EU gerät bei CO2-Reduktion in Rückstand
Auf dem Papier steht die EU-Kommission zu ihren Zielen. Für 2040 bedeutet das eine Verringerung der Treibhausgas-Emissionen in der EU um mindestens 90 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990. Dies hatte EU-Klimakommissar Wopke Hoekstra den Abgeordneten des Europaparlaments bereits vor mehr als einem Jahr zugesagt.
Für die nötige Änderung der europäischen Klimagesetze hat Hoekstra den 27 EU-Ländern allerdings noch keinen formalen Vorschlag vorgelegt. Dieser war ursprünglich für den Jahresanfang angekündigt und muss im Anschluss die Verhandlungen im Rat der Mitgliedstaaten und im Europaparlament überstehen.
Derweil regt sich in mehreren EU-Staaten Widerstand gegen womöglich zu ehrgeizige Ziele. So hält Tschechien eine Verringerung um 90 Prozent angesichts der Schwerindustrie im Land für unmöglich. Frankreich fordert seinerseits konkrete Maßnahmen, um die angestrebten Ziele auch zu erreichen.
Italienischer Umweltminister mit neuem Vorschlag
Italiens Umweltminister Gilberto Fratin brachte in der vergangenen Woche andere Zahlen ins Spiel: "Die Kommission sollte die Empfehlung für ein 90-prozentigen Reduktionsziels für 2040 sorgfältig gegen die Alternativen 80 und 85 Prozent abwägen", erklärte er nach Angaben seines Ministeriums.
Die Kommission warte auf positive Signale aus anderen Mitgliedsländern, um eine sichere Mehrheit für ihre Zielsetzung bei 90 Prozent verbuchen zu können, vermutet die Chefin der Brüsseler Denkfabrik Strategic Perspectives, Linda Kalcher. Der Blick richte sich deshalb auch auf die Koalitionsverhandlungen in Berlin.
"Aber je länger die EU wartet, desto schwieriger wird es, auf internationaler Bühne zu erklären, warum sie so lange zögert", warnt Kalcher. "Dann kann jeder die EU als Ausrede benutzen, um ebenfalls spät dran zu sein", erklärt sie mit Blick auf Staaten wie China, Indien und Südafrika. Das gelte insbesondere seit dem Austritt der USA aus dem Pariser Klimaabkommen.
Plan hätte bereits im Februar vorgelegt werden sollen
Eigentlich hätte die EU im Februar einen Plan für die geplante Verringerung der Treibhausgasemissionen bis 2035 vorlegen sollen, Brüssel ließ die Frist aber verstreichen. Ein "starker, neuer Klimaplan für Europa" sei im Kampf gegen den Klimawandel entscheidend, mahnte der UN-Klimabeauftragte Simon Stiell am Mittwoch in Berlin.
Die EU-Kommission will ihre Pläne für 2035 aus den Zielen für 2040 ableiten - die wiederum noch nicht offiziell vorliegen. "Ich finde es kontraproduktiv, dass die Europäische Kommission sich so stark auf die 90 Prozent für 2040 versteift", kritisiert der CDU-Europaabgeordnete Peter Liese. Dafür gebe es "derzeit keine Mehrheit".
Kritik an von der Leyen
Der Grünen-Europaabgeordnete Michael Bloss wirft Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen "einen Mangel an politischem Willen" vor. Angesichts geplanter Lockerungen bei den Abgas-Vorgaben für Autobauer, CO2-Abgaben auf Einfuhren oder bei der Nachhaltigkeits-Berichterstattung sei die Entscheidung über ein ehrgeiziges Ziel für 2040 "im Grunde der Beweis dafür, ob wir mit der Klimaagenda weitermachen oder nicht".
Die Kommission will daran keinen Zweifel aufkommen lassen. "Wir werden weiterhin eine führende Stimme für internationale Klimaschutzmaßnahmen sein", teilt die Behörde in Brüssel mit. Sie verspricht, den nächsten Klimaplan zwar verspätet, aber "deutlich" vor der nächsten UNO-Klimakonferenz COP30 im November in Brasilien vorzulegen.
Zusammenfassung
- Die EU hat die Frist für die Vorlage eines Klimaplans bis 2035 verpasst und steht bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen bis 2040 ohne verbindliche Vorschläge da.
- Die EU-Kommission strebt eine Emissionsreduktion von 90 % bis 2040 an, doch gibt es Widerstand aus Mitgliedsstaaten wie Tschechien und Frankreich.
- Italiens Umweltminister schlägt vor, auch alternative Reduktionsziele von 80 % und 85 % zu prüfen, während die Kommission auf Unterstützung wartet, um eine Mehrheit zu sichern.