Erneut Fall von Polizeigewalt in Wien dokumentiert
Laut Stellungnahme der Landespolizeidirektion wollte der junge Mann den abgesperrten Bereich betreten. Dort war ein 38-jähriger Iraner von einem 34-jährigen Landsmann in einem Geschäftslokal in der Simmeringer Hauptstraße mit einer Waffe erschossen worden. Laut Puls24 gab es keine sichtbare Absperrung. Der 19-Jährige wollte demnach auf der gegenüberliegenden Seite des Tatorts bei einem Bankomat Geld beheben. Es kam zur Diskussion mit einem Beamten. Wie auf dem Video ersichtlich ist, wurde der Mann zu Boden gebracht, mehrere Polizisten eilten zur Verstärkung herbei. Der 19-Jährige wurde am Boden fixiert, auf den Aufnahmen ist zu sehen, wie ein Polizist den Kopf des Mannes mehrfach auf den Steinboden schlägt und sich dort Blutflecken bilden. "Wieso machst du sowas?", ist der Fixierte zu hören. Der junge Mann wurde von der Rettung versorgt, eine Mitfahrt ins Krankenhaus lehnte er nach Angaben der Polizeipressestelle ab.
Vielmehr wurde er wegen des Verdachts des Widerstandes gegen die Staatsgewalt sowie der schweren Körperverletzung vorläufig festgenommen und nach der Einvernahme auf Anordnung der Staatsanwaltschaft auf freiem Fuß angezeigt. Laut Angaben der Polizei wurde bei der Amtshandlung auch ein Beamter verletzt. Er musste sich laut Pressestelle in ein Krankenhaus zur ärztlichen Behandlung begeben. Für die handelnden Polizisten hatte der Vorfall bisher keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen, sie sind weiterhin normal im Dienst.
Immer wieder ist es in der Vergangenheit in Wien zu Fällen von Polizeigewalt gekommen. Vor Gericht haben Betroffene zumeist nur dann Chancen, wenn es Videobeweise gibt. Abhilfe soll hier eine bereits lange geplante Ermittlungsstelle bei Polizeigewalt schaffen. Die Begutachtungsfrist für den entsprechenden Gesetzesentwurf endete vor zwei Wochen. Mehr als 30 Stellungnahmen waren eingegangen - großteils mit massiver Kritik. Unter anderem die Volksanwaltschaft, Amnesty International und der österreichische Rechtsanwaltskammertag stießen sich in ihren Stellungnahmen daran, dass die Stelle im Bundesamt für Korruptionsprävention und -bekämpfung (BAK) angesiedelt werden soll und äußerten Bedenken zur Unabhängigkeit. Die Weisungsbefugnis des Innenministers bleibt erhalten, kritisierte unter anderem die Österreichische Liga für Menschenrechte.
Aktuell kommt es bei Misshandlungsvorwürfen gegen die Polizei fast nie zu einer Anklage, wie unter anderem die Anti-Rassismus-Initiative ZARA bemerkte. Teilweise werden disziplinäre Maßnahmen selbst nach strafrechtlichen Verurteilungen nicht gesetzt, da der Strafrahmen noch unter der Schwelle liegt, die ein Tätigwerden gesetzlich verlangt. Im schlimmsten Fall müssen Anzeigende sogar mit einer Gegenanzeige wegen Verleumdung rechnen, schrieb ZARA in einer Stellungnahme. Mehrfach gefordert wurde außerdem eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte.
(S E R V I C E - Puls24-Video online unter: http://go.apa.at/7lPg7s2V)
Zusammenfassung
- Ein Video zeigt, wie bei der Festnahme eines Mannes dessen Kopf von Beamten mehrfach auf den Boden geschlagen wird.
- Wie auf dem Video ersichtlich ist, wurde der Mann zu Boden gebracht, mehrere Polizisten eilten zur Verstärkung herbei.
- Mehr als 30 Stellungnahmen waren eingegangen - großteils mit massiver Kritik.
- Im schlimmsten Fall müssen Anzeigende sogar mit einer Gegenanzeige wegen Verleumdung rechnen, schrieb ZARA in einer Stellungnahme.