Delta-Variante: Kurz beruhigt, deutsche Ärzte warnen bereits vor Reisezielen
Die Corona-Zahlen in Österreich sind anhaltend niedrig, erstmals seit August 2020 wurden weniger als 100 Neuinfektionen verzeichnet. Von Sonntag auf Montag starb in Österreich kein einziger Patient an Covid. Doch die Delta-Variante des Corona-Virus bereitet Experten bereits Kopfzerbrechen. Eine vierte Welle im Herbst wird erwartet, auch, weil nur eine volle Durchimpfung mit beiden Impfdosen hohen Schutz vor der Mutante bietet, die Impfquote aber noch lange nicht dort ist, wo sie sich Gesundheitsexperten wünschen. Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres forderte am Montagabend im PULS 24 Newsroom "möglich rasch, möglichst schnell" Impfstoff an den Weltmärkten einzukaufen. Erst 30 Prozent der Österreicher hätten zwei Stiche bekommen.
Am Montag wurden auch im Burgenland erste Delta-Verdachtsfälle gemeldet. Die meisten - mit Abstand - wurden bisher in Wien nachgewiesen. Da in der Hauptstadt viel per PCR getestet wird, können Delta-Fälle nachgewiesen werden. Im Rest von Österreich soll die Dunkelziffer hoch sein.
Kurz trifft Drosten
Am Dienstag trifft sich Bundeskanzler Kurz bei seiner Berlin-Reise mit dem deutschen Virologen Christian Drosten. Dabei wird die ansteckende Mutation ein zentrales Thema sein. "Die Delta Variante müssen wir nun ernstnehmen und genau beobachten, aber es besteht kein Grund zur Panik. Gegen die Delta-Variante wird es entscheidend sein, dass sich möglichst viele zweimal impfen lassen. Zahlen aus Großbritannien zeigen, dass man mit zwei Impfungen von Biontech/Pfizer oder AstraZeneca sehr gut gegen die Delta-Variante geschützt ist", erklärte Kurz im Vorfeld des Gesprächs. Auch wenn derzeit die Öffnungsschritte und Rückkehr zur Normalität im Vordergrund stehe, "besteht aber immer ein kleines Restrisiko". Großbritannien musste wegen eines starken Anstiegs von Neuinfektionen mit der Delta-Variante die für Montag geplanten Öffnungen verschieben.
Fallen Masken trotz Delta-Mutation?
Deutsche Ärztekammer warnt vor Reisezielen
Nicht ganz so gelassen wie Kurz sieht die deutsche Ärztekammer die Entwicklung. Die Mediziner warnen vor Urlaubsreisen in Gebiete, in denen die hochansteckende Delta-Variante grassiert. "Auf Reisen in Regionen, die von der Delta-Variante besonders betroffen sind, sollte verzichtet werden", sagt Ärztepräsident Klaus Reinhardt den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Dienstagsausgaben).
Ganz müsse man den Urlaub aber nicht streichen. Wenn Vorsicht und Verantwortung gewahrt seien, spreche nichts gegen Reisen. Für viele Menschen sei der Urlaub nach den Belastungen der letzten Monate wichtig für das seelische Gleichgewicht. Notwendig sei aber die Einhaltung der Hygieneregeln auch im Urlaubsort.
Herdenimmunität in weite Ferne gerückt
Die befürchtete Ausbreitung der Delta-Variante des Coronavirus könnte einem Experten zufolge auch das Erreichen von Herdenimmunität weiter erschweren. "Delta ist noch ein Stück ansteckender als die derzeit vorherrschende Virusvariante Alpha. Anhand der bisherigen, noch unsicheren Daten bräuchte man wohl rund 85 Prozent immune Menschen in der Bevölkerung, um die Ungeimpften indirekt mit zu schützen", sagte Carsten Watzl der Deutschen Presse-Agentur.
"Wir kommen also in Bereiche, die schwer zu erreichen sind, solange es für Kinder unter 12 Jahren keinen zugelassenen Impfstoff und für alle unter 18 Jahren keine allgemeine Impfempfehlung gibt. Es kann sein, dass Herdenimmunität nur für einzelne Einrichtungen wie Pflegeheime erreicht werden kann, aber nicht für das Gros der Bevölkerung", sagte der Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Mangels Impfmöglichkeiten gelte auch für jüngere Schüler, dass bei ihnen zunächst keinerlei Gemeinschaftsschutz besteht.
Zusammenfassung
- Trotz niedriger Neuinfektionszahlen sind Experten unruhig. Die Delta-Variante breitet sich aus. Während Kanzler Kurz vor seinem Besuch bei Virologen Drosten in Berlin kalmiert, warnten in Deutschland Experten vor gefährlichen Reisen und dass das Erreichen von Herdenimmunität nicht so leicht möglich sein wird.