China wies Sorgen über herabfallende Trümmer seiner Rakete zurück
Chinas Staatsmedien haben Warnungen vor herabfallenden Trümmerteilen einer für den Bau der chinesischen Raumstation benutzten Trägerrakete zurückgewiesen. Die Bruchstücke dürften "sehr wahrscheinlich in internationale Gewässer fallen, und die Leute müssen sich keine Sorgen machen", schrieb die häufig als englischsprachiges Propagandaorgan dienende Zeitung "Global Times" am Donnerstag unter Hinweis auf Raumfahrtexperten.
"Unkontrollierter" Wiedereintritt
Westliche Raumfahrtexperten hatten vor möglichen Trümmerteilen durch einen "unkontrollierten" Wiedereintritt der 20 Tonnen schweren Hauptraketenstufe in die Atmosphäre am kommenden Wochenende oder frühen Montag gewarnt. Das von China genannte "Zielgebiet" umfasst jeden Teil der Erdoberfläche zwischen dem 41. Grad nördlicher und dem 41. Grad südlicher Breite. In Europa zählen unter anderem Teile von Spanien, Italien und Griechenland dazu.
Die neue, besonders tragfähige Rakete vom Typ "Langer Marsch 5B" hatte am vergangenen Donnerstag das Kernmodul "Tianhe" (Himmlische Harmonie) ins All gebracht. Damit begann die junge Raumfahrtnation den Bau ihrer eigenen Raumstation.
Dass Reste von Raketen zur Erde zurückfielen, sei "in der Luft- und Raumfahrt üblich", schrieb die "Global Times". Das Blatt sah hinter den Warnungen "nichts anderes als westlichen Rummel um eine Bedrohung durch China" in der Raumfahrt. Der Experte Wang Ya'nan, Chefredakteur eines Luft- und Raumfahrtmagazins, wurde zitiert, dass Chinas Raumfahrtbehörden die Entwicklung herabfallender Trümmer vom Design der Rakete und der Wahl des Startplatzes bis hin zur Flugbahn und -höhe sorgfältig berücksichtigt hätten.
"Sehr kleine Teile" bleiben übrig
"Die meisten Trümmer werden beim Wiedereintritt in die Erdatmosphäre verbrennen, so dass nur ein sehr kleiner Teil übrig bleibt, der auf die Erde fällt, was potenziell in Gebieten weit weg von menschlichen Aktivitäten oder im Ozean landen wird", sagte Wang Ya'nan. Der chinesische Experte Xing Qiang sagte der chinesischen Ausgabe der "Global Times" (Huanqiu), die Leichtmetallhülle könne leicht in der Erdatmosphäre verbrennen. "Im Vergleich zu Raumstationen oder großen Satelliten ist deswegen die Möglichkeit sehr gering, dass die Raketenreste am Boden Schaden anrichten."
Hingegen hatte das europäische ESA-Büro für Raumfahrtrückstände mitgeteilt, es sei aktuell praktisch unmöglich, Vorhersagen darüber zu treffen, welche Teile den Wiedereintritt überstehen werden. Materialien mit hohen Schmelztemperaturen wie etwa Motor- oder Tankkonstruktionen stellten ein besonderes Risiko dar. Allgemein verglühten die meisten Objekte beim Wiedereintritt aber vollständig, so die Experten. Da ein Großteil der Erde mit Wasser bedeckt sei und weite Teile unbewohnt seien, sei die Gefahr für den Einzelnen deutlich geringer als bei alltäglichen Risiken wie etwa dem Autofahren.
Der Astrophysiker Jonathan McDowell vom Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics in Cambridge (US-Staat Massachusetts) warnte, dass es "im schlimmsten Fall" wie der Absturz eines kleinen Flugzeugs werden könne, der sich über Hunderte Kilometer verteile. Wie viele Bruchstücke übrig blieben, lasse sich nicht vorhersagen. "Aber genug, um Schaden anzurichten." Auch der Raumfahrtexperte Andrew Jones warnte vor Schaden für Mensch oder Eigentum.
NASA: "Sehr gefährlich"
Nach dem ersten Flug des neuen Raketentyps im Mai 2020 waren Trümmer in der westafrikanischen Elfenbeinküste niedergegangen und hatten nach lokalen Berichten Häuser beschädigt. Die US-Raumfahrtbehörde NASA hatte den Vorgang damals als "sehr gefährlich" beschrieben. Die Raketenstufe war kurz vorher noch über die USA geflogen.
McDowell kritisierte das Design der neuen chinesischen Rakete als "fahrlässig". Es entspreche nicht heutigen Standards. Andere Länder sorgten dafür, dass der Hauptteil ihrer Raketen nicht im Orbit blieben, sondern in eine Flugbahn gebracht würden, um gezielt ins Meer zu stürzen. Die "Langer Marsch 5B" sei hingegen so gebaut, dass sie etwa eine Woche später durch die Anziehungskraft an einem "willkürlichen Ort" in die Atmosphäre der Erde eintrete.
Zusammenfassung
- Die Bruchstücke dürften "sehr wahrscheinlich in internationale Gewässer fallen, und die Leute müssen sich keine Sorgen machen", schrieb die häufig als englischsprachiges Propagandaorgan dienende Zeitung "Global Times" .