Tradition, Ticket-Chaos und Herzschmerz: Bozen im Eishockey-Rausch

Bozen – Wenn sogar der Taxifahrer sagt, dass sich "viele, viele Leute auf heute freuen", dann weiß man, dass es kein üblicher Abend in dieser Stadt wird. Am Freitag kam es in Bozen nämlich zum alles entscheidenden siebten Final-Spiel um den ICE-Titel. Bereits zwei Stunden vor Spielbeginn war der Bereich vor der Sparkasse Arena voller HCB-Fans. Beim Imbissgrill gegenüber dröhnte "Highway to Hell" von AC/DC - symbolisch für die emotionale Achterbahnfahrt, die Bozen erwarten würde.

Wichtigstes Spiel der Vereinsgeschichte

Der Sieg in Spiel 6 und der daraus resultierende 3:3-Serien-Ausgleich löste in der Südtiroler Hauptstadt eine nie dagewesene Euphorie aus. Die 6.800 zur Verfügung stehenden Tickets waren in nur drei Stunden weg. Der Ansturm war so groß, dass laut Liga-Informationen sogar bis zu 30.000 Karten verkauft werden hätten können. Das bekam auch der Ticketing-Server zu spüren, für kurze Zeit stürzte er ab.

Es war nun mal nicht nur irgendein Spiel, sondern aus der Sicht von PULS 24 Experten Anton Bernard "das wichtigste Match in der Vereinsgeschichte". Er muss es wissen, Bernard gewann mit Bozen nämlich gleich zweimal den ICE-Titel, jedoch immer auf fremden Eis. Die Geschichte des HCB geht bis ins Jahr 1933 zurück, umso gewichtiger sind die Worte des ehemaligen Kapitäns.

Eine Stadt im Eishockey-Fieber

Bozen, mit 106.000 Einwohner:innen um eine Spur größer als Klagenfurt, gilt als Unikat. In kaum einer italienischen Stadt macht Eishockey dem Fußball derartig Konkurrenz wie hier. Der FC Südtirol spielt in der Serie B, der zweithöchsten Spielklasse. HC Bozen wiederum krönte sich schon 19-mal zum italienischen Meister. 2014 und 2018 kamen noch zwei Titel in der multinationalen ICE-Liga hinzu.

Michaela kann sich noch gut an die beiden ICE-Titel erinnern. Die 34-jährige Boznerin ist schon seit fast zwei Jahrzehnten HCB-Fan: „Ich bin Eishockey-Fan, seit ich 15 Jahre alt bin. Schon unsere Eltern waren HCB-Anhänger, das wird hier so weitergegeben.“ Michaela unterstreicht, wie bedeutsam Eishockey in der Südtiroler Hauptstadt ist: "Eishockey hat in Bozen tatsächlich viel mehr Bedeutung als Fußball, was in Italien nicht üblich ist."

Fan-Kultur mit internationalem Flair

Nicht nur in der Stadt selbst, sondern auch über die Landesgrenzen hinaus hat sich der HCB mit seinen Leistungen in die Herzen der Eishockey-Fans gespielt. Bestes Beispiel sind Sandra und Matthias. Die beiden leben in Augsburg, sind aber bereits für mehrere Playoff-Spiele aus Bayern nach Italien gereist. Der Grund: Bozen-Verteidiger Scott Valentine spielte zuvor sechs Jahre für die Augsburger Panthers. Sandra und Matthias wollten es sich nicht entgehen lassen, ihren Lieblingsspieler weiterhin live vor Ort zu supporten.

Schnell wurden die Deutschen vom Bozner Eishockey-Fieber angesteckt: "In dieser Halle gibt es wirklich eine besondere Stimmung." Trotz des Salzburg-Siegs würden sie die mit dem Auto vier Stunden lange Reise nicht bereuen. "Es ist wirklich schade, aber wir kommen definitiv zurück", sagt Sandra mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Dasselbe gilt für die "Füchse" selbst. Nach dieser Saison-Leistung werden sie nämlich auch nächstes Jahr zum engen Favoritenkreis um den ICE-Titel zählen.