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Großteil heimischer Erdäpfelbauern spürt Klimawandel schon

Mehr als 90 Prozent der österreichischen Erdäpfelbauern berichten über Beeinträchtigungen durch den Klimawandel in den vergangenen zehn Jahren. Das ist das Ergebnis einer Umfrage, die Wissenschafter im Rahmen eines EU-geförderten Forschungsprojektes durchgeführt haben. Im Fachblatt "Agronomy" berichtet das Team, dass die Landwirte bereits über neue Anbaustrategien und -konzepte nachdenken. Daran arbeiten auch Forscher in aufwendigen Versuchsreihen europaweit.

Die Umfrage wurde in insgesamt 22 Ländern Europas durchgeführt. Bei der Auswertung konzentrierte sich das Team um Wissenschafterinnen und Wissenschafter der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) auf die Antworten von 159 Erdäpfelbauern aus Österreich, sowie 79 deutschen und 53 Schweizer Kollegen. In allen drei Ländern gilt, dass die vergangene Dekade Jahre mit extremen Wetterbedingungen mit sich gebracht hat, heißt es in der Arbeit.

Vor allem Trockenheit kann für Erdäpfel, die kein sehr tiefes Wurzelsystem aufweisen, rasch zum Problem werden. Zum Beispiel sei deshalb im Jahr 2015 in Österreich die Erdäpfelernte bereits um ein Drittel niedriger ausgefallen als im langjährigen Schnitt, heißt es. Laut der Umfrage ist Dürre auch der prominenteste Faktor, der den Bauern Kopfzerbrechen bereitete. Nahezu alle Befragten aus Österreich gaben an, davon betroffen gewesen zu sein. Das gelte u.a. für das wichtige Anbaugebiet im niederösterreichischen Weinviertel, das auch in Zukunft anfällig für Dürren sein wird.

Hierzulande käme erschwerend hinzu, dass die Voraussetzungen für Bewässerung im Europavergleich eher ungünstig sind: Schätzungen gehen davon aus, dass 20 bis 25 Prozent der heimischen Anbauflächen bewässert werden können. Zum Vergleich: In manchen Anbaugegenden in Niedersachsen gehe das auf rund 80 Prozent der Flächen, schreiben die Forscher um Svenja Bomers und Alexandra Ribarits von der AGES. Neben Hitzewellen und Trockenheit registrieren die Bauern auch einen von der Klimaveränderung getriebenen Anstieg an Schädlingen und Krankheitserregern, die ihre Feldfrüchte bedrohen. In Österreich und Deutschland berichten dies drei von fünf Befragten.

Die Änderungen der klimatischen Bedingungen führen auch zur Zunahme von Starkregenereignissen, die sich in den vergangenen Jahrzehnten tendenziell öfter abrupt mit Trockenphasen abwechseln. Rund 40 Prozent der Befragungsteilnehmer aus Österreich und der Schweiz berichteten über Probleme mit lokalen Überflutungen. In Deutschland betraf dies hingegen nur 24 Prozent der Studienteilnehmer. In Österreich berichteten auch einige Landwirte, von Bodenerosion oder Ausfällen durch Spätfrost im Frühling betroffen zu sein. Über insgesamt etwas weniger Klimawandel-bedingte Probleme klagten Bio-Erdäpfelbauern. Das könnte laut den Studienautoren auch daran liegen, dass konventionell arbeitende Landwirte eher in dürreanfälligeren Regionen wie dem Weinviertel tätig sind, während Biobauern eher in kühleren Regionen wie dem Waldviertel ansässig sind.

"Unsere Umfrage zeigt, dass die meisten Erdäpfelbauern sich des Klimawandels und seiner Auswirkungen bewusst sind" und nach Strategien zur Anpassung suchen, schreiben die Autoren. Im Rahmen des übergeordneten Forschungsprojekts namens "Accelerated Development of multiple-stress tolerant Potato" (ADAPT) erforscht man unter der Leitung der Universität Wien europaweit neue Möglichkeiten, um auf die Veränderungen zu reagieren.

In Feldversuchen über vier Jahre hinweg mit rund 50 Sorten haben die Forscherinnen und Forscher die Auswirkungen von Stress auf die Pflanzen an verschiedenen Orten des Kontinents erforscht, wie Projektleiter Markus Teige von der Uni Wien gegenüber der APA erklärte: "Wir konnten sehen, dass es schon jetzt Sorten gibt, die besser mit Stressbedingungen umgehen können. Sortenempfehlungen sind aufgrund der ADAPT-Versuche allerdings nicht ableitbar, da die regionalen Bedingungen eine große Rolle spielen" und die Bedingungen in den Jahren der Feldversuche höchst unterschiedlich waren, so der Zellbiologe.

Das Management des Anbaus sei jedenfalls sehr komplex: "Viele Sorten lieferten zwar oft höhere Erträge unter optimalen Bedingungen, aber unter den teilweise extremen Stressbedingungen der vergangenen Jahre zeigte sich, dass Sorten mit üblicherweise etwas niedrigeren Erträgen unter Stressbedingungen besonders ertragsstabil waren." In den kommenden Jahren wollen die Wissenschafter, Erdäpfelzüchter, Screening-Technologie-Anbieter, die AGES und ein gemeinnütziger EU-Verband die Entwicklung der Sorten vorantreiben und Weichen für möglichst "klimafitte" Züchtungen für verschiedene Regionen stellen, heißt es in einer Uni Wien-Aussendung.

(S E R V I C E - Projektwebsite: https://adapt.univie.ac.at/; Die Publikation online: https://doi.org/10.3390/agronomy14071399)

ribbon Zusammenfassung
  • Mehr als 90 Prozent der österreichischen Erdäpfelbauern spüren die Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere durch Trockenheit, die 2015 zu einem Drittel weniger Ernte führte.
  • Nur 20 bis 25 Prozent der heimischen Anbauflächen können bewässert werden, was im Vergleich zu anderen europäischen Regionen niedrig ist.
  • Das ADAPT-Projekt erforscht neue stressresistente Kartoffelsorten, um den Herausforderungen des Klimawandels zu begegnen.