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Jeder Hundertste hat rheumatoide Arthritis

Heute, 12:12 · Lesedauer 3 min

Etwa eine von 100 Personen in Österreich hat rheumatoide Arthritis, auch chronische Polyarthritis genannt. Das sind rund 90.000 Menschen und damit handelt es sich um eine der häufigsten Formen der entzündlichen Rheumaerkrankungen. Oft entstehen starke Schmerzen an betroffenen Gelenken, meist an den Händen. Es gibt "keine Heilung", aber die Krankheit ist mittlerweile beherrschbar, sagte der Rheumatologe Gregor Holak am Sonntag zum Auftakt der Apothekertagung in Schladming.

Die rheumatoide Arthritis ist eine chronische Gelenksentzündung, die neben Schmerzen auch Schwellungen und eine Funktionseinschränkung der betroffenen Gelenke auslösen kann. Sie kann in jedem Alter ausbrechen, "ab dem 50. Lebensjahr leicht ansteigend", berichtete Holak, Leiter der Rheumaambulanz der Wiener Klinik Ottakring. Rund zwei Drittel der Betroffenen sind Frauen.

Die genaue Ursache der systemischen Autoimmunerkrankung ist nach wie vor unbekannt. Es gebe "eine genetische Prädisposition, die man bei vielen Patientinnen und Patienten nachweisen kann". Hinzu kommen Umweltfaktoren, verwies Holak auf das Mikrobiom - also die Gesamtheit aller Mikroorganismen wie Bakterien und Viren, die den Menschen besiedeln - und besonders auf die Atemwege. Ein zusätzlicher Risikofaktor ist das Rauchen, betonte der Mediziner.

Für die Diagnose einer rheumatoiden Arthritis entscheidend ist die Art und Dauer der Beschwerden in Kombination mit einer Familienanamnese, dem klinischen Befund, der Bildgebung und auch Laborbefunden, erläuterte Holak. Ist die Diagnose gestellt, startet die Behandlung. Durchgesetzt habe sich dabei "Treat-to-Target", also eine Behandlung, um das eigene Ziel des Patienten zu erreichen. "Eigentlich möchte er sich so fühlen wie vor der Erkrankung", sagte der Rheumatologe. "Patienten sind berechtigterweise wesentlich anspruchsvoller geworden."

Nach drei Monaten der Behandlung mit einem der zur Verfügung stehenden Medikamente "muss es besser sein", berichtete Holak zur Vorgangsweise bei der Therapiefindung. Nach sechs Monaten sollte das Ziel eines kompletten oder deutlichen Rückgangs der Beschwerden erreicht sein, wenn nicht, "dann muss ich das ganze System wieder hinterfragen" - also ein anderes Medikament für drei bis sechs Monate ausprobieren. Eine wirksame Therapie wird dann lebenslang fortgeführt.

Nebenwirkungen möglich

Einige der Medikamente können Nebenwirkungen haben - von Pilzen über verminderten UV-Schutz und dadurch erhöhtes Hautkrebsrisiko bis zu laut einer Studie bei einem Mittel auch ein Tumor- und Herzkreislaufrisiko. Aber "auch die Erkrankung hat Nebenwirkungen", sagte die diplomierte Gesundheits- und Krankenpflegerin Sylvia Taxer von der Rheumaambulanz am AKH Wien. Schmerzmittel allein würden auf Dauer nicht helfen.

Wichtige fehlende Lebendimpfungen wie jene gegen Masern, Mumps, Röteln sollten vor dem Behandlungsstart nachgeholt werden. Auch für manche Reiseimpfungen (z.B. gegen Gelbfieber) und für Operationen muss die Therapie gegen rheumatoide Arthritis unterbrochen werden, berichtete Taxer.

Viele Gesichter

Die jährliche Fortbildungstagung der Österreichischen Apothekerkammer in Schladming befasst sich heuer mit dem Thema "Rheuma - eine Krankheit mit vielen Gesichtern". Die bis Mittwoch dauernde Veranstaltung im steirischen Bezirk Liezen ist mit rund 650 Teilnehmerinnen und Teilnehmern ausgebucht.

Zusammenfassung
  • Etwa 90.000 Menschen in Österreich leiden an rheumatoider Arthritis, wobei zwei Drittel der Betroffenen Frauen sind. Die Krankheit kann in jedem Alter auftreten und wird oft durch genetische und Umweltfaktoren beeinflusst.
  • Für die Diagnose sind Symptome, Familienanamnese und Laborbefunde entscheidend. Die Behandlung folgt dem 'Treat-to-Target'-Ansatz, bei dem nach drei Monaten eine Verbesserung sichtbar sein sollte.
  • Medikamente gegen rheumatoide Arthritis können Nebenwirkungen wie erhöhtes Hautkrebsrisiko haben. Vor Therapiebeginn sollten Impfungen nachgeholt werden, um Komplikationen zu vermeiden.