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Mafia-Prozess in Wien fortgesetzt: "Die Polizei war machtlos"

Am Dienstag ist am Wiener Landesgericht der Prozess gegen einen mutmaßlichen Mafia-Paten fortgesetzt worden, der in der Bundeshauptstadt innerhalb von zwei Jahren den Verkauf von mehreren 100 Kilogramm Heroin und Kokain organisiert haben soll.

"Die Polizei war machtlos", sagte ein Vertreter des Bundeskriminalamts als Zeuge. Die Bande des Angeklagten nutzte nämlich "bis hinunter zum untersten Straßenverkäufer zu hundert Prozent abhörsichere Handys", wie der Ermittler verriet.

Kriminelle nutzten Krypto-Handys

Die Kriminellen griffen zur Abwicklung ihrer Geschäfte ausschließlich auf so genannte Krpyto-Handys zurück, bei denen nicht ein Mal eine Standort-Peilung möglich war. Man konnte mit den Geräten zwar nicht telefonieren, aber Bilder, Videos und Audio-Nachrichten verschicken.

Über die Dienste Sky ECC - ein in Frankreich entwickeltes Apple-Gerät mit einer fix installierten App und einer gefinkelten Verschlüsselungstechnologie - bzw. Anom - vom FBI entwickelt und als "verdeckte Maßnahme" gezielt unter Kriminellen verbreitet, um deren Machenschaften nachvollziehen zu können - soll der mutmaßliche Banden-Boss Drogen-Lieferungen dokumentiert, Anweisungen erteilt und eine Art Buchhaltung verzeichnet haben.

Dario D. alias "Dexter" - so ein an einen TV-Serienmörder angelehnter Spitzname des 35-Jährigen - habe täglich Selfies und Audio-Nachrichten verschickt, berichtete der Bundeskriminalamtsbeamte dem Schwurgericht.

Ausländische Behörden deckten Fall auf

"Die Struktur der Gruppe war sehr leicht erkennbar", schilderte der Ermittler, "alles war auf eine Person fokussiert." Dario D. sei "an der Spitze" gestanden, darunter habe es "Unterführer" gegeben, die in Österreich gut vernetzt und bedingt entscheidungsbefugt waren und ein eigenes Dealer-Netz unterhielten, wobei diese Arbeitsebene den eigentlichen Chef gar nicht kannte. Gab es Festnahmen, war es technisch möglich, die Daten der Krypto-Handys der inhaftierten Mitglieder zu löschen und damit Beweismittel aus der Welt zu schaffen.

Die Bande flog auf, als es ausländischen Strafverfolgungsbehörden gelang, die vermeintlich abhörsichere Kommunikation der Kriminellen zu knacken und die Inhalte, die über Server in Kanada und Frankreich liefen, zu sichern. In weiterer Folge wurden die Chats mit Hilfe des FBI entschlüsselt, was Ermittlungen gegen Kriminelle in zahlreichen europäischen Ländern zur Folge hatte - sie alle hatten sich der Krypto-Messenger-Dienste bedient, um ihre Machenschaften abzuwickeln.

Die Chats, die "Dexter" und seine rund 200 Köpfe umfassende Gruppierung betrafen, wurden über Europol den österreichischen Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt.

ribbon Zusammenfassung
  • Am Dienstag ist am Wiener Landesgericht der Prozess gegen einen mutmaßlichen Mafia-Paten fortgesetzt worden, der in der Bundeshauptstadt innerhalb von zwei Jahren den Verkauf von mehreren 100 Kilogramm Heroin und Kokain organisiert haben soll.
  • "Die Polizei war machtlos", sagte ein Vertreter des Bundeskriminalamts als Zeuge.
  • Die Bande des Angeklagten nutzte nämlich "bis hinunter zum untersten Straßenverkäufer zu hundert Prozent abhörsichere Handys", wie der Ermittler verriet.