Erster Satellitenstartplatz auf dem EU-Festland eröffnet
"Die aktuelle geopolitische Lage - nicht zuletzt natürlich der russische Einmarsch in die Ukraine - hat demonstriert, wie wichtig es ist, dass die Europäische Union Zugang zum Weltraum hat", sagte Kristersson bei der Einweihung. Dort schnitt er zusammen mit dem König und der Kommissionspräsidentin symbolisch ein Band in den Farben Blau-Gelb durch - passenderweise sind das nicht nur die schwedischen Nationalfarben, sondern auch die der Ukraine.
"Das ist ein großer Augenblick für Europa, ein großer Augenblick für Europas Raumfahrtindustrie", sagte von der Leyen. Der Weltraumbahnhof biete ein unabhängigen europäischen Zugang zum Weltraum und liefere genau die Infrastruktur, die benötigt werde.
Sie wies auch auf die Bedeutung von Satelliten unter anderem bei der Beobachtung des Klimawandels hin. Die Vorzüge kleiner Satelliten, die von Esrange aus gestartet werden könnten, seien immens. Kleine Satelliten hätten auch eine Bedeutung für die Sicherheit - unter anderem nutzten ukrainische Streitkräfte sie, um die Bewegungen russischer Truppen zu verfolgen. Wegen diesen und vielen weiteren Gründen werde ihre Kommission einen Vorschlag für eine EU-Weltraumstrategie vorlegen. "Europa hat sein Standbein im Weltall und wird es behalten", sagte von der Leyen.
Esrange soll nach Angaben des schwedischen Raumfahrtunternehmens SSC einen neuen Zugang zum All bieten und damit den EU-Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana auf der anderen Seite des Atlantiks ergänzen. Zum einen sollen vom dünn besiedelten und stark bewaldeten Nordschweden aus kleinere Satelliten ins All geschossen werden, zum anderen sollen dort auch wiederverwendbare Raketen getestet werden. Bisher wurde das 1966 in Betrieb genommene Raumfahrtzentrum knapp 40 Kilometer östlich von Kiruna vor allem für den Start von Höhenforschungsraketen und Höhenballons genutzt. Der erste Satellitenstart ist nun für Ende 2023 geplant.
Ersetzen kann Esrange den Startplatz in Südamerika allerdings nicht. Letzterer ist wegen seiner Nähe zum Äquator deutlich besser dafür geeignet, schwere Lasten in äquatoriale oder äquatornahe Umlaufbahnen zu schicken. Das liegt daran, dass sich die Erde am Äquator am schnellsten um sich selbst dreht. Deswegen erhalten Raketen dort zusätzlichen Schwung, wenn sie mit der Erdrotation in Richtung Osten starten. Polnahe Startplätze wie der schwedische sind dagegen vor allem für Satellitenstarts in polare Umlaufbahnen geeignet. Von dort aus können zum Beispiel gut Daten für Wettervorhersagen oder für das bessere Verständnis des Klimawandels gesammelt werden.
"Der europäische Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana wird nach wie vor gebraucht werden", sagte der aus Österreich stammende Generaldirektor der Europäischen Raumfahrtagentur ESA, Josef Aschbacher. Die Lage nah am Äquator sei perfekt für den Start von geostationären Telekommunikationssatelliten, die die Erdrotation ausnützten, um dadurch weniger Treibstoff zu verbrauchen.
In Europa nutzte die ESA in der Vergangenheit den russischen Raketenstartplatz Plessezk für Satellitenstarts. Von dort aus wurde 2018 zum Beispiel der Erdbeobachtungssatellit Sentinel-3B ins All geschickt. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine versucht die EU jedoch, sich in vielerlei Hinsicht unabhängiger von Russland zu machen.
Nach Angaben von Aschbacher wird Esrange Plessezk vorerst nicht ersetzen können. "Das ist eine andere Dimension", sagte er. Satelliten, die früher von Plessezk gestartet wurden, würden nun von Kourou aus gestartet.
Nur rund zehn Länder verfügen derzeit über die Möglichkeiten, Satelliten ins All zu schießen. Wegen der Vorzüge der alltäglichen Vernetzung und der Bedeutung von Informationen über die Veränderungen des Planeten im Zuge der Klimakrise rechnet SSC als Betreiber von Esrange damit, dass in Zukunft deutlich mehr Satelliten benötigt werden. Nach SSC-Angaben wird erwartet, dass die Gesamtzahl der Satelliten bis 2040 insgesamt 100.000 erreichen könnte - verglichen mit rund 5.000 in Betrieb befindlichen Satelliten im All heute.
Zusammenfassung
- Die EU kann Satelliten künftig von ihrem eigenen Territorium ins All schicken.
- Die Vorzüge kleiner Satelliten, die von Esrange aus gestartet werden könnten, seien immens.
- "Europa hat sein Standbein im Weltall und wird es behalten", sagte von der Leyen.
- Das liegt daran, dass sich die Erde am Äquator am schnellsten um sich selbst dreht.
- Von dort aus wurde 2018 zum Beispiel der Erdbeobachtungssatellit Sentinel-3B ins All geschickt.