GECKO-Expertin Schernhammer: Für sicheren Herbst fehlen 10 bis 15 Prozent Geimpfte
"Die Impfpflicht wird sich nicht auf das gegenwärtige Geschehen auswirken, aber sehr wohl für den Herbst von Bedeutung sein. Es ist nur so, dass, wenn ich erst ab Herbst 'scharf' mache, es wieder zu spät sein wird", erklärt die Epidemiologin von der Medizinischen Universität Wien. Die Impfung inklusive Booster benötige ein halbes Jahr Vorlaufzeit, um ihre volle Wirkung - nach heutigem Wissensstand - zu entfalten.
Schernhammer reagiert damit als erstes Gecko-Mitglied auf PULS 24 auf die immer breitere Kritik von Landeshauptleuten. Dezidiert brachte Salzburgs Länder-Chef Wilfried Haslauer am Mittwoch ins Gespräch, dass er evaluieren lassen wollte, ob man die Impfpflicht überhaupt "scharf" stellen lassen soll.
Für guten Herbst fehlen 10-15 Prozent Geimpfte
Aber selbst bei Omikron sei die Impfung "das beste Tool, das wir in der Hand haben", so die Epidemiologin. Wenn im Herbst möglichweise die nächste Welle komme, "wollen wir keinen Lockdown riskieren". Die Reduktion des Infektionsgeschehens im Herbst und weniger schwere Verläufe seien weiterhin das zentrale Anliegen. Um für den Herbst gerüstet zu sein, würden bei der Impfquote noch 10 bis 15 Prozent fehlen.
Test-Pause
Sollte die Impfquote hoch genug sein, würde im Herbst dann ein Monitoring mit Abwasserüberwachung reichen. Testen müsse man dann erst wieder, wenn sich ein Anstieg der Neuinfektionen abzeichnet.
Schneller Lockerungen erst bei Abwärtstrend
Ab dem Moment, wenn ein Abwärtstrend bei der momentanen Welle sicher ist, könne man laut der Expertin schnell öffnen. Das könne dann "Schlag auf Schlag gehen" und fast alle Beschränkungen könnten aufgehoben werden. Sie würde aber damit noch "ein bisschen zuwarten". Sollte eine neue Variante oder Welle kommen, wäre das natürlich nicht der Fall.
Gecko-Chef rechnet mit neuer Welle
Auch Gecko-Vorsitzender General Rudolf Striedinger plädiert auf oe24.TV für die Beibehaltung der Impfpflicht. "Wir werden mit hoher Wahrscheinlichkeit gut über den Winter kommen, wenn 90 Prozent der Bevölkerung geschützt sind. Gegen die Omikronwelle hilft diese Impfpflicht nicht, aber im nächsten Winter. So hätte ich die Impfpflicht verstanden. Sie soll bleiben." Striedinger rechnet im Herbst mit einer neuen Welle - "mit einer relativ hohen Wahrscheinlichkeit" - und somit mit der Notwendigkeit einer vierten Impfung.
Regierung kündigt Evaluierung-Kommission an
Auch die Regierung steht hinter der Impfpflicht. Die Impfpflicht ziele darauf ab "dass wir im Herbst gut geschützt sind vor einer weiteren, nächsten Welle". Bis dahin müssen so viele wie möglich immunisiert sein, damit es keine Lockdowns und Einschränkungen mehr benötige, sagte etwa Sigi Maurer (Grüne). Sie kündigte eine Kommission an, die aus mindestens zwei Medizinern und zwei Juristen bestehen und die Impfplicht laufend evaluieren soll.
Das Kanzleramt bekräftigte das gegenüber PULS 24: "Diese Kommission wird – wie vorgesehen – in den nächsten Wochen im BKA gebildet und wird die Lage zu gegebener Zeit nach Maßgabe wissenschaftlicher Erkenntnisse rechtlich beurteilen. Sie wird aus Expert/innen von GECKO bestehen, die Juristen hinzuziehen. Diese Möglichkeit ist von Beginn an im Gesetz so vorgesehen und wird auch so umgesetzt."
Impfpflicht-Kritik "überflüssig"
Kritik an der Aussage Haslaufers kam unter andrem auch von der ehemaligen OGH-Präsidentin Irmgard Griss, die das im Newsroom LIVE als "überflüssig, weil ja das Gesetz ohnedies ein Monitoring vorsieht" bezeichnete. Die Kritik sei "verfehlt".
Zusammenfassung
- Die Epidemiologin Eva Schernhammer verteidigt im PULS 24 Interview als erstes Gecko-Mitglied die Impfpflicht: "Wenn ich erst ab Herbst ‚scharf‘ mache, wird es wieder zu spät sein."
- Die Impfung inklusive Booster benötige ein halbes Jahr Vorlaufzeit, um ihre volle Wirkung - nach heutigem Wissensstand - zu entfalten.
- Auch die Regierung steht hinter der Impfpflicht, wie sie am Donnerstag in einer Aussendung des Bundeskanzleramts bestätigte.
- Unter den Landeshauptleuten wird die Kritik aber immer lauter.