Schlüssel zum Sieg: Wie Österreich die Türkei "zermürbt"
Portugals João Palhinha wurde zuletzt gefragt, welche Teams ihn bisher am meisten überzeugt haben. Seine Antwort: Spanien, Deutschland ... und Österreich! Am Dienstag (21 Uhr/Servus TV & Servus-TV-Livestream auf JOYN) geht es für das ÖFB-Team im EM-Achtelfinale gegen die Türkei.
6:1-Gala des ÖFB-Teams im März
Zunächst ist es wichtig, sich nicht zu sehr vom 6:1-Sieg im Freundschaftsspiel blenden zu lassen. Auch die Deutschen sahen im Testspiel gegen Österreich alt aus, jetzt begeistert das DFB-Team bei der EURO wieder mit super Fußball. Der Türkei-Test im März zeigte aber doch, wie es gehen könnte.
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Die Türkei hat traditionellerweise immer wieder Zangler im Team, die einfach gerne den Ball am Fuß haben. Diese türkische Mannschaft greift nicht gerne zum hohen Ball, wenn es nicht sein muss - auch Teamchef Vincenzo Montella bevorzugt einen gepflegten Spielaufbau und sauberes Positionsspiel.
Aufmerksame Leser:innen wissen, was jetzt kommt: Ein Team, das gerne Fußball spielt, wird mit dem österreichischen Pressing besonders viele Probleme bekommen. Es spricht nichts dagegen, dass ÖFB-Trainer Ralf Rangnick das bisher so perfekt einstudierte 4-2-2-2 wieder aufziehen wird.
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Türkei ohne Kapitän Çalhanoğlu
Die Türken werden gegen das ÖFB-Pressing definitiv Probleme haben - vor allem da Taktgeber Hakan Çalhanoğlu gesperrt fehlt. Der Inter-Mailand-Legionär spielt - wie fast immer bei tendenziell "kleineren" Nationalmannschaften - eine Reihe weiter vorne als im Verein.
Çalhanoğlu lässt sich aber auch fallen, wenn seine Mannschaft ihn im Spielaufbau braucht. Mit ihm geht Pressing-Resistenz verloren - spricht die Fähigkeit, sich unter Druck freizuspielen.
Wenn die Österreicher eine normale Leistung im Pressing abrufen können, werden die Türken definitiv ins Schwitzen kommen. Probleme hatte das ÖFB-Team bei dieser EM nur, wenn es über längere Phasen tiefer verteidigen musste. Hier fehlte es stets an der Abstimmung und dem richtigen Timing im Attackieren des Gegner.
Selber haben die Türken gegen Tschechien gezeigt, dass sie auch sehr hoch pressen können. Dabei sind sie allerdings nicht so strukturiert und durchchoreografiert wie die Österreicher. Nichtsdestotrotz kann die Türkei ihren Gegner stark in Bedrängnis bringen.
Mögliche ÖFB-Aufstellung
Bei den Österreichern wird Philipp Lienhart in der Innenverteidigung gesetzt sein, neben ihm dürfte Maximilian Wöber den Vorzug gegenüber Kevin Danso erhalten. Letzterer hat seine Stärken vor allem in der Defensivarbeit, mit dem Ball dürfte Wöber jedoch eine Nasenlänge voraus sein.
Ob Rangnick links hinten wieder auf Alexander Prass vertraut, ist fraglich. Sein Gegenspieler Arda Güler ist derzeit in aller Munde. Der Teamkollege von David Alaba dürfte für Österreichs "Non-playing Captain" kein Geheimnis sein. Der Teamchef wird sicher auf die Expertise des vierfachen Champions-League-Sieger zurückgreifen.
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Auf der Doppel-Sechser-Position wird Rangnick wahrscheinlich nichts ändern. Dabei hoffe ich, dass sich Florian Grillitsch und Nicolas Seiwald bei Angriffspressing-Phasen der Türken keine Schnitzer leisten. Patrick Wimmer ist gesperrt, somit dürften Marcel Sabitzer und Konrad Laimer auf der Doppel-Zehn gesetz sein.
Ganz vorne im Sturm ist die große Frage, ob der zuletzt zum Reservisten degradierte Michael Gregoritsch anstatt Marko Arnautović eine Chance bekommen wird. Im März gegen die Türkei hatte Gregoritsch noch einen Hattrick erzielt. Wie auch immer die ÖFB-Aufstellung sein wird - um die Türkei zu besiegen, werden vier Schlüssel zum Erfolg besonders wichtig sein.
1. Pressing-Intensität
Österreich muss die Intensität beim Pressing hochhalten und die Türken unter Druck setzen, wann immer diesen den Ball haben. Durch eine präzise Koordination könnten auch in gefährlichen Zonen Ballgewinne erzwungen werden. Ohne Çalhanoğlu fehlt der Türkei ein wichtiger Akteur, ohne ihn könnte die türkische Pressing-Resistenz schwächeln.
2. Defensive Stabilität bei hohem Pressing
Das ÖFB-Team hat im hohen Pressing herausragend agiert und die Niederlande kaum zur Entfaltung kommen lassen. Dieses Muster muss beibehalten werden, um die Türken zu zermürben. Wichtig wird auch sein: In Phasen, in denen Österreich tiefer verteidigt, diszipliniert bleiben und keine unnötigen Lücken aufreißen.
3. Effektiver Ballbesitz
Sobald der Ball erobert wird, muss Österreich effektiv und zielgerichtet nach vorne spielen. Das ÖFB-Team hat bisher bei dieser Europameisterschaft aus sehr wenigen Chancen viele Tore erzielt. Das wird auch im Achtelfinale entscheidend sein.
4. Anpassungsfähigkeit und Konzentration
Österreich muss über die gesamte Spielzeit hinweg konzentriert bleiben und flexibel auf die Dynamik des Spiels reagieren können. Rangnick und seine Spieler müssen bereit sein, als Reaktion auf gewisse Entwicklungen taktische Anpassungen vorzunehmen.
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Zur Person: Samuel Akhondi (30) kommt ursprünglich aus Wien und begann seine Karriere als Taktik-Analyst bei den Fußball-Fachmedien "90 Minuten" und "Spielverlagerung". Er ist Besitzer der UEFA-B-Lizenz und co-trainierte den FCM Traiskirchen zusammen mit Chefcoach Oliver Lederer. Während der WM 2018 arbeitete er gemeinsam mit Maximilian Senft als Taktik-Analyst für den ORF. Derzeit ist Akhondi Experte und Co-Kommentator bei Laola1, wo er die "LigaZwa" kommentiert. Zusätzlich arbeitete er als externer Spielanalyst für die Admira und den LASK, war Gast bei "Sport & Talk aus dem Hangar-7" und hat als Vortragender bei der Trainerausbildung des ÖFB agiert. Von Beruf ist er eigentlich Zahnarzt und arbeitet derzeit als Research Fellow an der Harvard School of Dental Medicine in Boston.
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Zusammenfassung
- Österreichs Fußballer haben am Dienstagabend die historische Chance auf den Einzug ins EM-Viertelfinale gegen die Türkei.
- Der renommierte Taktik-Experte Samuel Akhondi analysiert exklusiv für PULS 24, wie das ÖFB-Team die Türkei besiegen kann.
- Österreich besiegte die Türkei im März in einem Freundschaftsspiel mit 6:1, sollte sich davon aber nicht blenden lassen.
- Ralf Rangnick könnte das bisher erfolgreiche 4-2-2-2-System erneut einsetzen, wobei Philipp Lienhart und Maximilian Wöber in der Innenverteidigung spielen könnten.
- Vier Schlüssel zum Erfolg für Österreich sind eine hohe Pressing-Intensität, defensive Stabilität, effektiver Ballbesitz und Anpassungsfähigkeit.