Segenreich: Israels Bodenoffensive in Rafah nur Drohung?

Alle reden von einer unmittelbar bevorstehenden Bodenoffensive im südlichsten Zipfel des Gazastreifens. Nahostexperte Ben Segenreich sagt, was dafür spricht, warum doch noch eine Chance besteht, dass es nicht so weit kommt und warum er nicht glaubt, dass US-Präsident Joe Biden die Waffenlieferungen an Israel rechtzeitig einstellen wird.

Auf das Massaker vom 7. Oktober reagierte Israel erst mit Luftangriffen und dann mit einer Bodenoffensive im Gazastreifen. Die israelischen Streitkräfte setzten sich relativ schnell im Norden Gazas durch und stehen nun, nach zwei Monaten intensiver Kämpfe, kurz vor dem Abschluss der Operation in Chan Yunis, das als stärkste Festung der Hamas gilt, erklärt Journalist und Nahost-Experte Ben Segenreich in "Heiß Umfehdet".

Nun sprechen alle von einer israelischen Bodenoffensive im letzten noch verbleibenden Teil, dem südlichsten Zipfel des Gazastreifens an der ägyptischen Grenze, der Stadt Rafah.

Bodenoffensive: Unvermeidbar oder Drohgebärde?

Man höre laut Segenreich von israelischen Politikern und der Armeeführung, dass die Pläne zum Vorrücken bereits bewilligt seien. Der Einschätzung des Nahost-Experten nach könnte es sich aber genauso um eine Drohgebärde handeln. Ob es also zur Bodenoffensive kommt, hängt davon ab, ob sich die Hamas auf ein Geiselgeschäft einlassen.

Bodenoffensive dauert zu lang

Eine Bodenoffensive würde aber Wochen dauern und "mit jedem Tag sinkt die Überlebenschance" der Geiseln.

Die UNO kritisiert das Vorgehen von Israel als unverhältnismäßig. "Israel nimmt die UNO da nicht wirklich ernst", erklärt Segenreich. Die Antwort Israels auf die Vorwürfe sei, die Hamas habe diesen Krieg ausgelöst und sie führe den Krieg so, dass die Zivilbevölkerung leiden muss – "und das tut sie", so Segenreich. Die Hamas werde aber sicher nicht in absehbarer Zeit kapitulieren, das Problem setze sich so fort.

Biden gibt Israel weiter Zeit - und Waffen

Zwar sage US-Präsident Joe Biden inzwischen, Israel gehe zu weit, aber man habe das Gefühl, er sagt das auch, weil er im US-Wahlkampf dazu gezwungen sei.

"Biden gibt den Israelis offenbar trotzdem noch Zeit, um den Krieg so lange fortzusetzen, bis das israelische Kriegsziel erreicht wäre, nämlich die Ausschaltung der Hamas und damit verbunden wäre tatsächlich auch der Einmarsch oder der Vormarsch in Richtung Rafah", so Segenreich. Denn dort seien noch vier kampffähige Hamas-Bataillone. Segenreich glaubt nicht, dass Biden also die Waffenlieferung kurzfristig einstellt. 

ribbon Zusammenfassung
  • Alle reden von einer unmittelbar bevorstehenden Bodenoffensive im südlichsten Zipfel des Gazastreifens.
  • Nahostexperte Ben Segenreich sagt, was dafür spricht, warum doch noch eine Chance besteht, dass es nicht so weit kommt und warum er nicht glaubt, dass US-Präsident Joe Biden die Waffenlieferungen an Israel rechtzeitig einstellen wird.