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Freie Seezugänge in Österreich keine Selbstverständlichkeit

Österreich ist nicht nur das Land der Berge, sondern auch der Seen.

Mehr als 25.000 stehende Gewässer gibt es laut Landwirtschaftsministerium, im Sommer sind viele beliebte Badeplätze. Doch der freie Zugang zu dem kühlen Nass - vor allem bei den 62 großen Seen (über 50 Hektar) - ist nicht immer leicht. Der Wörthersee etwa ist mit über 80 Prozent fest in privater Hand, der Bodensee hingegen ist für alle da.

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Bund verkauft Seegrundstücke nicht

Die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) bewirtschaften rund 70 Prozent aller Seen in Österreich. Die zehn größten Seen der ÖBf sind Attersee, Traunsee, Wörthersee, Millstätter See, Wolfgangsee, Ossiacher See, Hallstätter See, Weißensee, Grundlsee und Fuschlsee. Laut Bundesforstegesetz sind "die Seen und Seeuferflächen im Eigentum des Bundes zu erhalten. Das heißt, die Bundesforste verkaufen weder Seen noch Seeufergrundstücke." Besonders auf den freien Zugang zu den Seen sei "Bedacht zu nehmen", heißt es. Allerdings sind viele Seeuferflächen seit Generationen in Privatbesitz.

Verbaute, unzugängliche Ufer erregen in Kärnten immer wieder den Ärger der ausgesperrten Bevölkerung, was zuletzt in einem Seen-Volksbegehren gipfelte. Es richtete sich gegen die Privatisierung weiterer Seegrundstücke und forderte mehr freien Seezugang für die Bevölkerung. Knapp 12.000 Menschen unterstützten es. Ein umfassendes Verkaufsverbot öffentlicher Uferflächen wurde aber nicht wie gefordert umgesetzt. Die Landesverfassung wurde jedoch um eine Staatszielbestimmung erweitert. Dort heißt es nun: "Der Zugang der Allgemeinheit zu Bergen, Seen, Flüssen und sonstigen Naturschönheiten ist - unter Achtung des Eigentumsrechts - zu sichern." Die Initiatoren des Volksbegehrens waren mit der Umsetzung nicht zufrieden.

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Wörthersee kaum zugänglich

Am Wörthersee etwa ist das Ufer kaum an einer Stelle einfach so zugänglich, überwiegend verbirgt es sich hinter den hohen Zäunen privater Villen oder es ist zahlenden Hotelgästen vorbehalten. Wer als Tagesgast baden will, kann das gegen Eintritt in einem der vielen Strandbäder tun. Kostenlose "freie Seezugänge" wurden vom Land in den vergangenen Jahren an den größeren Kärntner Seen ausgewiesen.

Dabei - derzeit gibt es 25 - handelt es sich hauptsächlich um schmale Uferstreifen entlang von Straßen, die deshalb der öffentlichen Hand gehören, aber auch Gründe der Bundesforste sind dabei. Insgesamt sind 1.156 Meter Uferlänge so ausgewiesen. Ein positives Beispiel für Zugänglichkeit in Kärnten ist der Weißensee. Hier kann man an den großteils unverbauten Ufern - sofern überhaupt erschlossen - entlangwandern und bei Bedarf in den See springen.

Salzkammergut-Seen in Privathänden

Auch wenn in Oberösterreich der freie Zugang zu den Seen ebenso wie der zu Wäldern, Bergen, Flüssen und "anderen Naturschönheiten" 2019 in der Landesverfassung verankert wurde, sind vor allem die beliebten Seen im Salzkammergut fest in der Hand von Privaten. Beim Attersee, Österreichs größtem Binnensee, sind rund 75 Prozent des Ufers der Öffentlichkeit versperrt. Auf dem verbleibenden Viertel - was laut Torismuslandesrat Markus Achleitner (ÖVP) einer Uferlänge von zwölf Kilometern entspricht - gibt es 100 frei zugängliche Stellen, davon 17 Badeplätze (teils Strandbäder mit Eintritt). Am Traunsee, an dessen Ostufer nur schwer zu gelangen ist, existieren 58 Zugangsmöglichkeiten auf einer Länge von neun Kilometer, was einem Drittel des direkt erreichbaren Seeufers entspricht. Zwei Drittel sind für die Allgemeinheit tabu.

2021 wurde die Projektgruppe "Erweiterung der freien Seezugänge" beim Land eingerichtet. Seitdem seien laut Achleitner acht neue Badestellen und freie Seezugänge hinzugekommen, darunter der Badeplatz "Gosaumühle" am Hallstätter See. Und die Bundesforste verhandeln aktuell mit den ÖBB über den Ankauf einer Seeuferwiese von rund 7.000 Quadratmeter in Schörfling am Attersee. Der Badeplatz soll "langfristig und kostenlos für die Öffentlichkeit" zur Verfügung gestellt werden, teilten die ÖBf mit.

Das Land Salzburg listet auf seiner Internetseite 59 offizielle Badestellen an Seen und Flüssen. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich große Teile der Seeufer im Bundesland in Privatbesitz befinden. Bei Wallersee, Mattsee und Zeller See sind es etwa um die 50 Prozent, am Wolfgangsee an die 60 Prozent, am Prebersee 75 Prozent und am Fuschlsee 85 Prozent. Kleinere Seen wie der Seewaldsee oder der Böndlsee befinden sie gänzlich in privater Hand.

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Projekte sorgen für Aufregung

Zuletzt haben immer wieder auch einzelne Projekte für politische Aufregung gesorgt. Ein jüngst beschlossener Grundstückstausch am Wolfgangsee zwischen der Gemeinde St. Gilgen und Stiegl Immobilien für den Bau eines Apartmenthotels hat Kritikern zufolge einen verringerten Uferzugang für die Öffentlichkeit zur Folge. Und in Neumarkt am Wallersee sorgte ein Hotelprojekt für Unmut, weil dafür das öffentliche Strandbad hätte verkleinert werden müssen. Dem Vernehmen nach sollen sich die Investoren von dem Projekt aber zurückgezogen haben.

Die Salzburger SPÖ hat 2021 im Landtag auch den Antrag gestellt, "den Zugang der Allgemeinheit zu den Seen" in der Landesverfassung zu verankern. Das scheiterte im Vorjahr dann an den damaligen Regierungsparteien ÖVP, Grüne und NEOS. Mit deren Stimmen wurde aber ein Gegenantrag beschlossen, der sich gegen den Ausverkauf der Heimat, "insbesondere unter dem Aspekt der Aufrechterhaltung der freien Zugänglichkeit von Gewässern" aussprach.

Der freie Zugang zum Bodensee ist den Vorarlbergern beinahe heilig - so ist es vielleicht zu erklären, dass seit Jahrzehnten der Irrtum durchs Volk schwirrt, die Garantie eines freien Bodenseeufers stehe in der Landesverfassung. Tatsächlich ist die "Wegefreiheit am Bodenseeufer" im Straßengesetz unter Paragraf 36 festgehalten: Ein zehn Meter breiter Uferstreifen, ausgenommen Bauwerke, darf demnach auch ohne das Einverständnis des Grundeigentümers von Fußgängern jederzeit betreten werden. Maßgeblich ist dabei der aktuelle Wasserstand. "Im Bereich dieses Streifens ist es untersagt, den freien Zugang zum Bodensee durch Errichtung von Zäunen oder sonstigen Maßnahmen zu versperren oder zu behindern", heißt es weiter. Ausnahmen davon gibt es nur wenige. Die Behörden können sie durch Bescheid bewilligen, soweit das "aus Gründen der öffentlichen Sicherheit, der Zollaufsicht, des Verkehrswesens, der Kultur, des Naturschutzes, des Sports oder zur Ausübung der Berufsfischerei oder eines Gewerbes" erforderlich ist. Eine solche Ausnahme aus Gründen der Kultur ist etwa die Bregenzer Festspielbühne.

Ganz frei bewegen kann man sich trotz eigentlich freien Zugangs dennoch nicht überall: Weite Teile des Vorarlberger Bodenseeufers - fast die Hälfte - stehen schon seit langem unter Naturschutz. Bestimmte Bereiche dürfen, zum Beispiel während der Brutzeit, nicht betreten werden. Privatbauten direkt am See gibt es übrigens dennoch, beispielsweise die Wochenendhäuschen in der Siedlung "In der Schanz" in Hard (Bez. Bregenz). Sie wurden gebaut, bevor das Straßengesetz 1969 in Kraft trat, zudem wurde das Gebiet vom Naturschutz ausgenommen.

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Auch die Politik erinnert gerne an das hohe Gut des freien Seezugangs, der etwa in der Schweiz und Baden-Württemberg bei weitem nicht gegeben ist. Immer wieder verwiesen dortige Bürgerinitiativen, die für freie Ufer streiten, auf das gute Beispiel Österreichs. Dem Land Vorarlberg und den Gemeinden sei ein freies Bodenseeufer wichtig, "das ist in Österreich eine Besonderheit", so erst kürzlich Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) bei der Eröffnung der Neugestaltung des Bregenzer Uferabschnitts "Pipeline" im Frühsommer. Rund acht Kilometer Ufer kann die Bevölkerung dort zur Naherholung nutzen. Um das sensible Gebiet zu schonen, hat Bregenz einen "Seeuferleitfaden" verabschiedet, der ganzjährig gilt, von der Pipeline bis zum 130 Hektar großen Naturschutzgebiet in der Mehrerau und am Ufer der Bregenzerach.

In Tirol gibt es zahlreiche, öffentlich zugängliche Badeseen. Sie stehen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Eigentum. Der Plansee oder der Heiterwanger See gehören etwa dem Land Tirol, beim Rheintaler See gibt es Vereinbarungen mit den Eigentümern, damit der See für die Bevölkerung zugänglich ist.

Der mit einer Größe von 6,8 Quadratkilometer auch als "Tiroler Meer" bezeichnete Achensee bietet größtenteils einen freien Zugang für Erfrischungssuchende. Der See steht im Eigentum der Stadt Innsbruck. Von den 20,8 Kilometern Uferlänge stehen rund 20 Kilometer, sofern dies aufgrund des Geländes möglich ist, der Öffentlichkeit zur Verfügung.

Im Burgenland sind die Seen hauptsächlich über Seebäder zugänglich. Sowohl beim Neusiedler als auch beim Neufelder See können Uferbereiche öffentlich genutzt werden - im Sommer bei Eintritt, im Winter ohne, erläuterte Christian Sailer, Leiter des Hauptreferats Wasserwirtschaft im Amt der burgenländischen Landesregierung.

Bei den Seebädern sind die Besitzverhältnisse unterschiedlich. Als Betreiber fungiert häufig die Gemeinde, das Seebad Breitenbrunn steht im Besitz der Esterhazy Betriebe. Diesen gehören auch weitere Flächen rund um den See, die sie teilweise an Gemeinden verpachten. Viel Privatbesitz gibt es am Neufelder See abgesehen vom Seebad. Beim Neusiedler See gibt es unter anderem in Mörbisch einige private Grundstücke. Eine Stelle, die auch ohne Eintritt zugänglich ist, ist der Hafenbereich in Jois.

ribbon Zusammenfassung
  • Österreich ist nicht nur das Land der Berge sondern auch der Seen.
  • Die Österreichischen Bundesforste (ÖBf) bewirtschaften rund 70 Prozent aller Seen in Österreich.
  • 2021 wurde die Projektgruppe "Erweiterung der freien Seezugänge" beim Land eingerichtet.
  • Rund acht Kilometer Ufer kann die Bevölkerung dort zur Naherholung nutzen.
  • In Tirol gibt es zahlreiche, öffentlich zugängliche Badeseen.
  • Sie stehen sowohl im privaten als auch im öffentlichen Eigentum.