APA/APA/AFP/TIZIANA FABI

Frauenmord löst Empörung in Italien aus

Der Fall des wegen Frauenmordes nahe Leipzig festgenommenen italienischen Ingenieurstudenten hat in Italien eine Welle der Empörung ausgelöst und das Problem der Gewalt gegen Frauen in den Vordergrund gerückt. Ministerpräsidentin Giorgia Meloni versprach, ihren Schutz zu verstärken und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren. Der Fall sorgt für Debatten in den Medien und in der Politik.

"Jede einzelne Frau, die getötet wird, weil sie 'schuldig' ist, frei zu sein, ist eine Verirrung, die nicht toleriert werden kann und die mich dazu drängt, den eingeschlagenen Weg fortzusetzen, um diese Barbarei zu stoppen", sagte Meloni, Italiens erste Ministerpräsidentin, in einer Mitteilung. Sie erklärte, dass die Abgeordnetenkammer am Mittwoch über einen Gesetzesentwurf abstimmen wird, der die Schutzmaßnahmen für gefährdete Frauen erweitert, und kündigte eine öffentliche Sensibilisierungskampagne gegen Femizide an.

Frauendemonstrationen fanden am Montag in mehreren Städten statt, darunter Padua. Dort studierte das Opfer des 22-Jährigen. Am Samstag werden in Rom und anderen Städten Demonstrationen anlässlich des Internationalen Tages zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen erwartet. 103 Frauen sind seit Anfang dieses Jahres in Italien getötet worden, 80 davon von einem Partner oder Ex-Lebensgefährten, geht aus Medienangaben hervor.

Der 22-Jährige aus der Provinz Padua war am Samstagabend auf der Autobahn bei Bad Dürrenberg in Sachsen-Anhalt vorläufig festgenommen worden, nachdem er wegen Benzinmangels auf dem Standstreifen der Autobahn liegen geblieben war. Die italienischen Behörden fahndeten bereits seit einer Woche nach dem Mann, gegen ihn lag ein europäischer Haftbefehl vor. Er befindet sich in einer Justizvollzugsanstalt in Halle an der Saale. Der Student und seine Ex-Freundin galten eine Woche lang als vermissten.

Nach der Festnahme des Studenten wird das Oberlandesgericht Naumburg in Sachsen-Anhalt dessen Auslieferung an die italienische Justiz prüfen. Der zeitliche Ablauf bis zum Eingang eines entsprechenden Antrags der Generalstaatsanwaltschaft und des weiteren Verfahrens sei derzeit unklar, teilte das Gericht am Montag mit.

Der Fall machte in Italien seit Tagen Schlagzeilen. Aufnahmen von Überwachungskameras zeigten, wie der 22-Jährige die gleichaltrige Frau am 12. November auf dem Parkplatz eines Industriegebiets angegriffen hatte und im Anschluss mit ihr in seinem Auto geflüchtet war. Sein Auto wurde unter anderem in Lienz lokalisiert. Am Samstag wurde die Leiche der Frau mit zahlreichen Stichwunden an Kopf und Hals in einer Schlucht in der Nähe des Barcis-See in der friaulischen Provinz Pordenone gefunden. Laut der italienischen Justiz könnte der Student in circa zwei Wochen in die Heimat überführt werden.

Meloni wehrte sich zuletzt auch gegen den Vorwurf, ihre rechtspopulistische Partei "Fratelli d ́Italia" (Brüder Italiens) verteidige eine patriarchalische und frauenfeindliche Gesellschaft. So postete sie auf Facebook ein Bild mit vier Generationen von Frauen aus ihrer Familie. Zu sehen ist Meloni mit ihrer kleinen Tochter Ginevra, ihrer Mutter und Großmutter, die inzwischen gestorben ist.

"Ich weiß nicht, wie manche Leute den Mut finden, selbst die schrecklichsten Tragödien auszunutzen, um die Regierung anzugreifen", schrieb Meloni. Sie kritisierte ausdrücklich die Südtiroler Starjournalistin und TV-Moderatorin Lilli Gruber, die am Montagabend laut Meloni behauptet habe, dass Italiens Regierungschefin "Ausdruck einer patriarchalischen Kultur" sei.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Fall des wegen Frauenmordes nahe Leipzig festgenommenen italienischen Ingenieurstudenten hat in Italien eine Welle der Empörung ausgelöst und das Problem der Gewalt gegen Frauen in den Vordergrund gerückt.
  • Ministerpräsidentin Giorgia Meloni versprach, ihren Schutz zu verstärken und die Öffentlichkeit zu sensibilisieren.
  • Der Fall sorgt für Debatten in den Medien und in der Politik.