Rotter: "Bin noch nicht in meiner Rolle"
Es war vermutlich die Schlagzeile des Transfer-Sommers 2021 in der ICE Hockey League: Rafael Rotter kehrt den Vienna Capitals nach 13 Saisonen den Rücken und wechselt zu den Black Wings Linz.
Für seinen neuen Verein stand der 34-Jährige bisher in allen 18 Saisonspielen auf dem Eis. Doch weder mit den Teamleistungen noch mit seiner individuellen Performance, ist der Wiener bisher zufrieden, wie er im Interview mit PULS 24 sagt: "Wir sind aktuell die angenehmste Mannschaft, gegen die man spielen kann. Die meisten Zweikämpfe verlieren wir, wir haben wenig Scheibenbesitz und es gibt fast nie einen richtigen Hit oder Bodycheck von uns. Das ist einfach zu wenig."
"Es fehlt an Qualität"
Neben fehlendem Kampfgeist und Härte, mangelt es für Rotter aktuell an der Qualität im Kader. "Wir haben zwei, drei Spieler, die Tore schießen im Moment", meint der Angreifer. Topstürmer Brian Lebler war heuer an 20 der bis dato 38 Tore der Black Wings beteiligt.
Das Management dürfte Rotters Appell jedoch erhört haben. Am Donnerstag gaben die Linzer die Verpflichtung des slowakischen Center Dalibor Bortnak bekannt. Der 30-Jährige kommt vom HK Poprad.
Rotter sieht sich "nicht in seiner Rolle"
Doch auch mit seinen eigenen Leistungen geht der ehemalige Nationalspieler hart ins Gericht. "Ich bin nicht happy. Ich bin noch überhaupt nicht in meiner Rolle." Mit "seiner Rolle" meint der 34-Jährige die eines Führungsspielers, den der erfahrene Stürmer in Linz verkörpern soll.
Rotter hält in der aktuellen Saison bei acht Scorerpunkten (ein Tor, sieben Vorlagen) in 18 Spielen. Seine Plus/Minus-Statistik liegt bei -12. "Das ist katastrophal", nimmt sich Rotter kein Blatt vor den Mund.
Auffällig ist zudem, dass der Wiener, der für rüde Checks und harte Attacken bekannt ist, schon 47 Strafminuten in dieser Saison hinnehmen musste. Mit einem Bodycheck einmal ein Zeichen zu setzen, ist etwas das der Stürmer auch von seinen Teamkollegen einfordert. "Das größte Lob, dass du von einem Gegenspieler bekommen kannst ist, wenn er dir sagt, dass du unangenehm bist", so Rotter, der einmal mehr betont, dass die Black Wings in der aktuellen Saison viel zu brav agieren.
Playoffs noch in Reichweite
Trotz des verpatzten Saisonstarts ist man in Linz keineswegs gewillt die Playoff-Teilnahme abzuschreiben, eher im Gegenteil: "Jedes Spiel ist ein Endspiel für uns. Das war schon vor fünf, sechs Runden so", betont Rotter.
Aktuell liegen die Black Wings auf dem zwölften und vorletzten Platz der ICE Hockey League. Platz zehn, der zur Teilnahme an den Pre-Playoffs berechtigen würde, liegt in Reichweite. Platz sechs, der eine direkte Playoff-Qualifikation bedeuten würde, ist hingegen schon in weite Ferne gerückt.
Mit ein wenig Ironie blickt Rotter auf die aktuelle Tabellenkonstellation: "Wenn es so weiter geht, werde ich Ende Februar genug Zeit haben, um eine Weltreise zu machen." Im nächsten Atemzug betont der 34-Jährige jedoch, dass er momentan keinen Gedanken an Urlaub verschwende. Die nächsten Trainingseinheiten und Spiele stehen im Fokus. "Es liegt an uns, ob wir die Playoffs noch erreichen."
Emotionale Spiele gegen Ex-Club Capitals
Zwei der 18 Spiele, die Rotter bisher für seinen neuen Club bestritten hat, standen unter speziellen Vorzeichen. Zweimal kam es für die Black Wings und Rotter nämlich bereits zum Aufeinandertreffen mit den Vienna Capitals. Jenem Verein, dem Rotter im Sommer nach 13 Jahren den Rücken kehrte. Und das nicht ganz ohne Nebengeräusche.
Kein böses Blut aber ein Hauch von Genugtuung
"Böses Blut" existiere aber keines zwischen Rotter und der Capitals-Organisation. Das Angebot zur Vertragsverlängerung sei für Rotter zum damaligen Zeitpunkt unverständlich gewesen, der Manager (Anm.: Franz Kalla) habe allerdings nur versucht seinen Job zu machen.
Dass bei den Wienern, die jahrelang auf den "österreichischen Weg" geschwört haben, aktuell zwölf Legionäre im Kader stehen, gibt Rotter allerdings doch eine gewisse Genugtuung. "Ich bin mir sicher, dass sie das nicht so geplant hatten. Vielleicht haben sie die Situation ein wenig falsch eingeschätzt."
Mit seinen ehemaligen Kollegen versteht sich der langjährige Wien-Kapitän nach wie vor gut. Bei den beiden Saisonduellen stand "der Job im Vordergrund". Ein bisschen Spaß gehört jedoch auch auf dem Eis dazu, fügt Rotter an, der von "super Battles" spricht. In beiden Spielen behielten die Vienna Capitals – jeweils nach Penaltyschießen - die Oberhand (5:4, 3:2).
Lob für Linzer Fans
Abgesehen von den sportlichen Leistungen habe sich der Wiener in seiner neuen Heimat gut eingelebt. Auch von den Fans sei er "super aufgenommen" worden. Zudem hebt Rotter die Geduld des Linzer Publikums hervor: "Wenn man in Wien so viele Spiele in Folge verliert, geht es anders zu. Linz kann sich glücklich schätzen so treue Fans zu haben."
Wie lange die Oberösterreicher noch auf die Unterstützung ihrer Anhänger zählen dürfen, ist mehr als unklar. Am Montag tritt im ganzen Bundesland ein weiterer Corona-Lockdown in Kraft. Das Heimspiel gegen den KAC am Freitag (19:15 Uhr, live auf PULS 24), wird vorerst also wohl das letzte Spiel vor Publikum sein. "Wir müssen schauen, wie sich das entwickelt", so Rotter.
"Hoffe, dass die NHL mich draftet"
Damit liefert der 34-Jährige ein gutes Stichwort für seine persönliche Zukunft. Aktuell konzentriert sich Rotter allerdings voll auf seine Aufgabe in Linz. "Ich mache mir da keine Gedanken. Ich habe Vertrag in Linz. Wir haben coole Charaktere in der Mannschaft und ich will einfach, dass es wieder klappt."
Bis auf ein dreijähriges Abenteuer in der kanadischen Ontario Hockey League, verbrachte Rotter seine gesamte Karriere in Österreich. Ob der Stürmer im hohen Eishockey-Alter noch einmal den Sprung ins Ausland wagen möchte, kommentierte er mit einem Augenzwinkern: "Ich hoffe ja immer noch, dass die NHL mich bald draftet."
PULS 24 überträgt das Spiel Steinbach Black Wings Linz - EC-KAC am Freitag, ab 19:15 Uhr live auf PULS 24 und im Livestream.
Zusammenfassung
- Im Sommer wechselte Rafael Rotter nach 13 Jahren in Wien zu den Black Wings Linz.
- Nach 18 Saisonspielen blickt der Routinier zurück auf den verpatzten Saisonstart und die emotionalen Duelle mit seinem Ex-Klub.
- Außerdem verrät er, was er an Linz schätzt und warum die Playoffs noch in Reichweite liegen.