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12.000 Herzinfarkte/Schlaganfälle weniger durch Lp(a)-Test

30. März 2025 · Lesedauer 4 min

Der Tiroler Wissenschafter Florian Kronenberg fordert, die systematische Messung des Lipoprotein(a) - kurz Lp(a) - Spiegels in den nationalen Gesundheitsplan aufzunehmen. Dieser spielt etwa bei erhöhtem Herzinfarktrisiko sowie Schlaganfällen eine Rolle. Österreich könnte durch eine solche Maßnahme über eine halbe Milliarde Euro an Kosten im Gesundheitsbereich einsparen und rund 12.000 Herzinfarkte und Schlaganfälle vermeiden, sagte Kronenberg im APA-Interview.

Der Institutsleiter für Genetische Epidemiologie an der Medizinischen Universität Innsbruck, Kronenberg, war als Vorsitzender der International Lp(a) Taskforce bei der Organisation des Global Summit on Elevated Lp(a) in Brüssel, der am 24. und 25. März stattfand, maßgeblich beteiligt. Es sei dabei gelungen, "Key Opinion Leaders" mit EU-Parlamentariern und anderen Organisationen wie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zusammenzubringen. Den Experten sei im Zuge der Veranstaltung die ersten Kosten-Effektivitätsanalysen für eine Lp(a)-Testung aller 40- bis 69-Jährigen präsentiert worden, berichtete der Institutsleiter. Man habe die Experten davon überzeugen können, dass sich die systematische Messung sogar finanziell auszahlen würde, obwohl noch kein Medikament für die Senkung des Lp(a)-Spiegels auf dem Markt sei.

"Ich will keine Angst schüren, aber Bewusstsein für die Bedeutung der Lp(a)-Messung schaffen", betonte Kronenberg. Sein Institut an der Medizinischen Universität Innsbruck empfiehlt diese bereits seit 1995. Erst 2010 kamen erste Richtlinien, die Messungen nur für Hochrisikogruppen vorsahen. Inzwischen wurden die Empfehlungen ausgeweitet, doch viele Länder - wie auch Österreich - integrierten die Testung noch nicht in ihre Gesundheitspläne.

Die Kosten-Effektivitätsanalysen wurden von der renommierten Expertin Zanfina Ademi aus Melbourne in Zusammenarbeit mit der International Lp(a) Taskforce durchgeführt. Sie berechneten, wie viele Herzinfarkte und Schlaganfälle vermieden werden könnten, wenn alle 40- bis 69-jährigen Österreicher getestet und Menschen mit erhöhtem Lp(a)-Spiegel intensiver behandelt würden. "Auch wenn wir Lp(a) noch nicht direkt senken können, gibt es wirksame Medikamente zur LDL-Cholesterin-Reduktion, Blutdrucksenkung und präventive Lebensstilanpassungen", erklärte Kronenberg. Geringere Krankheitsfälle würden langfristig hohe Kosten sparen, etwa durch weniger Reha-Maßnahmen und weniger frühzeitige Berufsunfähigkeit.

Österreich mit guter Ausgangslage

Österreich habe im Vergleich zu anderen Ländern eine vorteilhafte Ausgangssituation, betonte der Mediziner. "Jeder, der eine einmalige Lp(a)-Messung möchte, kann sie von der Krankenkasse bezahlt bekommen." Allerdings sei das Problem, dass viele Ärzte die Testung noch nicht routinemäßig anbieten. Hier sei dringend Aufklärungsarbeit nötig, forderte der Wissenschafter.

"Ein hoher Lp(a)-Spiegel ist nämlich ein bedeutender Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen", unterstrich Kronenberg. Allerdings sei der Lp(a)-Spiegel allein nicht aussagekräftig: Ist Lp(a) erhöht, aber andere Werte wie LDL-Cholesterin unauffällig, könne das Risiko sogar unter dem Durchschnitt liegen. In Österreich sterbe etwa jede dritte Person an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung. Wer viele Risikofaktoren hat und gleichzeitig einen sehr hohen Lp(a)-Spiegel, bei dem steigt die Wahrscheinlichkeit im Lauf des Lebens einen Herzinfarkt oder Schlaganfall zu erleiden von 25 auf 68 Prozent an, so der Experte.

Noch keine Medikamente zur Lp(a)-Senkung

Lp(a) ist ein genetisch bedingtes Blutfett, das das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöht. Medikamente zur gezielten Senkung seien derzeit nicht verfügbar, dennoch sei eine Messung laut Kronenberg sinnvoll, wie die Kosten-Effektivitätsanalysen eindrücklich gezeigt hätten. Sofern man daraus die richtigen Konsequenzen für eine intensivere Behandlung der sonstigen Risikofaktoren ziehe. Die kardiovaskuläre Medizin habe in den letzten Jahren zunehmend die Bedeutung von Lp(a) erkannt, betonte er.

Mehrere Pharmaunternehmen arbeiten an Medikamenten zur Lp(a)-Reduktion, die sich in Phase-III-Studien befinden. "Es gibt bereits mehrere Studien mit zusammen bis zu 30.000 Teilnehmern, die zeigen, dass der Lp(a)-Spiegel um bis zu 95 Prozent gesenkt werden kann", sagte Kronenberg. Ob dies auch das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle reduziert, werde in rund einem Jahr hoffentlich klar sein. "Das wäre das letzte Puzzleteil", resümierte der Experte.

Zusammenfassung
  • Florian Kronenberg fordert die Aufnahme der systematischen Lp(a)-Messung in den nationalen Gesundheitsplan, um über 12.000 Herzinfarkte und Schlaganfälle in Österreich zu vermeiden und mehr als eine halbe Milliarde Euro zu sparen.
  • Obwohl Medikamente zur direkten Senkung des Lp(a)-Spiegels noch nicht verfügbar sind, zeigt die kardiovaskuläre Medizin zunehmend die Bedeutung von Lp(a) und empfiehlt die intensive Behandlung anderer Risikofaktoren.
  • Österreich hat eine gute Ausgangslage für die Lp(a)-Testung, da die Krankenkasse die Kosten übernimmt, aber es fehlt an routinemäßiger Durchführung durch Ärzte.