Einstiges Durchhaus wird Österreichs größtes Science Center
Gegen medial kolportierte Ideen zu einem Gottfried-Helnwein-Museum in den Räumlichkeiten zwischen der Wollzeile und der Bäckerstraße regte sich im Laufe des Jahres reger Widerstand in der Wissenschaftscommunity. Im Herbst fiel letztlich die Entscheidung für eine Umgestaltung der "Aula als Zentrum der Wissenschaftskommunikation neuer Prägung".
Hinter der Idee stehen die beiden Wiener Unis und die ÖAW, 17 Millionen fließen nun seitens des Ministeriums und den Trägern 2025 und 2026 in die Konzeption und bauliche Adaptierung der historischen Räumlichkeiten in zentraler Lage. Anschließend übernehmen die drei Trägerinstitutionen die Kosten für den laufenden Betrieb, wie es vor Journalisten hieß. 22 Personen soll das Team dann umfassen, das das "Austrian Science Communication Center" managt, erklärte der für die Konzeption zuständige Innovationsforscher, Informatiker und Kulturmanager Christopher Lindinger.
Auf über 4.000 Quadratmetern möchte man schließlich jährlich rund 70.000 Besucher willkommen heißen, wie Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) ausführte. Das Zentrum soll "Wissenschaftsvermittlung auf Augenhöhe" bieten, ihre Bedeutung für das tägliche Leben vor Augen führen und aktiv Impulse gegen die Wissenschaftsfeindlichkeit im Land setzen. Gerade beim Blick auch auf das Desinteresse, mit dem viele Österreicherinnen und Österreicher Wissenschaft und Forschung begegnen, seien die Mittel, die man hier aufbringe "sehr gut investiert", meinte Polaschek, der sich auch bei der Stadt Wien und der Regierungsspitze für die Unterstützung pro Science Center und kontra Helnwein-Museumpläne bedankte.
Unter die Museumsbetreiber wollen Uni Wien, TU Wien und ÖAW auf APA-Nachfrage hin aber nicht gehen: Das Zentrum werde zwar einem Museum "nicht unähnlich" sein, soll aber keineswegs die Arbeit doppeln, die in der Bundeshauptstadt etwa das Naturhistorische und Technische Museum Wien oder diverse Initiativen der hiesigen Hochschulen und Forschungsinstitute bereits machen, so Uni Wien-Rektor Sebastian Schütze. Anders als es Museen tun, werde man am Science Communication Center auch keine Sammlungen anlegen, sagte Polaschek, der die Beteiligten mit der neuen Struktur auch in eine "neue Dimension" in ihrer Wissenschaftskommunikation eintreten sieht.
Für ÖAW-Präsident Heinz Faßmann hat man hier die Chance, eine "Landmark" - also einen Meilenstein oder Leuchtturm - zu errichten. Die "Knochenarbeit" liege aber noch vor den Partnern, wie Faßmann betonte. Auch im Zusammenhang mit in den vergangenen Jahren aufwendig zum neuen "ÖAW-Campus" weiterentwickelten Gebäuden in unmittelbarer Nähe, habe man letztlich die Chance, das einst für Fußgänger, die zwischen Bäckerstraße und Wollzeile wechseln wollten, offene "Durchhaus" in ein größeres Ensemble mit Fokus auf Wissenschaft und Forschung einzubetten, so Lindinger. Dazu würden Gespräche mit der Stadt Wien laufen.
Wer die Leitung der neuen Institution übernehmen wird, sei noch offen, so der Projektleiter, der an der Salzburger Universität Mozarteum eine Professur für "Kunst und Digitalität" innehat. Fix ist eine Ausschreibung für die räumliche Gestaltung des denkmalgeschützten Gebäudes, die im Februar startet, und der Startschuss zur konkreten Ausgestaltung des Programmes, das noch vor der offiziellen Eröffnung schon kurzfristige Veranstaltungen und Baustellenbespielungen umfassen könnte. 2027 soll die Örtlichkeit, in der einst die Jesuiten in ihrem barocken Theater nicht nur mit der eindrucksvoll bemalten Decke, sondern auch mit zeitgeistigen Spezialeffekten zweifelnde Christen vom katholischen Glauben überzeugen wollten, technisch wieder alle Stücke spielen, so Lindinger.
Der Zeitplan der komplexen Renovierung ist mit dem Vermieter, der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG), abgestimmt. Bis dahin werde man sich mit Wissenschaftern vernetzen, die die Räumlichkeiten auf mehreren Etagen aktiv mitbespielen sollen. Ein Schwerpunkt soll auf wechselnden Vermittlungsformaten wie Workshops, Themenwochen, unterschiedlich bespielten Diskussionsräumen und kurzfristigeren kleineren Schauen liegen. Eine klassische Dauerausstellung wolle man eher nicht etablieren. Vielmehr sollen Exponate immer wieder einzeln oder im Verbund mit anderen durch Neue ersetzt werden. Auch mit ständiger Veränderung will man über die zentrale Zielgruppe - dies sind Jugendliche und junge Erwachsene "nördlich der zehn Jahre", wie es Lindinger ausdrückte - hinaus zeitgemäß für Wissenschaft begeistern - bei zumindest für die Kernzielgruppe freiem Eintritt.
(S E R V I C E - https://www.aula-wien.at)
Zusammenfassung
- Die Aula der Wissenschaften in Wien wird bis 2027 für 17 Millionen Euro in Österreichs größtes Science Communication Center umgebaut.
- Das Projekt wird von der Akademie der Wissenschaften, der Universität Wien und der Technischen Universität Wien getragen.
- Das Zentrum soll jährlich 70.000 Besucher anziehen und auf über 4.000 Quadratmetern Wissenschaft auf Augenhöhe vermitteln.
- Es werden keine klassischen Sammlungen etabliert, sondern wechselnde Formate wie Workshops und Themenwochen angeboten.
- Ein Team von 22 Personen wird das Zentrum leiten, wobei die Leitung noch nicht festgelegt ist.