Defekte Philips-Beatmungsgeräte: 124 Todesfälle
Wie der "Kurier" am Donnerstag berichtete, ist bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Anzeige eingelangt. Ein Wiener soll schwere Lungenschäden durch ein Heimbeatmungsgerät der Firma Respironics (eine Tochterfirma des niederländischen Gesundheitstechnologie und Haushaltsgerätehersteller Philips) erhalten haben.
Der Mann brachte mithilfe des Vereins zum Schutz von Verbraucherinteressen (VSV) eine Sachverhaltsdarstellung ein, in welcher besondere Ermittlungsmaßnahmen gegen den österreichischen Firmensitz in Wien-Meidling gefordert wird.
Beschwerden seit 2008
In der Anzeige, welche dem "Kurier" vorliegt und welche der VSV in einer Aussendung zitierte, werden auf Basis von Dokumenten der FDA (U.S. Food and Drug Administration – der Nahrungsmittel- und Arzneimittelbehörde der USA) schwere Vorwürfe erhoben.
So sollen bereits im Jahr 2008 tausende Kund:innen-Beschwerden eingelangt sein. Dennoch wurden die Geräte über ein Jahrzehnt lang weiterhin zum Kauf angeboten. Dadurch soll es zu 124 Todesfällen gekommen sein, wird in dem Dokument beschrieben.
Kolba sieht Kontrollversagen
Vereinssprecher Peter Kolba sieht hierbei ein Kontrollversagen und vergleicht die Situation mit dem Auto-Abgasskandal aus dem Jahr 2015. Das Problem bei den Beatmungsgeräten sei folgendes: Bei vier Prozent der kleinen Ventilatoren, welche Luft in Richtung der Lunge befördern, soll sich laut Angaben von Philips eine Schaumstoff-Isolation lösen. Die daraus entstehenden mikroskopisch kleinen Teile können dann in der Lunge schwere Schäden verursachen – auch toxische Reaktionen könnten so ausgelöst werden.
Kein Rückruf in Europa
Im Fall des betroffenen Wieners berichtet der "Kurier" davon, dass er sein Gerät seit 2012 im Einsatz hatte. Im Gegensatz zu den USA, wo 5,5 Millionen Geräte zurückgerufen wurden, hat es in Europa nur eine Sicherheitswarnung gegeben.
Wo liegt Philips Schuld?
Philips selbst reagierte laut "Kurier" vergangene Woche damit, dass man selbst "unsachgemäße Reinigung als Ursache" für die gesundheitlichen Probleme sieht und es "keinen Zusammenhang mit Erkrankungen" gäbe. Dennoch hat der Konzern Rücklagen in Höhe von einer halben Milliarde Euro gebildet, um womöglich Schadensersatz leisten zu können. Die Causa hat jedenfalls bereits heftige Auswirkungen auf das niederländische Unternehmen.
Philips Österreich wollte zu dem konkreten Fall laut "Kurier" nichts sagen. Man erhielt allerdings folgende Stellungnahme:
"Mehr als 1.000 Kolleg*innen arbeiten mit Hochdruck daran, die betroffenen Geräte so schnell wie möglich zu reparieren oder zu ersetzen. Die bisherigen Testergebnisse für die DreamStation-Geräte der ersten Generation (die die Mehrheit der registrierten betroffenen Geräte darstellen) sind vielversprechend: Keines der untersuchten zurückgesandten Geräte aus Europa wies sichtbare Schaumstoffdegradation auf, was darauf hindeutet, dass die Prävalenz sichtbarer Schaumstoffdegradation sehr gering ist. Außerdem haben neue und gebrauchte DreamStation-Geräte der ersten Generation die Tests auf flüchtige organische
Verbindungen und Feinstaubemissionen bestanden. Weitere Tests sind im Gange, und Philips Respironics wird weiter regelmäßig über die Ergebnisse informieren. Unabhängig von Philips Respironics gibt es mehrere epidemiologische Studien, die beispielsweise CPAP-Geräte von Philips Respironics nicht mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung bringen."
Hinweis
Der VSV sammelt über www.verbraucherschutzverein.eu/philips Betroffene dieser Produkthaftungssache.
Zusammenfassung
- Ein Beatmungsgerät sollte eigentlich gesundheitliche Probleme lindern.
- Doch im Falle von Heimbeatmungeräten der Firma Philips sollen diese nun selbst schwere Krankheiten ausgelöst haben. Ein betroffener Wiener hat Klage eingereicht.