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Es bleibt bei lebenslanger Haft für Mafia-Paten "Dexter"

Heute, 11:34 · Lesedauer 5 min

Unter bisher nie da gewesenen Sicherheitsvorkehrungen ist am Mittwoch im Justizpalast innerstaatlich das letzte Kapitel im Verfahren gegen den Mafia-Paten Dario D. alias "Dexter" geschlossen worden. Nachdem zuvor der Oberste Gerichtshof (OGH) den Schuldspruch des Wiener Landesgerichts vom Dezember 2023 bestätigt hatte, verwarf nun ein Drei-Richter-Senat des Wiener Oberlandesgerichts (OLG) auch die Strafberufung gegen das Ersturteil. Es bleibt somit bei lebenslanger Haft.

Dem damit in jeder Hinsicht rechtskräftigen Urteil zufolge hatte "Dexter" in führender Position eines weitverzweigten montenegrinischen Mafia-Clans in Wien zwischen Anfang 2020 und Sommer 2021 in der Bundeshauptstadt 340 Kilogramm Kokain, 50 Kilogramm Heroin und fünf Kilogramm Cannabis in Verkehr gesetzt und Schmuggelfahrten für weitere 140 Kilogramm Kokain und 35 Kilogramm Heroin organisiert. Angesichts des massiv getrübten Vorlebens des Mannes - er wurde in Serbien wegen sogenannten schweren Mordes zu 13 Jahren, in Wien wegen schweren Raubes zu elf Jahren verurteilt - bleibe bei der Strafbemessung "kein Veränderungsspielraum", führte die Senatsvorsitzende in der Urteilsbegründung aus. Sie verwies auf die "Täterpersönlichkeit", die in der "Schwerstkriminalität" anzusiedeln sei, die "exorbitante Suchtgiftmenge", mit der "Dexter" operiert habe, und "die vielen Suchtgifttoten", die mitzubedenken seien. Da könne nur mit lebenslanger Haft vorgegangen werden.

Die Verhandlung fand unter außergewöhnlich strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Dutzende Polizeiautos waren um den Justizpalast postiert, auch mit Motorrädern überwachte die Exekutive die Straßenzüge um den Schmerlingplatz, um allfällige Befreiungsversuche im Keim ersticken zu können. Zwei Polizeibeamte hatten sich auf der Terrasse des Justizcafés im Justizpalast postiert und sondierten mit einer Drohne die Umgebung. Spezialeinheiten der Cobra und der WEGA sowie Beamte des Spezialeinsatzkommandos (SEK) der Justizwache - allesamt mit Maschinengewehren, Vollvisierhelmen und Schutzausrüstung ausgestattet - waren im Gebäude selbst postiert. Der Trakt zum Verhandlungssaal war hermetisch abgeriegelt, selbst der Verteidiger und der Dolmetscher durften erst passieren, nachdem sie ihre Ausweise hergezeigt hatten.

Im Saal selbst sorgten fünf Beamte des SEK, zwei WEGA-Beamte und mehrere Verfassungsschützer für Sicherheit. "Dexter" wurde von schwerbewaffneten Polizeikräften in Hand- und Fußfesseln zum Saal eskortiert, zusätzlich hatte man ihn mit einem Bauchgurt gesichert, der ihm während der Verhandlung abgenommen wurde. Wie es an Ort und Stelle gegenüber der APA hieß, waren allein 40 bis 50 Polizeibeamte für den Gerichtstermin abgestellt worden. Dazu kamen etliche Justizwachebeamte.

Dexter: "Habe das Gefühl, dass ich das nicht verdiene"

"Dexter" hatte in dem Verfahren stets seine Schuldlosigkeit betont. Vor dem OLG nutzte er sein Schlusswort, um sich über die Justiz zu beschweren: "Ich ersuche das hohe Gericht, die Strafe herabzusetzen. Ich hatte kein faires Verfahren." Dann wollte er aufzählen, womit seines Erachtens das Erstgericht seine Rechte verletzt hätte: "Es wurde abgelehnt, beantragte Zeugen zu vernehmen." Weiter kam er dann aber nicht mehr, da ihm die Senatsvorsitzende ins Wort fiel und darauf hinwies, dass der OGH alle behaupteten Verfahrensmängel als unzutreffend zurückgewiesen hätte. "Wollen Sie noch was zur Strafe sagen?", fragte die Richterin, worauf "Dexter" entgegnete: "Ich habe das Gefühl, dass die Strafe zu hoch ausgefallen ist und dass ich das nicht verdiene."

Auch Verteidiger Werner Tomanek hielt lebenslang für unangemessen. Aus generalpräventiven Gründen die im §28a Absatz 5 Suchtmittelgesetz (SMG) vorgesehene Höchststrafe zu verhängen, sei unangebracht. Mit der Inhaftierung seines Mandanten sei "nicht ein Gramm weniger" Suchtgift auf Wiens Straßen gelangt, dessen Qualität habe sich "nicht verschlechtert", sagte der Anwalt. Daher sei lebenslang "jedenfalls weit überzogen, das hat generalpräventiv überhaupt keine Auswirkungen".

OGH erklärte Auswertung von Kryptohandys für zulässig

Auf die Schliche kam man "Dexter" vor allem mit der Auswertung von vermeintlich abhörsicheren Kryptohandys, die dem Beweisverfahren in der ersten Instanz zugrunde lagen und die der OGH für zulässig erklärte. Die kriminelle Vereinigung hatte sich zur Abwicklung ihrer Geschäfte dieser Geräte bedient, bei denen nicht einmal eine Standort-Peilung möglich war. Man konnte damit nicht telefonieren, aber Bilder, Videos und Audio-Nachrichten verschicken. Ausländischen Strafverfolgungsbehörden gelang es dann jedoch, die Kommunikation der Kriminellen zu knacken und die Inhalte, die über Server in Kanada und Frankreich liefen, zu sichern. In weiterer Folge wurden die Chats mit Hilfe des FBI entschlüsselt, was Ermittlungen gegen Kriminelle in zahlreichen europäischen Ländern zur Folge hatte.

Die Chats, die "Dexter" und seine rund 200 Köpfe umfassende Gruppierung betrafen, wurden über Europol den österreichischen Strafverfolgungsbehörden zur Verfügung gestellt. Der OGH erblickte in deren Auswertung keinen Verstoß gegen das Beweisverwendungsverbot. Begründung: Die zugrunde liegenden Ermittlungsmaßnahmen wären weder über Veranlassung österreichischer Strafverfolgungsorgane noch unter deren Beteiligung erfolgt. Vielmehr hätten die österreichischen Strafverfolgungsorgane "bereits vorhandene Beweisergebnisse beigeschafft", argumentierte der OGH. Zusätzlich gebe es auch "keine Hinweise darauf, dass der Angeklagte die Mobiltelefone mit den Technologien ANOM und SKY ECC nicht freiwillig benützt hat, dass dem Inhalt der aufgezeichneten Kommunikation ein von behördlicher Seite veranlasster Zwang oder ein sonstiges (etwa listiges) Einwirken staatlicher Behörden auf den Angeklagten zugrunde liegt, dass im Zuge der Ermittlungsmaßnahmen durch in- oder ausländische Behörden auf die Freiheit der Willensentschließung oder -betätigung des Angeklagten eingewirkt worden wäre, oder dass der Angeklagte durch Strafverfolgungsorgane (oder durch von diesen beauftragte Dritte) zur Begehung von Straftaten verleitet worden wäre."

Zusammenfassung
  • Der Mafia-Pate Dario D., bekannt als 'Dexter', wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, nachdem das Wiener Oberlandesgericht seine Berufung abgelehnt hatte.
  • Dexter war in Wien als führendes Mitglied eines montenegrinischen Mafia-Clans tätig und setzte zwischen 2020 und 2021 insgesamt 340 Kilogramm Kokain, 50 Kilogramm Heroin und 5 Kilogramm Cannabis in Verkehr.
  • Die Verhandlung fand unter extremen Sicherheitsvorkehrungen statt, um mögliche Befreiungsversuche zu verhindern, mit über 40 Polizeibeamten vor Ort.
  • Dexter und sein Verteidiger kritisierten die Strafe als unangemessen und das Verfahren als unfair, da beantragte Zeugen nicht vernommen wurden.
  • Der Oberste Gerichtshof bestätigte die Zulässigkeit der Beweise aus Kryptohandys, die entscheidend zur Verurteilung beitrugen.