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Anschlag in Villach

Experte fordert vom Islam "Aufarbeitung"

17. Feb. 2025 · Lesedauer 3 min

Schon kurz nach dem islamistischen Anschlag in Villach mit einem Todesopfer verurteilten islamische Organisationen die Tat. Im PULS 24 Interview erklärt Soziologe Kenan Güngör, warum das alleine nicht reiche und wieso es im Islam eine "Aufarbeitung" brauche.

Ein 23-jähriger Syrer soll am Samstagnachmittag einen islamistischen Anschlag in Villach verübt haben. Ein 14-Jähriger kam dabei ums Leben, fünf weitere Personen wurden teils schwer durch Stichwunden verletzt. Der Mann soll sich in kürzester Zeit online radikalisiert haben.

Kurz nach dem Angriff verurteilte die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) die "abscheuliche Tat". Diese stehe in "völligem Widerspruch zu den Werten unseres Glaubens", hieß es in einer Aussendung. Auch die Islamischen Föderationen verurteilten die Terrortat auf das Schärfste.

Sich zu positionieren, sei zwar gut, allerdings dürfe es nicht bei reinen "Lippenbekenntnissen" bleiben, erklärt Soziologe Kenan Güngör im PULS 24 Gespräch. Es reiche nicht zu sagen: "Das hat nichts mit dem Islam zu tun, wenn diese ganzen Extremisten sich genau auf den gleichen Koran" berufen, so Güngör. 

Denn das sei die "einfachste Form von Schuldabweisung". So könne man sich rein halten und müsse sich nicht mit kritischen Fragen beschäftigen, doch genau das sei nötig.

Aufarbeitung des Islams gefordert

Güngör bekräftigte, dass "der überwiegende Teil der Muslime" solche Terrorakte natürlich "völlig ablehnt". Es brauche aber eine Aufarbeitung der "islamischen Geschichte der Expansion".

Wie alle großen Bewegungen - etwa das Christentum - habe auch der Islam seine "Schattenseiten", so habe man "durch Kriege gegen Ungläubige den Islam erweitert". Während es aber in anderen Religionen in den vergangenen 40 bis 50 Jahren eine "zunehmend kritische Aufarbeitung dessen" gegeben habe, fehle etwas Ähnliches bei den Muslimen. 

Stattdessen habe man die Schuld eher beim Westen oder in der Kolonialgeschichte gesucht. Das habe auch Berechtigung, jedoch dürfe man dort nicht stehenbleiben.

"Alle Gesellschaften, die in der Geschichte angefangen haben, sich selbst zu hinterfragen, waren die, die auch die Entwicklung gemacht haben. Alle, die eher selbstgerecht gesagt haben, wir sind schon gut und perfekt, das sind die Stillstandsgesellschaften", betonte Güngör.

Wieder "stolz sein wollen"

Ähnliche Entwicklungen sehe man weltweit, etwa auch in den USA oder Russland, wo man wieder "stolz sein möchte auf seine Geschichte". Man könne sich zwar heutzutage nicht mehr entschuldigen für Dinge, die vor Jahren passiert sind, aber man müsse sie auch nicht "glorifizieren".

Mit einer kritischen Aufarbeitung würden "Überlegenheitsvorstellungen und Unterwerfungstheorien" abnehmen, ist sich Güngör sicher.

Video: Angst beherrscht Villach

Zusammenfassung
  • Schon kurz nach dem islamistischen Anschlag in Villach mit einem Todesopfer verurteilten islamische Organisationen die Tat.
  • Im PULS 24 Interview erklärt Soziologe Kenan Güngör, warum das alleine nicht reiche.
  • Güngör bekräftigte, dass "der überwiegende Teil der Muslime" solche Terrorakte natürlich "völlig ablehnt". Es brauche aber eine Aufarbeitung der "islamischen Geschichte der Expansion".
  • Wie alle großen Bewegungen - etwa das Christentum - habe auch der Islam seine "Schattenseiten", so habe man "durch Kriege gegen Ungläubige den Islam erweitert".
  • Mit einer kritischen Aufarbeitung aber würden "Überlegenheitsvorstellungen und Unterwerfungstheorien" abnehmen, ist sich Güngör sicher.