Insiderin zum Zugunglück in Griechenland: "Retro und schön, aber nicht wirklich sicher"
Am 1. März kollidierten im Norden Griechenlands ein Güter- und ein Passagierzug. 350 Menschen saßen in dem Zug, fast 60 kamen bei dem Zusammenstoß bei der Stadt Larissa ums Leben, mehr als Hundert sind verletzt. Eine Person wurde festgenommen, aber damit sind die Griechen unzufrieden. Es gab einen Streik der Bahngesellschaft und Proteste in Athen.
Fehler im System
"Natürlich kann man sagen, das war menschliches Versagen, aber menschliches Versagen sollte zu so etwas gar nicht führen können".
Anna Weszelits ist aus Wien, sie arbeitet in der Eisenbahnbranche, ihr Metier ist Sicherheit im Verkehr. Ein Teil ihrer Familie stammt aus Griechenland, sie war selbst vor zwei Wochen auf der Zugstrecke, auf der sich der Unfall ereignet hat, unterwegs. Das Unglück ist für sie absolut schockierend, aber dass es dazu kam, nicht überraschend.
Menschliches Versagen sei immer möglich und es sei die Aufgabe eines Infrastrukturbetreibers alles zu tun, dass es aufgrund dieser Fehler trotzdem nicht zu schweren Unfällen kommen könnte, findet sie.
Im Rest Europas gebe es technische Sicherheitssysteme, da könne der Zug gar nicht fahren, wenn sich ein anderer auf der selben Strecke befinden würde. In Griechenland nicht. Deshalb war auch die Suche nach den Verletzten so schwierig, sagt Anna, weil der genaue Unfallort einfach nicht bekannt war. Der europäische Normalstandard sei es, dass es technische Hilfsmittel anzeigen, wo Züge unterwegs sind.
Gespart bis zur Unsicherheit
Die griechischen öffentlichen Verkehrsmittel wurden im Zuge der Sparmaßnahmen nach der Staatsschuldenkrise verkauft. Der Zugverkehr wird aktuell von einem italienischen Anbieter betrieben. Anna findet, dass der Staat die Infrastruktur betreiben sollte, denn dann könnten diese Rechte auch eingefordert werden.
Neue Züge würden auf den griechischen Strecken nicht für mehr Sicherheit sorgen, es sei die Infrastruktur einfach zu veraltet. In Italien hätte der Bahnbetreiber auch nicht dieselben Sicherheitsprobleme wie in Griechenland.
Bei ihrer letzten Zugreise in Griechenland sei ihr der alte Zustand der Verkehrsmittel sehr aufgefallen. "Es ist zwar Retro und schön, aber nicht wirklich sicher", sagt sie. In den Bahnhöfen sei unklar, wann überhaupt Züge fahren würden, weil nicht klar ist, wo diese im Moment unterwegs sind.
Wut der Bevölkerung
Die Menschen in Griechenland seien wütend, sagt Anna. Der Mann, der den Fehler im Bahnhof von Larissa gemacht hat, wurde festgenommen. "Das reicht aber nicht", sagt Anna. Die Menschen würden nicht vergessen, dass es anlässlich der "harten Einsparung" zu diesen Verkümmerungen in der Infrastruktur gekommen sei.
Der Unfall sei so verheerend gewesen, dass auf der betroffenen Strecke länger keine Züge mehr unterwegs sein würden, glaubt Anna.
Mehr dazu:
Zusammenfassung
- In Griechenland kamen bei einem Zugunglück fast 60 Menschen um, PULS 24 hat mit einer Insiderin über ihre Erfahrungen mit Zugreisen in Griechenland gesprochen.
- Es sei nicht wirklich sicher, das habe auch mit der Staatsschuldenkrise zu tun.