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"Rache für Palästina": IS bekannte sich zu Solingen-Messerangriff

Die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) hat erklärt, für den Messerangriff in der deutschen Stadt Solingen (Nordrhein-Westfalen) verantwortlich zu sein.

Die Tat sei von einem ihrer Mitglieder "als Rache für Muslime in Palästina und überall" verübt worden, erklärte der IS in seinem Kanal im Kurznachrichtendienst Telegram.

Einen Beleg dafür, dass der IS tatsächlich hinter dem Angriff steckt, wurde nicht gegeben. Auch ein Beweis für einen Kontakt zwischen IS und dem Attentäter wird nicht geliefert.

Terrorhintergrund nicht ausgeschlossen

Ermittler schlossen zuvor am Samstag eine "terroristisch motivierte Tat" nicht aus. Ein am Samstag festgenommener 15-Jähriger sei möglicherweise kurz vor der Tat mit dem möglichen Täter in Verbindung gestanden.

Ein bisher unbekannter Täter hatte am Freitagabend auf einem Stadtfest in Solingen auf mehrere Menschen mit einem Messer eingestochen. Die Polizei geht von einem männlichen Täter aus. Es soll sich um einen "sehr gezielten Angriff auf den Hals" der Opfer gehandelt haben, sagte Polizeiführer Thorsten Fleiß.

15-Jähriger festgenommen

Am Samstag in der Früh wurde ein 15-Jähriger festgenommen, der mit dem möglichen Täter in Verbindung gestanden sein könnte. Eine bisher Unbekannter soll laut Zeugenaussagen "kurz vor der Tat" mit dem Jugendlichen gesprochen haben, sagte Oberstaatsanwalt Markus Caspers.

Die dort geäußerten Absichten würden zu dem späteren Messerangriff passen. Ein Zusammenhang sei aber noch unklar und werde geprüft. Momentan werde ihm "lediglich die Nichtanzeige geplanter Straftaten zur Last gelegt".

Ermittelt wird laut Polizei weiter "in alle Richtungen". Dazu gab es auch mehrere Durchsuchungen "im gesamten Land Nordrhein-Westfalen". Die Ermittlungen liefen wegen dreifachen Mordes und achtfachen versuchten Mordes.

Der Anfangsverdacht eines terroristischen Hintergrundes ergibt sich laut Staatsanwaltschaft daraus, dass "kein anderes Motiv ersichtlich" sei. Die Opfer seien "in keiner Beziehung zueinander gestanden". Die Behörden gehen von einem Einzeltäter aus. Die Polizeipräsenz sei erhöht worden, hieß es.

Tatwaffe gefunden

Die mutmaßliche Tatwaffe des Messerangriffs dürfte mittlerweile in einem Mülleimer in der Solinger Innenstadt gefunden worden sein. Das verlautete aus Ermittlerkreisen. Zuvor hatte die "Bild"-Zeitung berichtet.

Die Polizei bat die Bevölkerung um Mithilfe. Auf ihrem Hinweisportal (nrw.hinweisportal.de) könnten Hinweise zur Tat oder dem Täter abgegeben und Bild- oder Videomaterial hochgeladen werden. Derweil wurden in nordrhein-westfälischen Städten mehrere geplante Feste teils mit Verweis auf die unklare Sicherheitslage abgesagt.

Andacht: Hunderte Teilnehmer

In der Solinger Fußgängerzone hat es am Samstagabend eine Andacht gegeben, an der Hunderte um die Opfer des Messerattentats in der deutschen Stadt trauernde Menschen teilnahmen.

Viele kamen mit Blumen und Kerzen. Der Solinger Stadtdechant Michael Mohr sagte: "Die Stadt ist heute eine andere als sie gestern war". Viele Menschen hätten am Ort des Anschlags Vereinsschals, Kuscheltiere, Briefe und andere Botschaften der Verbundenheit niedergelegt.

"Worte zu finden, ist fast unmöglich - Gesten zeigen nicht", sagte Mohr. Die evangelische Superintendentin Ilka Werner hob ebenfalls die Trost spendende Gemeinschaft hervor. "Wie gut, dass Ihr da seid", sagte sie. Auf dem Platz standen mehrere mit lila Westen gekennzeichnete Seelsorger bereit.

Die Andacht war begleitet von ruhiger Musik. Die Spitzenpolitiker von Bund und Land hatten nach einem Statement vor dem Solinger Rathaus erklärt, sie würden nicht mehr an den Tatort gehen, um die Ermittlungen nicht zu stören.

Debatte über schärferes Messerverbotsgesetz

Eine Debatte über ein schärferes Messerverbotsgesetz in Deutschland hat sich entsponnen: Die FDP signalisierte am Samstag Zustimmung zu einer möglichen Verschärfung.

"Wir werden nun in der Bundesregierung darüber beraten, wie wir den Kampf gegen diese Art der Messer-Kriminalität weiter voranbringen", sagte Justizminister Marco Buschmann (FDP) der Zeitung "Bild am Sonntag". Bisher hatten die mitregierenden Liberalen eine von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) geplante Ausweitung von Messerverboten kritisch gesehen.

Die SPD verlangt nun eine deutliche Verschärfung der Gesetze. "Dieser wahrscheinliche Terrorangriff zeigt: Deutschland hat ein Problem mit Messergewalt", sagte SPD-Chef Lars Klingbeil "Bild am Sonntag". Er fordert ein nahezu komplettes Messerverbot auf Straßen: "Für mich gibt es keinen Grund, warum Menschen Stichwaffen im Alltag mit sich führen.

"Es müssten alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden, "damit Messer von Deutschlands Straßen und Plätzen verschwinden", sagte Klingbeil weiter. Es brauche "schnelle und konsequente Maßnahmen". Dazu gehöre, "endlich Messerverbote erheblich auszuweiten."

ribbon Zusammenfassung
  • Die Extremistenorganisation Islamischer Staat (IS) hat erklärt, für den Messerangriff in der deutschen Stadt Solingen (Nordrhein-Westfalen) verantwortlich zu sein.
  • Die Tat sei von einem ihrer Mitglieder "als Rache für Muslime in Palästina und überall" verübt worden, erklärte der IS in seinem Kanal im Kurznachrichtendienst Telegram.
  • Einen Beleg dafür, dass der IS tatsächlich hinter dem Angriff steckt, wurde nicht gegeben. Auch ein Beweis für einen Kontakt zwischen IS und dem Attentäter wird nicht geliefert.
  • Ermittler schlossen zuvor am Samstag eine "terroristisch motivierte Tat" nicht aus.
  • Ein am Samstag festgenommener 15-Jähriger sei möglicherweise kurz vor der Tat mit dem möglichen Täter in Verbindung gestanden.