielt, davon acht Monate unbedingt; die Urteile wurden von beiden Seiten akzeptiert.